„Ich empfinde den Druck zu mehr Nachhaltigkeit als positiv“

740px 535px

Julia Wiens, Finanz- und seit Sommer 2021 Leben-Vorständin der Basler Versicherungen, über die Trends in der Sparte und den Fahrplan zu mehr Nachhaltigkeit.

Welche Trends sehen Sie für das Leben-Geschäft?
Nachhaltigkeit ist und bleibt ein wichtiger Trend. Er wird an Relevanz zunehmen, weil sich die Kunden stärker dafür interessieren. Bei den fondsgebundenen Produkten wird die Reise hin zu Exchange Traded Funds gehen. Deshalb werden wir unsere Fondspalette ausweiten. Außerdem werden wir klar vermitteln, welche Fonds grün sind und welche nicht.

Bemerken Sie bei den fondsgebundenen Produkten einen Trend zu bestimmten Assetklassen oder speziellen Investmentthemen?
Für Kunden dürfte es interessant sein, ihr Geld nicht nur in Fonds anzulegen, sondern am ganzen Asset-Management-Know-how des Versicherers teilzuhaben und damit an allen Assetklassen zu partizipieren, in denen die Gesellschaft investiert ist, zum Beispiel in Infrastrukturprojekte und Private Equity. Ich könnte mir vorstellen, dass die Kundennachfrage nach solchen Lösungen perspektivisch größer werden wird.

Wollen Sie dieser Nachfrage mit einem Angebot begegnen?
Im Moment beobachten wir die Entwicklungen genau und prüfen, was wir tun können. Das Thema ist komplexer, als einfach nur Fonds anzubieten. Deshalb überarbeiten wir zunächst unsere Fondspalette. Wir schätzen uns glücklich, im eigenen Haus breites Know-how zu allen Assetklassen zu haben und als Teil der Baloise Gruppe auf die Kompetenz der Baloise Asset Management zugreifen zu können.

Es gibt verschiedene Wege, Nachhaltigkeit in Versicherungsprodukte zu integrieren. Wie machen Sie das?
Grundsätzlich erfüllen alle Fonds, für die wir uns entschieden haben, unsere Responsible Investment Policy. Wir bieten derzeit 56 Fonds an, die ausdrücklich Umweltschutz, soziale Verantwortung oder nachhaltige Unternehmensführung als Anlageziele haben. Das entspricht einem Viertel unserer Fonds. 48 der nachhaltigen Fonds sind Artikel-8-, acht sind Artikel-9-Fonds.

Werden Sie künftig stärker auf die dunkelgrünen Produkte, also Artikel-9-Fonds, setzen?
Ich halte es für zu optimistisch zu sagen, dass wir kurzfristig komplett darauf umstellen können. Aber mit zunehmender Konkretisierung, was für Artikel-9-Fonds gefragt ist und wie sich darin strittige Themen abgrenzen lassen, sehen wir klarer. Dann wird unser Weg zu Artikel-9-Fonds gehen.

Das Fondsangebot nachhaltig umzubauen, ist eine Sache. Um jedoch das Sicherungsvermögen nachhaltiger zu machen, braucht es viel mehr Zeit. Wie sieht der Fahrplan Ihres Hauses aus?
Wir entwickeln uns Stück für Stück weiter und sind auf einem guten Weg. Wir investieren bereits größten Teil unserer Kapitalanlagen gemäß unserer Responsible Investment Policy und haben den Anspruch, den Anteil der von der Responsible Investment Policy erfassten Assets laufend auszuweiten. Allerdings haben wir keine Prozentsätze pro Anlageklasse definiert. Denn im Sicherungsvermögen gibt es Anlageklassen, in denen sich Nachhaltigkeit leichter abbilden lässt als in anderen.

Seit drei Jahren setzen wir zum Beispiel bei unseren Fondsanlagen Ausschlusskriterien an. Wir investieren etwa nicht in Kohle oder in Waffen. Hingegen dauert es beispielsweise bei Bestandsimmobilien länger, umzuswitchen. Wir müssen für jede Immobilie individuell entscheiden, ob wir sie sanieren oder veräußern und eine neue kaufen.

Immer mehr Großinvestoren müssen und wollen ihr Kapital nachhaltig anlegen. Bemerken Sie bereits einen Anlagedruck?
Nein, momentan nicht. Das mag daran liegen, dass sich der Markt insgesamt in diese Richtung bewegt. Ich empfinde den Druck zu mehr Nachhaltigkeit als positiv. Bei Immobilien beispielsweise hat sich durch politische Vorgaben für den Bau schon vieles zum Besseren gewendet. Das hilft uns als Gesellschaft.

Das Interview führte Steffi Hüthig Mitte Dezember 2021.

Hintergrundinformationen

Julia Wiens ist Vorständin der Basler Versicherungen. Seit Sommer 2021 verantwortet sie das Ressort Leben und bereits seit 2017 den Bereich Finanzen/Kapitalanlagen. Die studierte Mathematikerin und Aktuarin begann ihre Laufbahn bei der Securitas Gilde Lebensversicherung. Es folgte eine Station beim Deutschen Ring, bis sie 2009 zur Basler wechselte, zunächst in die Sachversicherung und Risikosteuerung und ab 2017 in den Vorstand.

Unser Lesetipp für Sie

In der Februar-Ausgabe von Versicherungsmagazin finden Sie ein ausführliches Interview mit Julia Wiens. Sie möchten mehr über die Entwicklungen bei der Basler erfahren oder sind auch an anderen Branchenthemen interessiert? Dann bestellen Sie doch gleich ein Probe-Abo!

Autor(en): Steffi Hüthig

Alle Branche News