GDV plant Bürgerrente, BVK ist dagegen

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Der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) kritisiert die Haltung und Pläne der Versicherungswirtschaft zur neuen Bürgerrente. Sie sieht in diesem Zuge die Riester-Rente geopfert. Grundlage der BVK-Kritik ist das Arbeitspapier der GDV-Arbeitsgruppe Altersvorsorge „Die Bürgerrente: Neustart der geförderten Privatvorsorge“ vom 20. Dezember 2022.

„Ein Standardprodukt für alle, wie von der Arbeitsgruppe gefordert, ist zudem von der Stange und kann nicht den individuellen Lebenslagen der Menschen entsprechen“, moniert BVK-Präsident Michael Heinz. „Das hatten wir schon 2021 bei den ersten Statements des GDV kritisiert. „Zielführender wäre daher stattdessen eine umfassende Reform der seit zwei Jahrzehnten besparten Riester-Rente mit ihren 16 Millionen Rentenanspruchsberechtigten.“

Äußerst bedenklich findet der BVK, dass die Versicherungswirtschaft erneut vorhat, eine beratungslose digitale Abschlussoption für Interessierte anzubieten. Vertrieb ohne Beratung entspreche jedoch weder dem Verbraucherschutzgedanken noch den Interessen der Vermittler, die als Lotsen im Dickicht der Altersvorsorgeprodukte eine wichtige Aufgabe erfüllen würden.

Besser entbürokratisieren, vereinfachen und Kreis der Berechtigten erweitern

Der BVK fordert stattdessen, Riester zu entbürokratisieren, zu vereinfachen und den Kreis der Zulageberechtigten deutlich zu erweitern sowie die Beitragsgarantien zu senken. Eine Reform der Riester-Rente hätte auch den Vorteil, dass man kein neues System erst zeitaufwendig einführen müsste.

Dafür wird der BVK die beim Bundesfinanzministerium neu geschaffene Fokusgruppe Altersvorsorge mit seiner Expertise unterstützen und solide Vorschläge für eine Reform der privaten Altersvorsorge einbringen.

Warum die Versicherungsunternehmen nun selbst aktiv werden

Die Riester-Reform wird schon länger von diversen Gruppen aus der Versicherungswelt gefordert, doch bislang gibt es noch keine klaren politischen Entscheidungen hierzu. Der Versicherungsbranche dauert dieser Prozess wohl zu lange, so dass sie nun selbst aktiv wird. Das bedeutet konkret: Eine Arbeitsgruppe des Gesamtverbands der Versicherer (GDV) verfolgt das Konzept einer staatlich geförderten „Bürgerrente“. Geleitet wird die Gruppe von der Allianz-Leben-Chefin Katja de la Viña. Die Süddeutsche Zeitung (SZ) hatte erstmals darüber berichtet. Am 19. Januar 2023 will das GDV-Präsidium sich mit dem Thema eingehend beschäftigen.

Einzahlungen sollen steuerfrei bleiben

Die Idee hinter der Bürgerrente: Für jeden Euro, der in die Bürgerrente eingezahlt wird, gibt es jeweils 50 Cent Förderung. Zudem schlägt die Arbeitsgruppe eine Begrenzung der förderfähigen Beiträge auf vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung vor. Diese beträgt im Jahr 2023 in den alten Bundesländern 7.300 Euro und in den in den neuen Bundesländern 7.100 Euro im Monat. Der geförderte Höchstbeitrag zur Bürgerrente läge demnach aktuell bei 292 Euro, der Zuschuss bei 146 Euro.

Des Weiteren sieht das Konzept der Versicherer vor, dass die Einzahlungen steuerfrei bleiben sollen und erst die Leistungen in der Rentenphase besteuert werden.

Auch Garantien soll es in diesem Modell geben, wenn auch nicht im bisherigen Umfang, hat die SZ erfahren. Bei Riester der alten Facon müssen die Versicherer gewährleisten, dass 100 Prozent der gezahlten Beiträge inklusive Zulagen zu Rentenbeginn zur Verfügung stehen. Diese hundertsprozentige Beitragsgarantie soll künftig nicht mehr geben, eine 80-Prozent-Garantie soll ausreichen. So könnten mehr Gelder lukrativ in Aktien und Fonds gesteckt werden, argumentieren die Versicherer.

Wie das Riester-Konzept der Versicherungswirtschaft finanziert werden soll

Wie das Konzept finanziert werden soll, steht wohl auch schon fest. In dem Arbeitspapier heißt es dazu wörtlich: „Die Zulagenförderung entspricht im Mittel in etwa der heutigen Zulagenförderung, wäre aber viel einfacher und verursacht dem Staat entsprechend kaum Zusatzaufwand“. Übersetzt heißt dies: Die Kosten sollen gegenüber heute nicht steigen, auch weil weniger bürokratischer Aufwand vonnöten sei und so Kosten eingespart werden könnten.

Hintergrund: Für das Jahr 2020 beziffert das Bundesfinanzministerium die Förderung für die Riester-Rente nach vorläufigen Zahlen auf 3,76 Milliarden Euro inklusive der steuerlichen Förderung über den Sonderausgabenabzug.

Wie die Position des GDV vor einem Jahr aussah

Im Februar 2022 zeigte sich GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen,  gegenüber Versicherungsmagazin (VM) überzeugt, dass die Riester-Rente noch zu retten ist, obwohl sie mit einem sehr schlechten Image kämpft.

Jörg Asmussen in dem VM-Interview wörtlich: "Die Riester-Rente muss reformiert werden, sie ist aber reformfähig. In den letzten acht Jahren ist praktisch nichts passiert. Unsere Vorschläge für eine grundlegende Reform liegen auf dem Tisch. Die Zulagenstelle geht voran und ändert bereits das Verfahren, so dass die fast eine Million Zulagenrückbuchungen pro Jahr zu einem großen Teil beseitigt werden. Das ist ein richtiger Schritt, weitere müssen folgen. Ich denke, wir brauchen am Ende auch einen anderen Namen."

Das vollständige Interview mit Jörg Asmussen finden Sie unter anderem auch hier.

"Eine zeitgemäße Weiterentwicklung ist schon lange überfällig"

Als die Börsen-Zeitung im November 2022 berichtete, dass die Bundesregierung plant, die Einsetzung einer Fokusgruppe Altersvorsorge unter Federführung des Finanzministeriums zu verabschieden, reagierte Asmussen auch mit einem Statement. Damals hieß es, dass die Gruppe unter Beteiligung von Verbraucherschützern, Anbieterverbänden und Staatssekretären von Finanz-, Wirtschafts- und Sozialministerium Vorschläge für die Reform der privaten Altersvorsorge erarbeiten soll.

O-Ton Asmussen: "Es ist gut, dass es jetzt losgeht mit dem Dialog zur privaten Altersvorsorge. Das heutige System ist rund 20 Jahre alt, ohne grundlegende Änderung bisher. Eine zeitgemäße Weiterentwicklung ist schon lange überfällig. Private Kapitaldeckung ist ein wesentlicher Baustein im System der Altersvorsorge.
Die geförderte private Altersvorsorge ist reformfähig und hat eine Reform verdient – zügig und mit Blick für die echten Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger. Wir, die in Deutschland tätigen Versicherer, wollen zukünftige Lösungen mitgestalten, und bringen als Experten für private und betriebliche Altersvorsorge unser Know-how und unsere praktische Erfahrung ein.“

Quellen: BVK, GDV, SZ, Versicherungsmagazin

 

 

Autor(en): Meris Neininger

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