„Es wird wohl im nächsten Jahr keinen Höchstrechnungszins mehr geben“, sagte Erich Paetz vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) Ende Oktober auf einer öffentlichen Veranstaltung in Dortmund.
Nun hat die Regierung Nägel mit Köpfen gemacht und die vollkommene Abschaffung des Höchstrechnungszinses in den Entwurf des Erlasses der Verordnungen nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz geschrieben. Die Regierung meint, dass aufgrund des neuen Aufsichtsrecht Solvecy II eine solche Vorschrift entbehrlich sei, weil die Unternehmen nun nach ihrer Risikotragfähigkeit kontrolliert werden.
Neben der Risikobewertung auch Instrument der Risikovermeidung wichtig
Doch die Branche hat anscheinend kein Vertrauen zur Tragfähigkeit des neuen Aufsichtsrechts. So schreibt die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV) in einem Statement zur Verordnung: „Die neuen Eigenkapitalvorschriften von Solvabilität II können eine vorsichtige Bewertung der Verpflichtungen aus den Versicherungsverträgen auch in den Handelsbilanzen nicht ersetzen, das heißt Solvabilität II alleine würde eine Situation wie die heutige nicht verhindern können. Daher muss für die klassische Lebensversicherung neben die Risikobewertung auch ein Instrument der Risikovermeidung in Form von Höchstrechnungszinsen treten.“
Gleichzeitig fürchten die Versicherungsmathematiker, dass die Vorschriften der vorsichtigen Kalkulation und ausreichenden Reservebildung ohne einen Höchstrechnungszins von Versicherern „unterlaufen“ werden könnten.
Bei steigenden Zinsen warnt die DAV zudem vor einem erneuten ruinösen Wettbewerb. Demgegenüber hat der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) vor allem Angst, dass mit der vollkommenen Abschaffung des Höchstrechnungszinses die Bevölkerung das Vertrauen in die private Altersvorsorge verliert. Auf rund vier Seiten der Stellungnahme von Axel Wehling, der Mitglied der GDV-Hauptgeschäftsführung ist, findet sich gleich fünfmal das Wort „Vertrauen“. So werde in der Öffentlichkeit von Medien der Höchstrechnungszins fälschlicherweise als „Garantiezins“ bezeichnet. Damit würde der Eindruck erweckt, dass bei einer staatlich verordneten Abschaffung die „private Altersvorsorge keinen Sinn mehr machen würde“.
Zins der Stufe 2 noch geheim
Faktisch möchte die Branche den Höchstrechnungszins somit aus werbewirksamen Gründen behalten. Denn sowohl DAV als auch GDV verweisen darauf, dass der Höchstrechnungszins bei „modernen Produkten“ ganz wegfallen kann. Allein für „klassische Lebensversicherungsprodukte“ soll der Höchstrechnungszins erhalten bleiben – aber in modifizierter Form. So schlägt die DAV vor: „Für den Zeitraum der ersten 15 Jahre der Vertragslaufzeit (Stufe 1) und für den Zeitraum ab dem Jahr 16 (Stufe 2) werden verschiedene Höchstwerte festgelegt. Beide Werte werden bereits zum Abschluss des Vertrags endgültig festgelegt.“ Der Wert für Stufe 2 soll mit noch mehr Vorsicht, also mit höheren Sicherheitsabschlägen, als der Wert in Stufe 1, festgelegt werden.
Gefahr: Rechtliche Erhaltung des Höchstrechnungszinses gestört
Für 2016 empfiehlt die DAV für die Stufe 1 den aktuellen Wert von 1,25 Prozent. Für Stufe 2 bleiben die Experten aber einen Wert schuldig, obwohl nach dem eigenen Konzept beide Werte ja im Voraus zu bestimmen sind. Möglicherweise fürchtet die DAV, dass ein deutlich niedriger Wert in der aktuellen Diskussion die rechtliche Erhaltung des Höchstrechnungszinses stören könnte. Ob die Argumente der Branche bei der Regierung ankommen, wird sich wohl erst mit dem Erlass des Gesetzes zeigen.
