Garantiezins politisch unter Druck

Schon Mitte 2011 soll der Höchstrechnungszins von derzeit 2,25 auf 1,75 Prozent abgesenkt werden. Marktbeobachter wie Manfred Poweleit vom Map-Report hatten eine solche starke Senkung um 0,5 Prozentpunkte bereits befürchtet - aber erst für 2012. Auch die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV) hatte öffentlich dafür geworben, den Zins 2011 unverändert zu belassen. Noch ist die letzte Entscheidung anscheinend nicht gefallen, denn laut Agenturberichten wird die Änderung derzeit noch geprüft und sei nicht mit den Ministerien abgestimmt.



Der Höchstrechnungszins ist bei kapitalbildenden Lebensversicherung und privaten Rentenversicherung in der Regel gleichbedeutend mit der garantierten Verzinsung auf den Sparanteil. Bei einer Absenkung auf 1,75 Prozent würde die Beitragsrendite der Garantie aufgrund der Kosten nach Schätzungen von Experten nur einem Beitragserhalt entsprechen oder bei marginalen 0,5 Prozent liegen. Nach Einschätzung des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) ist eine Absenkung des Höchstrechnungszinses nicht notwendig. Das gelte sogar für eine sanftere Absenkung auf zwei Prozent. Die Datengrundlage für die Ermittlung eines neuen Höchstrechnungszinses bilden die Umlaufrenditen zehnjähriger Anleihen der öffentlichen Hand. Aus den Daten der vergangenen zehn Jahre wird der Mittelwert errechnet und mit 0,6 multipliziert: Der zulässige Höchstrechnungszins darf nach dem Aufsichtsgesetz nicht höher sein als dieser Mittelwert. Er stellt eine Obergrenze dar, die nicht überschritten werden darf.

Vorsicht vor Schlussverkaufsmentalität
Das Bundesministerium der Finanzen bestimmt den zulässigen Höchstrechnungszins jährlich aufs Neue per Verordnung. Das Ministerium ist bei seiner Entscheidung nicht an die Empfehlung der DAV gebunden. Verbraucherschützer haben bereits vor einem Lebensversicherungsschlussverkauf gewarnt. Verbraucher sollte sich jetzt nicht zum Abschluss einer Lebensversicherung drängen lassen, so die Stiftung Warentest. Immer wenn negative Konditionsänderungen in Sicht wären, würde nämlich die Assekuranz besonders viele Vermittler zu den Kunden schicken. Kunden, die vor dem Stichtag eine Lebens- oder Rentenversicherung abschließen, kommen noch in den Genuss der höheren Garantie.

Nach einer Schätzung der Ratingagentur Assekurata aus Köln könnte die gesamte Überschussbeteiligung 2011 wegen leichter Absenkungen im Markt bei rund vier Prozent liegen. Die jährliche Überschussbeteiligung setzt sich aus der Garantieverzinsung - derzeit noch 2,25 Prozent - und der laufenden Zinsüberschussbeteiligung zusammen. 2010 lag der Marktschnitt noch bei 4,20 Prozent. Die Beitragsrendite für alle Kunden, die die Verträge bis zum Ende durchhalten, dürfte einschließlich Schlussüberschüsse von 3,94 auf rund 3,75 Prozent fallen. "Als Faustformel gilt, dass von der Gesamtverzinsung rund 20 Prozent aufgrund von Kosten abgezogen werden müssen", erläutert Reiner Will, Geschäftsführer der Assekurata.

Rentenpolicen per Einmalbeitrag sind beliebt
Noch profitieren die Lebensversicherer von den in früheren Jahren gekauften höher verzinslichen Anlagen. Verglichen mit anderen Anlagen sind nach Meinung von Poweleit Lebens- und Rentenversicherungen derzeit aber immer noch attraktiv. "Daher ist es kein Wunder, dass viele Kunden ihr Geld als Einmalbeitrag bei Versicherern parken." Hierfür bieten die Lebensversicherer besonderer Produkte, sogenannte Parkdepots an, die ohne Abzüge wieder verkauft werden können. Viele Kunden kaufen derzeit per Einmalbeitrag auch Rentenversicherungen. "Rund zwei Drittel aller neuen Einmalbeitragspolicen sind bei uns Rentenpolicen", heißt es bei der Kölner Generali Gruppe. Bei der Talanx-Gruppe sind sogar 50 Prozent aller Rentenpolicen Produkte mit Einmalbeitragszahlung.

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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