Die aktuell 37.432 freien Finanzanlagenvermittler fühlen sich durch den Groko-Vertrag in ihrer Existenz gefährdet. Noch ist aber schwer einschätzbar, welche konkreten Veränderungen auf die freien Investment- und Vermögensberater zukommen werden.
Auslöser für die Aufregung in der Branche ist folgender Passus im aktuellen Koalitionsvertrag: „Wir werden zur Herstellung einer einheitlichen und qualitativ hochwertigen Finanzaufsicht die Aufsicht über die freien Finanzanlagenvermittler schrittweise auf die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht übertragen.“ (Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD; Kapitel X. 5. Verbraucherschutz).
Seit dem 1. Januar 2013 benötigen Finanzanlagenvermittler eine gewerberechtliche Erlaubnis für die Beratung und Vermittlung von Finanzanlagen nach § 34f der Gewerbeordnung (GewO). Zudem müssen die Vermittler sich sofort nach Tätigkeitsaufnahem in das Vermittlerregister für Finanzanlagenvermittler nach § 11a GewO eintragen lassen.
Unterschiedliche Regelungen der Länder
Derzeit hat der Bundesgesetzgeber für Finanzanlagenvermittler keine Regelung über die Zuständigkeit für die Erlaubniserteilung nach § 34f GewO getroffen, sondern die Entscheidung dem Landesgesetzgeber überlassen. Eine Liste, welche Behörde von den Ländern als für die Erlaubniserteilung zuständig erklärt wurden, hat der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) veröffentlicht (Zuständige Erlaubnisbehörde). Danach ist in neun Ländern die Industrie und Handelskammer für die Erlaubniserteilung zuständig. In Berlin ist das jeweilige Bezirksamt für die Zulassung und Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten berechtigt. In Brandenburg, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sind die Gewerbeämter zuständig, während im Saarland die Landkreise die Erlaubnis und Kontrolle der Vermittler durchführen müssen.
Von einer Änderung des Status quo wären vor allem Bayern, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg betroffen. Hier gibt es nach einer Länderauswertung (siehe unten) die meisten freien Finanzanlagenvermittler. Mit 36.916 beraten die meisten Vermittler vor allem über offene Investmentvermögen. Lediglich 9.323 haben eine Erlaubnis für die Beratung geschlossener Investmentvermögen und 6.320 Vermittler sind für die Beratung rund um Vermögensanlagen berechtigt.
Branche fürchtet Verschärfung
In der Branche geht nun die Angst um, dass mit der Verlagerung der Erlaubnisaufsicht auf die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) eine Verschärfung des Rechts einhergehen könnte.
Als schlimmstes Szenario wird befürchtet, dass der Gesetzgeber den Ausnahmetatbestand für Finanzanlagenvermittler streicht und die Vermittler zwingt unter ein Haftungsdach zu gehen oder eine Bankenlizenz zu erwerben. Damit würde für freie Vermittler die EU-Finanzmarktrichtlinie Mifid II gelten. Ob eine solche strengere Regelung der Berufsausübung tatsächlich von der Groko beabsichtigt ist oder nur die Erlaubnisaufsicht lediglich vereinheitlicht werden soll, ist derzeit nicht klar. So begründet der Koalitionsvertrag den "schrittweisen Übergang" auf die Bafin-Aufsicht damit, dass so Aufsichtskapazitäten für die Geldwäscheaufsicht im Nichtfinanzbereich frei würden.
Bafin äußert sich nicht
Die Bafin möchte derzeit zu dem Groko-Vertrag keine Stellung nehmen. "Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir uns bis zur finalen gesetzgeberischen Umsetzung nicht zum Koalitionsvertrag äußern können", teilte eine Sprecherin auf Anfrage mit.
Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek