Nachdem die europäische Versicherungsaufsicht schon einen Sturm der Entrüstung mit dem Anliegen ausgelöst hatte, jeden noch so kleinen Vermittlerbetrieb zur Bestellung eines „Beschwerdebeauftragten“ zu zwingen, will sie nun gegenüber den Vergleichsportalen Zeichen setzen und die noch gar nicht verabschiedete Vermittlerrichtlinie 2 übertrumpfen.
Aktuell setzt sich EIOPA mit einem seiner drei Schwerpunkte des Konsumentenschutzes weiter auseinander, die die Aufsicht Anfang 2012 in den Fokus der Arbeit gerückt hat. In seinem „Report on Good Practices on Comparison Websites“ vollzieht EIOPA einen Balanceakt zwischen der noch fehlenden rechtlichen Autorisierung, der Vermittlerbranche verbindliche Vorgaben zu machen, und dem offenkundigen Ziel, sich als handlungsstarke Aufsichtsbehörde zu präsentieren.
In dem Papier werden Verhaltensrichtlinien für Internet-Versicherungsvergleichsportale aufgestellt, die zwar als nicht rechtlich verbindlich bezeichnet werden, gleichwohl aber deren Einhaltung eingefordert wird. Auch die nationalen Regierungen werden aufgerufen, diese Regeln in ihren Gesetzgebungsverfahren zu berücksichtigen.
Umfassende Transparenz gefordert
In insgesamt sechs Regelungsbereichen werden Hinweise zu einem guten Verhalten zusammengefasst. Diese betreffen die Informationen zur Webseite und ihren Betreibern, Informationen zur Beratungsgrundlage und damit den in den Vergleich einbezogenen Versicherern, den Umgang mit Interessenkonflikten, Regeln zur Erstellung von Versicherungsrankings, der Darstellung der für Verbraucher wichtigen Informationen sowie zur Aktualität der Informationen.
Sollen jegliche Geschäftsbeziehung offenlegen
In einigen Bereichen geht EIOPA allerdings weit über das hinaus, was sowohl die gültige als auch die künftige Vermittlerrichtlinie gemäß dem Vorschlag der EU-Kommission von 2012 (IMD 2) fordern. Beispielsweise verlangt die Behörde, dass Portale jegliche Geschäftsbeziehung zu Versicherungsunternehmen offenlegen, was die in der Regel als Makler zugelassenen Betreiber zu außerordentlich umfangreichen und wettbewerblich auch bedenklichen Offenlegungen zwingt.
Dagegen verlangt die Vermittlerrichtlinie von Maklern lediglich, dass sie bei ihren Empfehlungen eine ausgewogene Marktuntersuchung zugrunde legen. Das deutsche Recht hat daraus die Pflicht zu einer „hinreichenden Anzahl von auf dem Markt angebotenen Versicherungsverträgen und von Versicherern“ gemacht, die ein Makler in seinen Rat einzubeziehen hat (§ 60 Absatz 1 Satz 1 VVG). Eine Information an den Kunden, welche Versicherer das alles sind oder theoretisch sein könnten, wird gerade eben nicht verlangt.
Überzogene Erklärungspflichten
Werden bestimmte Versicherungsprodukte ins virtuelle Schaufenster gestellt und werblich angepriesen, soll der Betreiber genau erklären, warum er diese Produkte ausgewählt hat, und was der Verbraucher unter der Empfehlung zu verstehen hat. Das ist ungefähr so, wie wenn man Einzelhändler verpflichten würde, in ihren Werbeanzeige genau zu erklären, warum sie beispielsweise eine bestimmte Kaffeesorte als Sonderangebot der Woche ausgewählt haben und darauf hinzuweisen, dass trotz dieser Kaufempfehlung Kaffee immer noch für Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen gefährlich sein kann.
Schließlich wird über die Vermittlerrichtlinie hinaus verlangt, Vergleiche nicht ausschließlich nach dem Kriterium Preis, sondern auch nach Leistungen durchzuführen. Auf den ersten Blick erscheint das selbstverständlich, dass nicht der Preis allein entscheidend sein kann. Und die Kritik an Vergleichsportalen ist nachvollziehbar, dass sie möglicherweise den Kunden zu einseitig auf den Preisvergleich hin konditionieren.
