Der Graue Kapitalmarkt ist, entgegen der mit der Farbe Grau verbundenen Assoziationen, keineswegs durchgängig von Sachlichkeit oder auch Undurchsichtigkeit geprägt. Bei näherer Betrachtung wirkt er eher wie ein schillernder Regenbogen: Solide mittelständische Industrieunternehmen finanzieren sich über den Grauen Kapitalmarkt, innovative Start-up-Unternehmen versorgen sich dort mit Gründungskapital und das Kapital für die Energiewende wird teilweise ebenfalls auf dem Grauen Kapitalmarkt eingeworben.
Diese Aussage stammt keineswegs von einem Finanz-Poeten, sondern von der eher als nüchtern geltenden Bafin (Online-Fachartikel vom 4. März) und zeigt, dass das Thema Grauer Kapitalmarkt weder langweilig noch eindeutig negativ belegt ist. Genau zu dieser Erkenntnis kam auch ein Versicherungswissenschaftliches Fachgespräch, das am 3. Juni unter Federführung des Vereins zur Förderung der Versicherungswissenschaft in Berlin e.V. stattfand.
Durchschnitts-Sparer braucht keine Graumarkt-Produkte
Selbst der Präsident des Ostdeutschen Sparkassen- und Giroverbandes (OSV), Dr. Michael Ermrich, plädierte dafür Graumarktprodukte nicht per se zu verteufeln, da sie gesellschaftlich notwendig und erwünscht seien. Man müsse nur zwischen problematischen und seriösen Anbietern unterscheiden. Die schwarzen Schafe der Branche verursachen einen jährlichen Schaden von 20 bis 25 Milliarden Euro im Jahr. Schuld sei „ein schlecht gemanagter Grauer Kapitalmarkt“, so seine Überzeugung. Es gebe zu viele Lücken in der Regulierung, der Markt sei durch die Aufsicht nicht ausreichend gesichert.
Für seine Klientel kämen die Produkte allerdings nicht in Betracht, weil 30 Prozent der Kunden der OSV über gar kein Kapitalvermögen verfügen und vom Rest fast zwei Drittel weniger als 25.000 Euro auf der hohen Kante haben. Sieben Prozent besitzen zwischen 25.000 und 50.000 und nur acht Prozent mehr als 50.000 Euro. Damit sei der Osten – im OSV sind 45 Sparkassen von vier neuen Bundesländern (Ausnahme Thüringen) vereinigt – finanziell noch schlechter ausgestattet als der Durchschnitt der Republik.
Riskante Geldanlagen werden daher von den Sparkassen gar nicht angeboten, sondern auf klassische Garantieprodukte gesetzt. Zudem fördern die Sparkassen mit zahlreichen Angeboten die Finanz-und Risikobildung ihrer Kunden, weil man davon überzeugt sei, dass der mündige Bürger weniger Fehler bei Anlageentscheidungen macht als der ungebildete.
Langlaufende Infrastrukturmaßnahmen Alternative zu Staatsanleihen
Davon ist auch Dr. Volker Deville überzeugt, der die Hauptstadtpräsenz der Allianz SE leitet. „Der beste Verbraucherschutz ist die Bildung der Verbraucher in grundlegenden Finanz- und Risikofragen, nicht sechzigseitige Produktbeipackzettel oder ein intransparenter Grauer Kapitalmarkt“, meinte er. Das Anwachsen des Grauen Kapitalmarkts in der EU, aber auch in den USA und China, sei eine direkte Folge der eben überstandenen Finanzkrise. Allerdings wertet er dessen Produkte wegen hoher Komplexität, schlechtem Risk-Return-Profils sowie teilweise fehlender Rechtssicherheit als in der Regel unattraktiv.
Für bessere Alternativen zu den unter Niedrigzinsverhältnissen leidenden Staatsanleihen hält er neben Immobilien, langlaufenden Unternehmensbeteiligungen und Anlagen in Schwellenländern vor allem langlaufende Infrastruktur-Investitionen. Sie bieten die nötige Diversifikation und ermöglichen ein Asset Liability Matching (Strategien im Bereich von Aktiv- und Passivwerten). Allerdings müsse der Rechtsrahmen noch geklärt werden.
