Kurz nach der "Wahlarena" mit der Kanzlerin verspricht Martin Schulz in der 2. Wahlarena eine umfassende Pflegereform. O-Ton des SPD-Mannes aus Würselen: "Von Debatte zu Debatte wird die Diskussion um die Pflege immer intensiver. Das freut mich, denn seit sechs Monaten rede ich davon, dass sich Pflege wieder mehr lohnen muss. Ich werde als Kanzler einen Neustart in der Pflege beginnen: eine um 30 Prozent bessere Bezahlung, mehr Pflegeplätze und vor allem mehr Personal."
Und nun hat auch noch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Pflege-Thema für sich entdeckt und richtete schnurstracks eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung. Ein Aspekt auch in dieser die Situation der Pflegekräfte. Die Oppositionspartei fragt dort: Wie haben sich die Pflegeschlüssel in den stationären Einrichtungen von 2016 zu 2017 mit dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff verändert? Und wie haben sich die Personalzahlen der in der Altenpflege Beschäftigten von 2016 zu 2017 verändert?
Die Antwort der Bundesregierung lautet folgendermaßen:
„Bislang gibt es in den Rahmenverträgen zur pflegerischen Versorgung nach § 75 SGB XI in den Ländern keine vereinbarten Verfahren, um den Personalbedarf in den Pflegeeinrichtungen qualitativ und quantitativ bestimmen zu können.
Mit der Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs zum 1. Januar 2017 mussten die Träger der nach dem SGB XI zugelassenen stationären Pflegeeinrichtungen, die Sozialhilfeträger und die Pflegekassen die jeweiligen Pflegesatzvereinbarungen auf die fünf Pflegegrade hin neu ausrichten. Dabei mussten sie auch die damit verbundene Personalstruktur und die Personalschlüssel in den Einrichtungen prüfen. Nach Informationen des GKV-Spitzenverbandes wurden in den Ländern im Rahmen der Umsetzung dieser Aufgabe oftmals bessere Personalschlüssel vereinbart.
Was bislang in sieben Bundesländern geschah
Bis Ende April 2017 konnten in sieben Ländern (Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein) landesweite Personalrichtwerte beziehungsweise -korridore vereinbart werden. Teilweise wurden diese im Rahmen von Ergänzungsvereinbarungen zum Rahmenvertrag definiert (Berlin, Brandenburg). Bevor die Ergänzungsvereinbarungen in den Rahmenvertrag überführt werden, sind teilweise Evaluationen vorgesehen (zum Beispiel Nordrhein-Westfalen). In Baden-Württemberg sind die Personalvorgaben bereits unmittelbar im Rahmenvertrag verankert.
In neun weiteren Ländern (Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen) wurden die Personalschlüssel zunächst individuell übergeleitet. Auch hierbei konnten verschiedentlich Verbesserungen in der Personalausstattung erzielt werden. Durch die Rahmenvertragspartner in den Ländern ist vorgesehen, aus diesen individuellen Vereinbarungen in einem weiteren Schritt wieder landesweite Vorgaben zu entwickeln. Dies erfolgt teilweise in Verbindung mit ergänzenden Datenerhebungen (zum Beispiel Rheinland-Pfalz, Saarland)."
Leider bleibt die Bundesregierung hier sehr unkonkret und erläutert nicht, wie die "verschiedenen Verbesserungen" genau aussehen.
Noch keine klaren Ausagen zur Personalstärke möglich
Weiterhin lautet die Antwort auf die Kleine Anfrage von Bündnis 90 /Die Grünen: "Auf Grundlage der bis Ende 2016 bereits vorliegenden Vereinbarungen konnten laut GKV-Spitzenverband schätzungsweise durchschnittlich zwei zusätzliche Vollzeitstellen je stationärer Pflegeeinrichtung ermöglicht werden. Über das tatsächlich zusätzlich beschäftigte Personal können nach Auskunft des GKV-Spitzenverbandes bundesweit noch keine Aussagen getroffen werden, da den Pflegekassenverbänden derzeit keine belastbaren Daten zu dieser Fragestellung vorliegen.
Der Nachweis über die jeweilige tatsächliche Stellenbesetzung ist durch die Leistungserbringer in der Regel im Zuge der jeweiligen Folgeverhandlung der Pflegesätze zu erbringen. Die Pflegestärkungsgesetze haben es zudem ermöglicht, dass in der stationären Pflege mittlerweile mehr als 49.000 Frauen und Männer als zusätzliche Betreuungskräfte für Verbesserungen im Pflegealltag sorgen. Noch 2013 waren es nur rund 28.000 zusätzliche Betreuungskräfte."
Fehlende Pflegekräfte bundesweit sehr unterschiedlich ausgeprägt
Über die Anzahl der fehlenden Pflegekräfte gibt es unterschiedliche Aussagen. Wie so oft kommen unterschiedliche Studien je nach Auftraggeber zu unterschiedlichen Resultaten. Eine Aussage jedenfalls stellt fest: Im September vergangenen Jahres haben rund eine Million Menschen als Gesundheits-, Kinder- und Krankenpfleger sowie 611.000 als Altenpfleger gearbeitet. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) stellt in ihrer aktuellen Analyse zum Fachkräftemangel zudem klar, dass es nicht überall in Deutschland zu wenig Pflegepersonal gibt. So fehlen zwar in der Altenpflege bundesweit examinierte Fachkräfte. In der Gesundheits- und Krankenpflege fehlen diese aber hauptsächlich in den westdeutschen Ländern. In Sachsen-Anhalt und Sachsen gibt es dagegen keinen Mangel und in Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Hessen, Berlin und Thüringen gibt es lediglich Anzeichen für Engpässe aber noch keinen Mangel. Die Bundesagentur für Arbeit hält aber fest, dass "im Vergleich zum Vorjahr eine zunehmende Verknappung zu erkennen" sei.
Quellen: Deutscher Bundestag, Zeit online, Bundesagentur für Arbeit
Autor(en): Meris Neininger