Spielt der Wunsch des Kunden keine Rolle mehr?
Doch auf den zweiten Blick wirft das zwei gravierende Fragen auf. Die erste ist, wie denn der Fall zu behandeln ist, wenn ein Kunde genau diesen Wunsch hegt, ein besonders billiges Versicherungsprodukt zu erwerben. Die Vermittlerrichtlinie verpflichtet Vermittler lediglich, die Wünsche und Bedürfnisse der Kunden in den Rat einzubeziehen. Sie sieht keineswegs vor, den Kunden zu zwingen, sich auch gegen seine Wunsch nach anderen als nach den von ihm ausdrücklich gewünschten Kriterien beraten und Produkte empfehlen zu lassen.
Die zweite Frage ist, wer denn definiert, nach welchen Leistungskriterien und wie genau ein Ranking erstellt werden soll. Selbst scheinbar einfache Versicherungsprodukte weisen eine Vielzahl von Leistungskriterien auf, in denen sie sich im Wettbewerb voneinander unterscheiden.
Versicherungen unterscheiden sich nicht nur durch den Preis
Viel sinnvoller wäre es, wenn EIOPA die nationalen Regierungen dazu aufrufen würde, Bemühungen anzustellen und zu verstärken, die Verbraucher aufzuklären und ihnen das notwendige Grundwissen im Umgang mit Versicherungsprodukten zu verschaffen – beispielsweise, dass sich Versicherungen keineswegs nur im Preis voneinander unterscheiden. Und anstatt Versicherungsvermittler zu diskriminieren, einen Provisions-Striptease von ihnen zu verlangen und damit indirekt überhöhte Anschlusskosten an den Pranger zu stellen, müsste vielmehr den Verbrauchern der Wert einer guten Beratung erläutert werden, und dass diese auch gutes Geld kosten muss.
Wenn dann der Verbraucher noch erfährt, woran er eine gute Beratung erkennen und wie er sie von schlechter Beratung unterscheiden kann, darf man es doch wohl dem mündigen Verbraucher selbst überlassen zu entscheiden, was denn seine „Wünsche und Bedürfnisse“ sind.
Bildquelle: EIOPA
Aktuell setzt sich EIOPA mit einem seiner drei Schwerpunkte des Konsumentenschutzes weiter auseinander, die die Aufsicht Anfang 2012 in den Fokus der Arbeit gerückt hat. In seinem „Report on Good Practices on Comparison Websites“ vollzieht EIOPA einen Balanceakt zwischen der noch fehlenden rechtlichen Autorisierung, der Vermittlerbranche verbindliche Vorgaben zu machen, und dem offenkundigen Ziel, sich als handlungsstarke Aufsichtsbehörde zu präsentieren.
In dem Papier werden Verhaltensrichtlinien für Internet-Versicherungsvergleichsportale aufgestellt, die zwar als nicht rechtlich verbindlich bezeichnet werden, gleichwohl aber deren Einhaltung eingefordert wird. Auch die nationalen Regierungen werden aufgerufen, diese Regeln in ihren Gesetzgebungsverfahren zu berücksichtigen.
Umfassende Transparenz gefordert
In insgesamt sechs Regelungsbereichen werden Hinweise zu einem guten Verhalten zusammengefasst. Diese betreffen die Informationen zur Webseite und ihren Betreibern, Informationen zur Beratungsgrundlage und damit den in den Vergleich einbezogenen Versicherern, den Umgang mit Interessenkonflikten, Regeln zur Erstellung von Versicherungsrankings, der Darstellung der für Verbraucher wichtigen Informationen sowie zur Aktualität der Informationen.
Sollen jegliche Geschäftsbeziehung offenlegen
In einigen Bereichen geht EIOPA allerdings weit über das hinaus, was sowohl die gültige als auch die künftige Vermittlerrichtlinie gemäß dem Vorschlag der EU-Kommission von 2012 (IMD 2) fordern. Beispielsweise verlangt die Behörde, dass Portale jegliche Geschäftsbeziehung zu Versicherungsunternehmen offenlegen, was die in der Regel als Makler zugelassenen Betreiber zu außerordentlich umfangreichen und wettbewerblich auch bedenklichen Offenlegungen zwingt.
