„Sie dachte, sie hätte alles richtig gemacht“ – selbst nach der Prokon-Pleite wird weiter Halb- und Unwissen zur Altersvorsorge verbreitet.
Der Aufmacher bei Frank Plasbergs Sendung „hart aber fair“ vergangene Woche war eine Anlegerin des Windenergieanlagen-Unternehmens Prokon, das bei rund 75.000 Anlegern insgesamt 1,4 Milliarden Euro an Genussscheinkapital eingesammelt haben soll. Die Rückzahlung dieser Gelder ist durch die Insolvenz des Unternehmens gefährdet.
Offensichtlicher Widerspruch
Die in der Sendung vorgestellte, geschädigte Anlegerin, eine Kleinselbstständige, „dachte, sie hätte alles richtig gemacht“. Um ihre Rentenlücke zu schließen, so heißt es im Einspieler, habe sie 15.000 Euro bei Prokon angelegt. „Hauptaugenmerk war meine Rente“, so die Aussage. Denn „anders als viele Lebensversicherer versprach das Windanlagenunternehmen bis zu acht Prozent Zinsen im Jahr“. Allein diese Aussage offenbart einen geradezu aufreizend offensichtlichen Widerspruch.
Denn wenn scharf regulierte Lebensversicherer, die zudem über einen Sicherungsfonds gegen den Fall der Insolvenz geschützt sind, derzeit garantiert 1,75 Prozent beziehungsweise einschließlich Schlussüberschuss und Bewertungsreservenbeteiligung rund 4,3 Prozent Gesamtverzinsung im Marktschnitt laut Assekurata bieten, muss es auch dem in Finanzfragen nicht allzu erfahrenen Privatpersonen auffallen, dass ein Renditeversprechen von acht Prozent auffällig hoch ist – und dass es einen Grund dafür geben muss.
Regulierte und grauer Kapitalmarkt zusammengeworfen
Doch in den öffentlich-rechtlichen Medien wird keineswegs daraus der Schluss gezogen, dass die viel gescholtenen Lebensversicherer mit ihren Angeboten vielleicht doch die richtige Wahl sind, soweit es um die Existenzsicherung in der Rentenphase geht. Auf die Frage, wie die Anlegerin das Geld heute anlegen würde, kommt nur Ratlosigkeit zum Ausdruck. Im Gegenteil, die bekennende Versicherungsgegnerin Edda Castello von der Verbraucherzentrale Hamburg darf unwidersprochen Lebens- und Rentenversicherungen in einem Aufwasch mit unregulierten Produkten des grauen Kapitalmarkts als unverständlich und deshalb nicht kaufwürdig abqualifizieren.
Auch ein weiterer Widerspruch wird deutlich. „Gierig“ sei sie nicht gewesen, meinte die exemplarische Anlegerin. Gleichzeitig räumt sie ein, dass es zwar „auch um die Umwelt“, aber doch eigentlich vorrangig um die hohen Zinsen ging. Dies ist auch keinesfalls verwerflich. Aber dass hohe Zinsen auch mit hohem Risiko einhergehen, und dass mit einem solchen Risiko nur Gelder angelegt werden sollten, auf die der Anleger später nicht angewiesen ist, diese Binsenweisheit scheint nach wie vor wenig verbreitet zu sein. Selbst wenn man unterstellt, dass manch ein Geschädigter sich später eigene Fehler in der Beurteilung von Anlagen nicht mehr eingestehen will, muss man feststellen, dass die finanzielle Allgemeinbildung in der Bevölkerung erschreckend schlecht ist.
Mängel in der finanziellen Allgemeinbildung
Bemerkenswert eine weitere Aussage. Die Anlegerin räumt ein, dass sie auf die Anlagemöglichkeit durch eine Postwurfsendung aufmerksam wurde. In der Sendung wird immerhin thematisiert, dass dies nicht unbedingt auf eine übermäßig seriöse Werbeform hindeutet. Daraus aber muss man einen anderen Schluss ziehen: Vielleicht ist es doch richtig, dass entsprechend teuer zu bezahlende Anlage- und Versicherungsvermittler persönliche Beratung und dauerhafte Betreuung anbieten.
