Hohe Kosten durch die Inflation machen den Schadenversicherern das Leben schwer. Zudem gibt es nur ein mageres Neugeschäft. Der Markt ist von einem scharfen Verdrängungswettbewerb gekennzeichnet.
Das zeigt der „Marktausblick Schaden-/Unfallversicherung 2023/2024“ der Ratingagentur Assekurata. „Es ist eine deutliche Anhebung der Prämien erforderlich“, sagte Schadenexperte Dennis Wittkamp auf einer virtuellen Pressekonferenz. Doch der hohe Wettbewerbsdruck steht dem entgegen. „Jeder schielt derzeit auf seinen Konkurrenten“, so Wittkamp.
Insgesamt gehen die Analysten davon aus, dass die Ertragskraft der Unternehmen in den nächsten Jahren sinkt. Die Inflation würde die Kaufkraft der Kunden schwächen. Kfz-Neuzulassungen seien noch immer nicht auf dem Niveau von 2019. „Nicht existenzielle oder als solche empfundene Policen würden stärker gekündigt“, so der Experte. Zudem würde die Geldentwertung die Betriebskosten der Assekuranzen erhöhen und Selbstbeteiligungen verlören ihre kostendämpfende Wirkung, da sie schneller überschritten werden.
Allein in der Autoversicherung müssten die Versicherer eigentlich die Prämien um 14 bis 17 Prozent anheben, wenn sie noch einen Gewinn von fünf Prozent erzielen wollen. Bei E-Fahrzeugen seien versicherungstechnisch keine Rabatte mehr statthaft. Tatsächlich lägen die aktuellen Preisanpassungen in dieser Sparte bei fünf bis sieben Prozent. Vor allem gut kapitalisierte Versicherer würden sogar weniger anpassen. Einige Versicherer würden aus Angst vor Kundenverlusten sogar technische Verluste hinnehmen. Trotzdem rechnet der Experte nicht damit, dass in naher Zukunft Assekuranzen aus dem Markt der Autoversicherung aussteigen.
Sorgenkind Wohngebäudeversicherung
Das zweite große „Sorgenkind“ ist laut Assekurata die Wohngebäudeversicherung, die selbst durch deutliche Prämienanstiege in den letzten Jahren branchenweit nicht ertragreich wurde. Für 2024 und sogar für 2025 rechnet Assekurata wieder mit deutlichen Anpassungen aufgrund der Neuwertklausel. Der Baukostenindex war für 2023 um 14,7 Prozent erhöht worden. Ähnlich hoch sollen nach Einschätzung der Rating-Experten die zukünftigen Erhöhungen ausfallen, weil die Baukosten weiter deutlich steigen würden. Rund 95 Prozent aller Verträge können nach Angaben des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) ohne Sonderkündigungsrecht aufgrund des Baupreisindex angepasst werden.
Trend kennt nur eine Richtung, Schäden gehen nach oben
Die Versicherer würden hier unter einem starken Verdrängungswettbewerb stehen. Daher könnten die zusätzlichen Anpassungen aufgrund von höheren Schäden unterschiedlich ausfallen. „Es könnte sein, dass, wie schon 2023, Versicherer nur den Index mitgehen und nichts mehr draufpacken“, so Wittkamp. Damit würde aber die Wohngebäudesparte für viele Anbieter noch weniger ertragsreich, denn die Last durch Leistungswasser- und Feuerschäden nehmen weiterhin zu. Wittkamp: „Der Trend kennt nur eine Richtung, die Schäden gehen nach oben.“ Die Versicherer würden somit nun die Fragen umtreiben, wie kann ich wo Ertrag generieren und wo kann ich Prämien erhöhen. Zwar biete die „Zinswende“ den Assekuranzen die Chance auf höhere Kapitalanlageerträge, doch die Renditesteigerung „kommt nicht von heute auf morgen“. Assekurata rechnet damit, dass künftig aber wieder die Hälfte des Ergebnisses aus dem Kapitalertrag kommt. Schon 2021 hatten die Anlageergebnisse branchenweit die technischen Ergebnisse übertroffen.
Analysten fordern Pflichtschutz für Elementar
Beim Schutz gegen Elementarschäden in der Wohngebäudeversicherung spricht sich Assekurata für eine Pflichtversicherung aus. „Die Masse der Kunden ist weiterhin ohne Elementarschutz, obwohl viele Versicherer im Neugeschäft nur noch ein Opt-Out anbieten“, sagte Wittkamp. Derzeit hat die Rating-Agentur bereits rund 20 Wohngebäudeversicherer ausgemacht, die ein Opt-Out für den Elementarschutz bieten oder im Basistarif einen festen Naturschutz implementiert haben. Wer in einer Risikozone wohnt und somit eine sehr hohe Prämie für Elementarschutz zahlt, widerspreche lieber dieser Deckung. Die freiwillige Lösung gehe daher auf Kosten der Schwachen.
Mehr Prävention anbieten
Daher fordert Assekurata im Rahmen einer Pflichtversicherung, Spitzenrisiken in der Zürs-Zone 4 und teilweise auch in der Zone 3 durch Steuernachlässe zu entlasten. Klimaschutz sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Hohe Selbstbeteiligungen seien sozial ungerecht. Wer eine akzeptable Prämie, aber eine Selbstbeteiligung von beispielsweise 200.000 Euro tragen muss, sei im Schadenfall dennoch ruiniert, weil er diese Belastung in der Regel nicht schultern kann. Nachholbedarf sieht Assekurata beim Thema Prävention. Hier könnten die Versicherer durch Wasserstopsysteme oder Einbruchsicherungen Schäden verhindern. Ein größerer Hebel sei aber eine nachhaltige Schadenregulierung. Die Versicherer sollten stärker dafür werben, dass ihre Kunden eine nachhaltige Regulierung akzeptieren würden. Reparieren statt neu kaufen, ist laut Assekurata ökologischer.
Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek