In der Zwickmühle

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Wie gehen Versicherer mit den Transparenzanforderungen an Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB) um? Wer ist der "durchschnittliche Versicherungsnehmer", der die AVB verstehen können muss? Mit diesen und anderen Fragen befasste sich das 14. Fachgespräch des Versicherungswissenschaftlichen Netzwerks Berlin am 22. Februar in der Bundeshauptstadt.

"AVB und Verständlichkeit – das ist für Vvele ein Widerspruch in sich", fasste Dr. Peter Präve vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) das Problem ironisch zusammen. Am Beispiel der Mustervertragsbedingung des GDV zum Kriegsrisiko machte er deutlich, dass selbst hier zweideutige Formulierungen enthalten sind. Einige deutsche Lebensversicherer waren im Rahmen des Afghanistaneinsatzes deutscher Soldaten in die Kritik geraten, weil sie das Kriegsrisiko ausgeschlossen hatten. In den GDV-Musterbedingungen heißt es sinngemäß, dass nur dann eine Lebensversicherung ohne Einschränkungen ausgezahlt werde, wenn es keine aktive Beteiligung an kriegerischen Einsätzen gegeben hätte. "Darunter fallen alle humanitären und friedenserhaltenden Einsätze mit internationalem Mandat", macht Präve deutlich. Allerdings sei das vielen Soldaten aufgrund der Formulierung nicht klar. Besser wäre ein Satz, der eindeutig festlegt, dass für den Einsatz in Afghanistan Versicherungsschutz bestehe.

Rechtlich einwandfrei und verständlich - geht das denn?
Für Einfachheit plädierte auch Frank Senge, Leiter der Skandia-Rechtsabteilung. Adressaten der AVB seien neben dem "durchschnittlichen Versicherungsnehmer", der ohne Spezialkenntnis die Klauseln verstehen müsse, immer auch die Richter, die sich mit Kundenklagen auseinanderzusetzen hätten. Vor allem bei aktuariellen Fragen oder biometrischen Risiken sei es fast unmöglich, zugleich rechtlich einwandfrei und leicht verständlich zu formulieren. Während die AVB vieler Unternehmen etwa beim Stornoabzug eine hochkomplizierte und völlig intransparente Rechnung aufmachten, habe sich die Skandia entschlossen, einen einheitlichen Euro-Betrag anzusetzen und dies auch so zu formulieren. Damit sei die Sache verständlich und klar beziffert, also zwei Forderungen erfüllt.

"Aber ist sie in jedem Fall auch angemessen?", machte er die Zwickmühle deutlich, in der sich Autoren von AVB befinden. Als eine mögliche Lösung sprach er sich für einfachere Produkte aus, sodass das Problem umständlicher, mit Fachtermini gespickter Klauseln gar nicht erst entstehe. "Größtmögliche Transparenz der AVB ist für uns nicht nur ein Wettbewerbsvorteil, sondern auch ein wirtschaftliches Gebot", machte er deutlich. Denn: Kein Unternehmen könne es sich leisten, aufgrund intransparenter und damit möglicherweise unwirksamer Klauseln in die Haftung genommen zu werden.

Autor(en): Elke Pohl, Versicherungsmagazin.de

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