EZB kauft vermehrt grüne Anleihen

740px 535px

Der Wandel zu einer klimaneutralen Wirtschaft kostet Geld. Viele Unternehmen investieren verstärkt in neue Technologien und Prozesse, um die damit einhergehenden Markveränderungen und Anforderungen an mehr Nachhaltigkeit zu bewältigen. Eine Möglichkeit, Kapital für entsprechende Projekte zu generieren, liegt in Anleihen, so genannten Green Bonds. Auch Anleihekaufprogramme der Europäischen Zentralbank (EZB) wie PEPP erleichtern den Unternehmen die Finanzierung am noch jungen Markt grüner Anleihen. Das fand ein Team von Ökonomen vom DIW Berlin in einer aktuellen Analyse heraus.

Laut Studie ist der Markt für grüne Unternehmensanleihen weltweit stark gewachsen: 2015 betrug der Umfang neu emittierter Green Bonds 45 Milliarden Euro. 2020 zählten die Wirtschaftswissenschaftler Franziska Bremus, Franziska Schütze und Aleksandar Zaklan Neuemissionen mit einem Volumen von 237 Milliarden Euro. Interessant ist, dass fast die Hälfte aller neuen grünen Anleihen in Euro begeben wurden. Dabei haben die Unternehmensanleihen mittlerweile die Papiere aus dem öffentlichen Sektor, die anfangs noch den Großteil der in Euro begebenen grünen Bonds ausmachten, überholt. Der Anteil von Neuemissionen grüner Unternehmensanleihen an den insgesamt begebenen Firmenbonds stieg zwischen 2016 und 2020 von unter einem auf 3,5 Prozent.

Anzahl grüner Anleihen wächst weltweit

Und immer mehr dieser Green Bonds erfüllen der Erhebung zufolge die Ankaufkriterien der EZB. Seit Einführung des Kaufprogramms für Unternehmensanleihen (Corporate Sector Purchase Programme, CSPP) im Jahr 2016 habe sich die Zentralbank "zu einer wichtigen Käuferin am Markt für europäische Unternehmensanleihen" entwickelt. 2016 zählte der DIW 25 grüne Unternehmensanleihen mit einem Emissionsvolumen in Höhe von acht Milliarden Euro. Im Jahr 2020 waren es insgesamt 149 Bonds mit einem Volumen von knapp 32 Milliarden Euro. Damit entsprachen 30 Prozent der grünen in Euro denominierten Unternehmensanleihen im Vorjahr den von der EZB zugrunde gelegten Kriterien.

Viele Emittenten aus emissionsintensiven Sektoren

Erste Untersuchungen belegten einen relativ hohen Anteil an Anleihen von Unternehmen aus emissionsintensiven Bereichen wie dem Versorgungssektor (20 Prozent) und der Industrie (fünf Prozent). Das sei wenig überraschend, da gerade hier ein hoher Investitionsbedarf in die Dekarbonisierung und daher hohes Potenzial für grüne Anleihen bestehe. Laut Schätzungen der EU-Kommission werden bis 2050 jährlich bis zu 235 Milliarden Euro an zusätzlichen Investitionen benötigt, der Großteil davon im Bereich der Energieerzeugung, der Gebäudesanierung und dem Transport. Daher ist es wichtig, die EZB-Anleihekäufe nicht nur mit Blick auf die sektorale Verteilung des emittierenden Unternehmens zu betrachten, sondern auch auf den Anteil der grünen Anleihen.

Nun hat die EZB im Zuge der Corona-Pandemie ihr Anleihekaufprogramm noch einmal deutlich ausgeweitet. Das Pandemie-Kaufprogramm PEPP umfasst sowohl öffentliche Anleihen als auch Unternehmensanleihen. Damit sei auch die Frage nach den Auswirkungen eines Wandels zu einer emissionsarmen Wirtschaft sowie den daraus resultierenden Transformationsrisiken der Unternehmen auf das Anleihe-Portfolio der EZB zunehmend in den Fokus gerückt. So minderten etwa Veränderungen in der Mobilität den Wert von Produktionsanlagen der Hersteller von Verbrennungsmotoren, wenn sie nicht für andere Zwecke nutzbar sind. Würde die EZB solche Risiken beim Ankauf von Anleihen nicht berücksichtigen, drohen ihrem Portfolio "teils erhebliche Wertminderungen". Zugleich blieben mögliche Vorteile grüner Anleihen ungenutzt.

EZB orientiert sich an der Bonität

Die EU-Klimaziele haben damit auch die geldpolitische Strategie der EZB in Bezug auf Nachhaltigkeit beeinflusst. "Grüne Anleihen, die unter das EZB-Kaufprogramm fallen, weisen eine ähnliche Renditeentwicklung auf wie konventionelle Bonds", so Sustainable-Finance-Expertin Schütze und erläutert: "Unsere Beobachtungen am nachhaltigen Anleihemarkt zeigen, dass die Rendite der von der EZB gekauften grünen Bonds stärker zurückgeht als die der nicht gekauften. Das deutet darauf hin, dass eine zusätzliche Nachfrage der EZB die grünen Anleihen als Finanzierungsinstrument für Unternehmen attraktiver macht." Dabei müsse die Zertifizierung der grünen Bonds jedoch glaubwürdig und transparent sein, betonen die Studienautoren.

Die EZB achte bei Green Bonds unter anderem auf eine hohe Bonität (Investment Grade). Genau hierin sehen die Studienautoren die Stellschraube für eine grünere Ausrichtung der Geldpolitik. "Um die nachhaltige Transformation der Wirtschaft zu unterstützen, sollten bei der Bonitätsbewertung künftig klimabezogene Risiken für Unternehmen stärker berücksichtigt werden", empfiehlt Umweltökonom Zaklan. Der klimaneutrale Umbau konfrontiere die Unternehmen mit neuen Marktbedingungen und Investitionen, die sich unter dem Oberbegriff Klimarisiken zusammenfassen ließen.

"Eine bessere Abbildung klimabezogener Risiken entspräche auch der EZB-Intention, dass die Preise der Anleihen die darunterliegenden Risiken ausreichend gut widerspiegeln." Dies wäre nicht nur für die Marktstabilität wichtig, sondern könnte auch die Finanzierungsbedingungen für Emittenten grüner Anleihen im Vergleich zu konventionellen Anleihen weiter verbessern.

Autor(en): Angelika Breinich-Schilly

Zum Themenspecial "Nachhaltigkeit"

 

Alle Branche News