Versagen von Staat und Aufsicht
Staatliche Infrastrukturprojekte und zertifizierte Fonds für Strukturmaßnahmen hält auch der finanzpolitische Sprecher von Bündnis90/Die Grünen, Dr. Gerhard Schick, für ein probates Mittel, um die Altersvorsorge auf der Grundlage rentierlicherer Anlagen als Staatsanleihen sicher zu stellen. Auch Versicherer müssten ihre Anlagepolitik überdenken, da Staatsanleihen ganz sicher nicht der richtige Weg seien. Er klagte über mangelnde Investitionstätigkeit in Europa in diesem Zusammenhang. Über die Geldpolitik bekomme man die Probleme in Europa nicht in den Griff, meinte er mit Blick auf die am 4. Juni erwartete weitere Absenkung des Leitzinses und die Einführung von Strafzinsen für Banken durch die EZB.
Was Verbraucherschutz sein muss
Was den Grauen Kapitalmarkt betreffe, müsste der Staat ein hohes Interesse daran haben, dass Verbraucher ihre Altersvorsorge nicht in die falschen Produkte investierten und ihm dann auf der Tasche lägen. Er sehe ein Versagen gleichermaßen von Staat und Aufsicht, wenn man an Skandale wie Phönix, Göttinger Gruppe und Prokon denke. Es könne nicht sein, dass der Staat den Markt darüber regulieren wolle, dass er den Kunden mit Informationen überhäufe, die dieser gar nicht einschätzen könnten. Verbraucherschutz sei für ihn auf der einen Seite gestaffelte Information für Kunden, Sachverständige/Berater und Aufsicht sowie eine schärfere Kontrolle durch die Bafin.
Nach seiner Meinung reicht es nicht, deren Kompetenzen wie jetzt geplant auszuweiten. Viel eher müsse die Arbeitsweise unter die Lupe genommen werden. Zudem müsse durch klare Regeln sichergestellt werden, dass es "Bauernfängern" wie im Fall Prokon nicht so leicht gemacht werde. Insofern begrüße er, dass etwa die Werbemethoden des Direktvertriebs bestimmter Graumarkt-Produkte auf den Prüfstand kämen.
Bildquelle: Björn Hensel
Diese Aussage stammt keineswegs von einem Finanz-Poeten, sondern von der eher als nüchtern geltenden Bafin (Online-Fachartikel vom 4. März) und zeigt, dass das Thema Grauer Kapitalmarkt weder langweilig noch eindeutig negativ belegt ist. Genau zu dieser Erkenntnis kam auch ein Versicherungswissenschaftliches Fachgespräch, das am 3. Juni unter Federführung des Vereins zur Förderung der Versicherungswissenschaft in Berlin e.V. stattfand.
Durchschnitts-Sparer braucht keine Graumarkt-Produkte
Selbst der Präsident des Ostdeutschen Sparkassen- und Giroverbandes (OSV), Dr. Michael Ermrich, plädierte dafür Graumarktprodukte nicht per se zu verteufeln, da sie gesellschaftlich notwendig und erwünscht seien. Man müsse nur zwischen problematischen und seriösen Anbietern unterscheiden. Die schwarzen Schafe der Branche verursachen einen jährlichen Schaden von 20 bis 25 Milliarden Euro im Jahr. Schuld sei „ein schlecht gemanagter Grauer Kapitalmarkt“, so seine Überzeugung. Es gebe zu viele Lücken in der Regulierung, der Markt sei durch die Aufsicht nicht ausreichend gesichert.
Für seine Klientel kämen die Produkte allerdings nicht in Betracht, weil 30 Prozent der Kunden der OSV über gar kein Kapitalvermögen verfügen und vom Rest fast zwei Drittel weniger als 25.000 Euro auf der hohen Kante haben. Sieben Prozent besitzen zwischen 25.000 und 50.000 und nur acht Prozent mehr als 50.000 Euro. Damit sei der Osten – im OSV sind 45 Sparkassen von vier neuen Bundesländern (Ausnahme Thüringen) vereinigt – finanziell noch schlechter ausgestattet als der Durchschnitt der Republik.