Bildquelle: © Frank Wagner / fotolia
Nun hat die Regierung Nägel mit Köpfen gemacht und die vollkommene Abschaffung des Höchstrechnungszinses in den Entwurf des Erlasses der Verordnungen nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz geschrieben. Die Regierung meint, dass aufgrund des neuen Aufsichtsrecht Solvecy II eine solche Vorschrift entbehrlich sei, weil die Unternehmen nun nach ihrer Risikotragfähigkeit kontrolliert werden.
Neben der Risikobewertung auch Instrument der Risikovermeidung wichtig
Doch die Branche hat anscheinend kein Vertrauen zur Tragfähigkeit des neuen Aufsichtsrechts. So schreibt die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV) in einem Statement zur Verordnung: „Die neuen Eigenkapitalvorschriften von Solvabilität II können eine vorsichtige Bewertung der Verpflichtungen aus den Versicherungsverträgen auch in den Handelsbilanzen nicht ersetzen, das heißt Solvabilität II alleine würde eine Situation wie die heutige nicht verhindern können. Daher muss für die klassische Lebensversicherung neben die Risikobewertung auch ein Instrument der Risikovermeidung in Form von Höchstrechnungszinsen treten.“
Gleichzeitig fürchten die Versicherungsmathematiker, dass die Vorschriften der vorsichtigen Kalkulation und ausreichenden Reservebildung ohne einen Höchstrechnungszins von Versicherern „unterlaufen“ werden könnten.
Bei steigenden Zinsen warnt die DAV zudem vor einem erneuten ruinösen Wettbewerb. Demgegenüber hat der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) vor allem Angst, dass mit der vollkommenen Abschaffung des Höchstrechnungszinses die Bevölkerung das Vertrauen in die private Altersvorsorge verliert. Auf rund vier Seiten der Stellungnahme von Axel Wehling, der Mitglied der GDV-Hauptgeschäftsführung ist, findet sich gleich fünfmal das Wort „Vertrauen“. So werde in der Öffentlichkeit von Medien der Höchstrechnungszins fälschlicherweise als „Garantiezins“ bezeichnet. Damit würde der Eindruck erweckt, dass bei einer staatlich verordneten Abschaffung die „private Altersvorsorge keinen Sinn mehr machen würde“.
Zins der Stufe 2 noch geheim
Faktisch möchte die Branche den Höchstrechnungszins somit aus werbewirksamen Gründen behalten. Denn sowohl DAV als auch GDV verweisen darauf, dass der Höchstrechnungszins bei „modernen Produkten“ ganz wegfallen kann. Allein für „klassische Lebensversicherungsprodukte“ soll der Höchstrechnungszins erhalten bleiben – aber in modifizierter Form. So schlägt die DAV vor: „Für den Zeitraum der ersten 15 Jahre der Vertragslaufzeit (Stufe 1) und für den Zeitraum ab dem Jahr 16 (Stufe 2) werden verschiedene Höchstwerte festgelegt. Beide Werte werden bereits zum Abschluss des Vertrags endgültig festgelegt.“ Der Wert für Stufe 2 soll mit noch mehr Vorsicht, also mit höheren Sicherheitsabschlägen, als der Wert in Stufe 1, festgelegt werden.
Gefahr: Rechtliche Erhaltung des Höchstrechnungszinses gestört
Für 2016 empfiehlt die DAV für die Stufe 1 den aktuellen Wert von 1,25 Prozent. Für Stufe 2 bleiben die Experten aber einen Wert schuldig, obwohl nach dem eigenen Konzept beide Werte ja im Voraus zu bestimmen sind. Möglicherweise fürchtet die DAV, dass ein deutlich niedriger Wert in der aktuellen Diskussion die rechtliche Erhaltung des Höchstrechnungszinses stören könnte. Ob die Argumente der Branche bei der Regierung ankommen, wird sich wohl erst mit dem Erlass des Gesetzes zeigen.
Bildquelle: © Frank Wagner / fotolia
Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek