„Eine Richtschnur“ für die künftige Rentenpolitik soll der jetzt vorgestellte Bericht der Kommission „Verlässlicher Generationenvertrag“ sein. Erste Analysen zeigen: Es gibt viele Ideen, aber wenig konkrete Vorschläge. Verbraucherschützer und Bausparkassen sind unzufrieden. Während die Versicherungsbranche Zustimmung signalisiert, sind die Gewerkschaften zwiegespalten.
Insgesamt zeigt der 126 Seiten umfassende Bericht vor allem das Problem auf, dass sich die verschiedenen Interessenverbände eher auf „laue“ Mittelpositionen geeinigt haben. „Insgesamt ist der Bericht für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weder Fluch noch Segen“, stellt der Deutsche Gewerkschaftsbund fest. Die Kommission habe anscheinend erkannt, dass Rentenpolitik eine gesellschaftliche Auseinandersetzung über die Verteilung des Wohlstands – zwischen Alt und Jung, zwischen Ärmeren und Reichen sei. „Einen Korridor beim Rentenniveau, der nach 2025 zwischen 44 und 49 Prozent liegen soll, können wir nicht unterschreiben“, so der DGB.
Gewerkschaften: Rentenniveau bei 48 Prozent belassen
Die Gewerkschaften fordern in einem Sondervotum, dass das Niveau von heute 48 Prozent als definitive Untergrenze festgelegt wird. Der Beitragssatz soll nach 2025 zwischen 20 und maximal 24 Prozent garantiert werden. Zudem soll eine Bezugsgröße definiert werden, die sich an der Grundsicherung im Alter bemisst und den Rentnern endlich tatsächlich aufzeigt, mit welcher Absicherung sie im Alter rechnen können. Neben der gesetzlichen Rentenversicherung soll künftig weiterhin sowohl betrieblich als auch privat zusätzlich vorgesorgt werden. Die Kommission empfiehlt dazu eine Erhöhung und Dynamisierung der Förderung von arbeitgeberfinanzierter betrieblicher Altersvorsorge für Niedrigverdiener. Darüber hinaus sollte die zusätzliche Vorsorge mit einer Digitalplattform für Riester-Produkte und die Schaffung eines Standardvorsorgeprodukts verbessert und vereinfacht werden.
Zur Riester-Rente empfiehlt die Kommission unter anderem:
die Eröffnung der Möglichkeit im Rahmen der Riester-Förderung, künftig modifizierte Garantien bei staatlich geförderter zusätzlicher Altersvorsorge (Riester-Rente) zu geben, die ein angemessenes Verhältnis von Renditechancen, Sicherheiten und Risiken zulassen.
- eine konsistentere Ausgestaltung des steuerlichen Förderungsrahmens in den verschiedenen Bereichen der zusätzlichen Altersvorsorge. In jedem Fall sollte der Sonderabgabenabzug bei der Riester-Vorsorge auf vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung erhöht werden, sodass künftig der vorgesehene Aufwand von 4 Prozent steuerlich anerkannt wird.
- bei der Riester-Förderung an der Zulagenförderung festzuhalten und eine Anhebung der Grundzulage und/oder eine Dynamisierung gemäß der Lohnentwicklung zu prüfen. Ebenfalls sollte das bestehende Zulageverfahren vereinfacht und Maßnahmen ergriffen werden, um die Rückforderung von Zulagen weiter zu verringern.
- bei Riester-Verträgen die Kosten zu senken, zum ersten durch die Einrichtung einer staatlich organisierten digitalen Plattform, in der alle Produktangebote, bei denen keine Vertriebskosten anfallen, in standardisierter Form eingestellt werden können. Zum zweiten durch die Einführung eines Standardvorsorgeprodukts (im Sinne eines neuen Produktstandards). Zugleich soll sich der Staat die Möglichkeit offenhalten, mit öffentlichen Trägern ein entsprechendes Produkt anzubieten.
Verbrauchschützer sind unzufrieden
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) nannte die Initiative der Rentenkommission für eine umfassende Reform der ergänzenden Alterssicherung in einer ersten Stellungname „erfreulich“. „Sie gibt die richtigen Impulse zur Vereinfachung und Verbesserung der Riester-Rente. Dazu zählt auch die Lockerung der Beitragsgarantie sowie die Entwicklung neuer Produktstandards für private Angebote.“
Demgegenüber sieht die Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) die Vorschläge eher kritisch. Bei der privaten Altersvorsorge werde auf weitere Subventionen der Finanz- und Versicherungswirtschaft gesetzt. „Ein mutiger Neustart mit einem einfachen, kostengünstigen und für Verbraucher rentablen Basisprodukt wird erneut verpasst“, sagte Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv). Die vorgeschlagene digitale Plattform für provisionsfreie Produkte und ein neuer Produktstandard würden Riester-Produkte für Verbraucher nicht wesentlich günstiger machen.
Vzbv will Extrarente
Nötig ist nach Ansicht des vzbv ein einfaches, kostengünstiges Basisprodukt, das eine Vorsorge auf Aktienbasis ermöglicht. Der vzbv hat dafür das Konzept der Extrarente entwickelt. „Meine Erwartung an die Bundesregierung ist, mehr Mut und Weitsicht aufzubringen als die Rentenkommission und bis zur Sommerpause einen verbraucherfreundlichen Gesetzentwurf vorzulegen“, so Müller.
Noch schärfer fällt die Kritik der Landesbausparkassen aus. „Völlig unverständlich ist den Bausparkassen die Idee einer staatlichen Online-Plattform für Produkte ohne Vertriebskosten. Solche Produkte dürften die Bausparkassen schon aus aufsichtsrechtlichen Gründen überhaupt nicht anbieten“, stellt die Bundesgeschäftsstelle der Landesbausparkassen klar. Sie fordert, das die sogenannte Eigenheimrente eine gleichwertige Alternative zu einer privaten Geldrente bleibt.
Die Bundesregierung will die Vorschläge der Kommission nun umgehend prüfen und „in die Weichenstellungen für die Zeit nach 2025 einbeziehen“.
Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek