Kartellamt geht gegen Versicherer vor

Das Bundeskartellamt plant, gegen führende Industrieversicherer und ihre Manager Bußgelder in Millionenhöhe wegen illegaler Absprachen zu verhängen. In den letzten Tagen gingen den größten Versicherungsgruppen sowie zahlreichen Managern die Entwürfe der Bußgeldentscheide zu.

Ein Allianz-Sprecher bestätigte, dass entsprechende Dokumente eingegangen seien. Sie enthalten noch keine Summen. Bis Ende des Monats können sich die Betroffenen äußern, danach verhängt das Kartellamt die Bußgelder.

In der Branche werden die endgültigen Entscheide für Januar 2005 erwartet. Assekuranzkreise sprechen von einer möglichen Gesamtsumme zwischen 50 Millionen Euro und 100 Millionen Euro. Einzelne Manager müssen mit Bußgeldern bis zu einem Jahresgehalt rechnen, die für die meisten aber ihre Unternehmen zahlen.

Industrieversicherer decken Großunternehmen gegen Feuer- und Sturmschäden, Haftungsansprüche und andere Risiken ab. Die Sparte hatte den Versicherern jahrelang hohe Verluste beschert, erst seit 2002 geht es wieder aufwärts. Das Kartellamt glaubt, dass dies auf Grund illegaler Absprachen geschah.

Post vom Amt erhielten unter anderem Marktführer Allianz, Talanx/HDI, Gerling, Axa, Aachen-Münchener, Gothaer und Victoria, eine Tochter der Münchener Rück. Bei anderen Gesellschaften werden die Dokumente - die jeweils mehr als 100 Seiten umfassen - noch erwartet.

Insgesamt ermittelt das Kartellamt gegen 18 Gesellschaften. Mehr als 30 Manager dürften persönlich betroffen sein. Die Ermittlungen beruhen auf Material, das Ermittler bei Hausdurchsuchungen am 24. Juli 2002 in 13 Büros von neun Gesellschaften fanden.

Den Managern und Unternehmen wird vorgeworfen, durch Absprachen ein "gleichförmiges Verhalten" im Markt bezweckt zu haben. Die Absprachen sollen mit einer Sitzung des Fachausschusses Industrielle Sachversicherung (FIS) des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft am 1. Juli 1999 begonnen haben. Bei den Durchsuchungen fanden die Beamten zahlreiche Aktennotizen von FIS-Teilnehmern. Außerdem wurde Korrespondenz zwischen Versicherern sichergestellt, in der etwa die Aachener und Münchener Versicherung der Provinzial Düsseldorf zusicherte, sie in einem bestimmten Segment nicht anzugreifen.

Die Assekuranz betont, dass die Industrieversicherung mit ihren hohen Risiken nur durch Kooperation der Gesellschaften in Form von Konsortien möglich ist. "Die Position des Kartellamts könnte bald die deutsche Industrie lahm legen, weil sie keinen Versicherungsschutz mehr findet", sagte ein Vorstandsmitglied.

Ansonsten haben sich vor allem die Marktführer aber nur mäßig gegen die Vorwürfe gewehrt. Sie setzen offenbar auf einen Deal mit dem Kartellamt bei der Festsetzung der Bußgelder. Das Amt kann zwar Bußgelder bis zum Dreifachen der durch die Preisabsprache erzielten Mehreinnahmen festsetzen. Die sind im Fall der Industrieversicherer aber nur sehr schwer zu beziffern. Außerdem dürfte das Amt vorsichtig sein - erst im Mai musste es eine empfindliche Niederlage hinnehmen, als das Oberlandesgericht Düsseldorf eine Geldbuße gegen sechs Betonunternehmen von 33 Millionen auf eine Million Euro reduzierte.

Die meisten Versicherer wollen nicht gegen die Bußgelder klagen. Sie fürchten, dass ein langer Streit sie in ihrer Geschäftstätigkeit lähmt, da sie für zahlreiche Transaktionen die Zustimmung der Behörde benötigen.

Quelle: FTD

Autor(en): SN

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