Hallesche Krankenversicherung: Bürgerversicherung - und dann?

Die Diskussion um die Bürgerversicherung hat sich in jüngster Zeit versachlicht und ist durch brisantere Themen in den Hintergrund geraten. Dies ist jedenfalls der Eindruck von Dr. Walter Botermann, Vorsitzender der Hallesche Krankenversicherung auf Gegenseitigkeit. Wie das Versicherungsunternehmen die Auswirkungen einer Bürgerversicherung einschätzt, vermittelten Botermann und Wiltrud Pekarek, Vorstandsmitglied der Hallesche, bei einem Pressegespräch in Stuttgart.

„Die Bürgerversicherung erzeugt Bürokratie, belastet die öffentlichen Haushalte, bedroht den medizinischen Fortschritt, ist verfassungswidrig und ein Job-Killer.“ Dies sind nur einige der Merkmale und Konsequenzen, die der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) der von SPD, Grüne und Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) geplanten Neuordnung des deutschen Gesundheitswesens zuschreibt. Vor allem der letztgenannte Punkt, die Bürgerversicherung als Arbeitsplatzvernichter, wiegt für die Branche und die Hallesche besonders schwer.

Nach der Einführung: 35.000 Arbeitsplätze sofort gefährdet
Bei diesem Thema erhielt die PKV-Branche kürzlich unverhoffte Unterstützung seitens der Gewerkschaft Ver.di. Diese hatte bei der Hans-Böckler-Stiftung ein Gutachten in Auftrag gegeben, das die „Auswirkungen der Bürgerversicherung auf die Beschäftigung in der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung“ untersuchen sollte. Diese kam unter anderem zu dem Ergebnis, dass die Einführung der Bürgerversicherung gut 60.000 Arbeitsplätze bedroht, wobei 35.000 Stellen von einer sofortigen Streichung betroffen wären. Aber auch für viele selbstständige Versicherungsvermittler käme es zu einer enormen Einschränkung oder zu einem Versiegen ihrer Erwerbsquelle. Der Grund: Der vollständige Stopp von Neuzugängen zur privaten Krankenversicherung ab einem Stichtag.


Das Gutachten den Hans-Böckler-Stiftung weist aber auch auf einige Widersprüche bei der Konzeption der Bürgerversicherung (BV) hin: So müssten um die Arbeitsplätze in der PKV zu erhalten, die Anreize für Wahloptionen (Wechsel der PKV-Bestandsversicherten in die BV) eher schwach sein. Zudem müssten die Anreize der PKV die Treue zu halten, stärker ausgeprägt sein. Das widerspräche aber der Absicht der BV-Unterstützer, das neue Versicherungssystem so attraktiv wie möglich zu machen und die Vereinheitlichung der Krankenversicherung schnellstmöglich umzusetzen.

Die Niederlande – (k)ein Modell für Deutschland
Wie die Umstellung eines ehemals gut funktionierenden Gesundheitssystems schief laufen kann, zeige auch das Beispiel Niederlande, so die Vorstände. Dort gab es 2006 eine Gesundheitsreform, die die Dualität aus gesetzlicher und privater Krankenversicherung zugunsten eines einheitlichen Systems mit einkommensabhängigen Beiträgen und einkommensunabhängigen Pauschalen aufgehoben hat. Nun, so Botermann, überdenke man gerade wieder das System. Unter anderem auch, weil die Wartezeiten für die Patienten enorm gestiegen seien, die eingerichteten Facharztzentren den Menschen keinen Kontakt zu einem Arzt ihres Vertrauens ermögliche und viele Niederländer als Selbstzahler in Deutschland einen Arzt aufsuchten, um zeitnah eine Behandlung zu bekommen. Grundsätzlich, so Botermann und Pekarek, litten Länder mit Einheitssystemen unter einer Zwei-Klassen-Medizin sowie Budgetierung und Rationierung seien dort Standard.

Mit Gelassenheit sieht die Hallesche der Einführung des so genannten Notlagentarifs entgegen. Dieser wird höchstwahrscheinlich am 1. September 2013 in Kraft treten. Mit diesem Tarif will die Regierung Versicherte, die ihre Krankenkassenbeiträge nicht mehr zahlen können, vor Überschuldung schützen. Augenblicklich gibt es bei dem Krankenversicherer auf Gegenseitigkeit zwei Prozent Nichtzahler unter den Vollversicherten.

Die Hallesche Kranken in Zahlen
Das Unternehmen hat augenblicklich rund 8.000 Maklerkontakte, zählte 2012 durchschnittlich 1.063 Mitarbeiter, verbuchte ebenfalls 2012 ein Bestandswachstum von 2, 8 Prozent sowie eine Beitragssteigerung von 4,3 Prozent. Im gleichen Jahr entschieden sich an die 6.600 Menschen für eine Vollversicherung bei der Hallesche und seit dem 1. April 2013 schlossen um die 65.000 Personen einen „FÖRDERbar“-Vertrag ab, so der Titel des Pflege-Bahr-Produktes des Versicherers aus Stuttgart und nur 400 Menschen haben sich bis dato auf den Basistarif des Versicherers festgelegt.

Weitere Informationen zum Thema "Bürgerversicherung" und der Position der Hallesche Krankenversicherung lesen Sie in der September-Ausgabe von .

Bild:© Sebastian Bernhard /

Autor(en): Meris Neininger

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