Dagegen verlangt die Vermittlerrichtlinie von Maklern lediglich, dass sie bei ihren Empfehlungen eine ausgewogene Marktuntersuchung zugrunde legen. Das deutsche Recht hat daraus die Pflicht zu einer „hinreichenden Anzahl von auf dem Markt angebotenen Versicherungsverträgen und von Versicherern“ gemacht, die ein Makler in seinen Rat einzubeziehen hat (§ 60 Absatz 1 Satz 1 VVG). Eine Information an den Kunden, welche Versicherer das alles sind oder theoretisch sein könnten, wird gerade eben nicht verlangt.
Überzogene Erklärungspflichten
Werden bestimmte Versicherungsprodukte ins virtuelle Schaufenster gestellt und werblich angepriesen, soll der Betreiber genau erklären, warum er diese Produkte ausgewählt hat, und was der Verbraucher unter der Empfehlung zu verstehen hat. Das ist ungefähr so, wie wenn man Einzelhändler verpflichten würde, in ihren Werbeanzeige genau zu erklären, warum sie beispielsweise eine bestimmte Kaffeesorte als Sonderangebot der Woche ausgewählt haben und darauf hinzuweisen, dass trotz dieser Kaufempfehlung Kaffee immer noch für Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen gefährlich sein kann.
Schließlich wird über die Vermittlerrichtlinie hinaus verlangt, Vergleiche nicht ausschließlich nach dem Kriterium Preis, sondern auch nach Leistungen durchzuführen. Auf den ersten Blick erscheint das selbstverständlich, dass nicht der Preis allein entscheidend sein kann. Und die Kritik an Vergleichsportalen ist nachvollziehbar, dass sie möglicherweise den Kunden zu einseitig auf den Preisvergleich hin konditionieren.
Spielt der Wunsch des Kunden keine Rolle mehr?
Doch auf den zweiten Blick wirft das zwei gravierende Fragen auf. Die erste ist, wie denn der Fall zu behandeln ist, wenn ein Kunde genau diesen Wunsch hegt, ein besonders billiges Versicherungsprodukt zu erwerben. Die Vermittlerrichtlinie verpflichtet Vermittler lediglich, die Wünsche und Bedürfnisse der Kunden in den Rat einzubeziehen. Sie sieht keineswegs vor, den Kunden zu zwingen, sich auch gegen seine Wunsch nach anderen als nach den von ihm ausdrücklich gewünschten Kriterien beraten und Produkte empfehlen zu lassen.
Die zweite Frage ist, wer denn definiert, nach welchen Leistungskriterien und wie genau ein Ranking erstellt werden soll. Selbst scheinbar einfache Versicherungsprodukte weisen eine Vielzahl von Leistungskriterien auf, in denen sie sich im Wettbewerb voneinander unterscheiden.
Versicherungen unterscheiden sich nicht nur durch den Preis
Viel sinnvoller wäre es, wenn EIOPA die nationalen Regierungen dazu aufrufen würde, Bemühungen anzustellen und zu verstärken, die Verbraucher aufzuklären und ihnen das notwendige Grundwissen im Umgang mit Versicherungsprodukten zu verschaffen – beispielsweise, dass sich Versicherungen keineswegs nur im Preis voneinander unterscheiden. Und anstatt Versicherungsvermittler zu diskriminieren, einen Provisions-Striptease von ihnen zu verlangen und damit indirekt überhöhte Anschlusskosten an den Pranger zu stellen, müsste vielmehr den Verbrauchern der Wert einer guten Beratung erläutert werden, und dass diese auch gutes Geld kosten muss.
Wenn dann der Verbraucher noch erfährt, woran er eine gute Beratung erkennen und wie er sie von schlechter Beratung unterscheiden kann, darf man es doch wohl dem mündigen Verbraucher selbst überlassen zu entscheiden, was denn seine „Wünsche und Bedürfnisse“ sind.
Bildquelle: EIOPA
Autor(en): Matthias Beenken