Riskante Geldanlagen werden daher von den Sparkassen gar nicht angeboten, sondern auf klassische Garantieprodukte gesetzt. Zudem fördern die Sparkassen mit zahlreichen Angeboten die Finanz-und Risikobildung ihrer Kunden, weil man davon überzeugt sei, dass der mündige Bürger weniger Fehler bei Anlageentscheidungen macht als der ungebildete.
Langlaufende Infrastrukturmaßnahmen Alternative zu Staatsanleihen
Davon ist auch Dr. Volker Deville überzeugt, der die Hauptstadtpräsenz der Allianz SE leitet. „Der beste Verbraucherschutz ist die Bildung der Verbraucher in grundlegenden Finanz- und Risikofragen, nicht sechzigseitige Produktbeipackzettel oder ein intransparenter Grauer Kapitalmarkt“, meinte er. Das Anwachsen des Grauen Kapitalmarkts in der EU, aber auch in den USA und China, sei eine direkte Folge der eben überstandenen Finanzkrise. Allerdings wertet er dessen Produkte wegen hoher Komplexität, schlechtem Risk-Return-Profils sowie teilweise fehlender Rechtssicherheit als in der Regel unattraktiv.
Für bessere Alternativen zu den unter Niedrigzinsverhältnissen leidenden Staatsanleihen hält er neben Immobilien, langlaufenden Unternehmensbeteiligungen und Anlagen in Schwellenländern vor allem langlaufende Infrastruktur-Investitionen. Sie bieten die nötige Diversifikation und ermöglichen ein Asset Liability Matching (Strategien im Bereich von Aktiv- und Passivwerten). Allerdings müsse der Rechtsrahmen noch geklärt werden.
Versagen von Staat und Aufsicht
Staatliche Infrastrukturprojekte und zertifizierte Fonds für Strukturmaßnahmen hält auch der finanzpolitische Sprecher von Bündnis90/Die Grünen, Dr. Gerhard Schick, für ein probates Mittel, um die Altersvorsorge auf der Grundlage rentierlicherer Anlagen als Staatsanleihen sicher zu stellen. Auch Versicherer müssten ihre Anlagepolitik überdenken, da Staatsanleihen ganz sicher nicht der richtige Weg seien. Er klagte über mangelnde Investitionstätigkeit in Europa in diesem Zusammenhang. Über die Geldpolitik bekomme man die Probleme in Europa nicht in den Griff, meinte er mit Blick auf die am 4. Juni erwartete weitere Absenkung des Leitzinses und die Einführung von Strafzinsen für Banken durch die EZB.
Was Verbraucherschutz sein muss
Was den Grauen Kapitalmarkt betreffe, müsste der Staat ein hohes Interesse daran haben, dass Verbraucher ihre Altersvorsorge nicht in die falschen Produkte investierten und ihm dann auf der Tasche lägen. Er sehe ein Versagen gleichermaßen von Staat und Aufsicht, wenn man an Skandale wie Phönix, Göttinger Gruppe und Prokon denke. Es könne nicht sein, dass der Staat den Markt darüber regulieren wolle, dass er den Kunden mit Informationen überhäufe, die dieser gar nicht einschätzen könnten. Verbraucherschutz sei für ihn auf der einen Seite gestaffelte Information für Kunden, Sachverständige/Berater und Aufsicht sowie eine schärfere Kontrolle durch die Bafin.
Nach seiner Meinung reicht es nicht, deren Kompetenzen wie jetzt geplant auszuweiten. Viel eher müsse die Arbeitsweise unter die Lupe genommen werden. Zudem müsse durch klare Regeln sichergestellt werden, dass es "Bauernfängern" wie im Fall Prokon nicht so leicht gemacht werde. Insofern begrüße er, dass etwa die Werbemethoden des Direktvertriebs bestimmter Graumarkt-Produkte auf den Prüfstand kämen.
Bildquelle: Björn Hensel
Autor(en): Elke Pohl