Insgesamt bleibt noch viel für die Politik zu tun. Immer neue Produktinformationsblätter und Kostenoffenlegungen nutzen nichts, wenn diese nicht mit Verstand gelesen werden. Die finanzielle Allgemeinbildung muss verbindlich in die Lehrpläne aller Schulformen – hier müssen die Bundesländer tätig werden.
Bildquelle: © Dieter-Schütz /
Der Aufmacher bei Frank Plasbergs Sendung „hart aber fair“ vergangene Woche war eine Anlegerin des Windenergieanlagen-Unternehmens Prokon, das bei rund 75.000 Anlegern insgesamt 1,4 Milliarden Euro an Genussscheinkapital eingesammelt haben soll. Die Rückzahlung dieser Gelder ist durch die Insolvenz des Unternehmens gefährdet.
Offensichtlicher Widerspruch
Die in der Sendung vorgestellte, geschädigte Anlegerin, eine Kleinselbstständige, „dachte, sie hätte alles richtig gemacht“. Um ihre Rentenlücke zu schließen, so heißt es im Einspieler, habe sie 15.000 Euro bei Prokon angelegt. „Hauptaugenmerk war meine Rente“, so die Aussage. Denn „anders als viele Lebensversicherer versprach das Windanlagenunternehmen bis zu acht Prozent Zinsen im Jahr“. Allein diese Aussage offenbart einen geradezu aufreizend offensichtlichen Widerspruch.
Denn wenn scharf regulierte Lebensversicherer, die zudem über einen Sicherungsfonds gegen den Fall der Insolvenz geschützt sind, derzeit garantiert 1,75 Prozent beziehungsweise einschließlich Schlussüberschuss und Bewertungsreservenbeteiligung rund 4,3 Prozent Gesamtverzinsung im Marktschnitt laut Assekurata bieten, muss es auch dem in Finanzfragen nicht allzu erfahrenen Privatpersonen auffallen, dass ein Renditeversprechen von acht Prozent auffällig hoch ist – und dass es einen Grund dafür geben muss.
Regulierte und grauer Kapitalmarkt zusammengeworfen
Doch in den öffentlich-rechtlichen Medien wird keineswegs daraus der Schluss gezogen, dass die viel gescholtenen Lebensversicherer mit ihren Angeboten vielleicht doch die richtige Wahl sind, soweit es um die Existenzsicherung in der Rentenphase geht. Auf die Frage, wie die Anlegerin das Geld heute anlegen würde, kommt nur Ratlosigkeit zum Ausdruck. Im Gegenteil, die bekennende Versicherungsgegnerin Edda Castello von der Verbraucherzentrale Hamburg darf unwidersprochen Lebens- und Rentenversicherungen in einem Aufwasch mit unregulierten Produkten des grauen Kapitalmarkts als unverständlich und deshalb nicht kaufwürdig abqualifizieren.
Auch ein weiterer Widerspruch wird deutlich. „Gierig“ sei sie nicht gewesen, meinte die exemplarische Anlegerin. Gleichzeitig räumt sie ein, dass es zwar „auch um die Umwelt“, aber doch eigentlich vorrangig um die hohen Zinsen ging. Dies ist auch keinesfalls verwerflich. Aber dass hohe Zinsen auch mit hohem Risiko einhergehen, und dass mit einem solchen Risiko nur Gelder angelegt werden sollten, auf die der Anleger später nicht angewiesen ist, diese Binsenweisheit scheint nach wie vor wenig verbreitet zu sein. Selbst wenn man unterstellt, dass manch ein Geschädigter sich später eigene Fehler in der Beurteilung von Anlagen nicht mehr eingestehen will, muss man feststellen, dass die finanzielle Allgemeinbildung in der Bevölkerung erschreckend schlecht ist.
Mängel in der finanziellen Allgemeinbildung
Bemerkenswert eine weitere Aussage. Die Anlegerin räumt ein, dass sie auf die Anlagemöglichkeit durch eine Postwurfsendung aufmerksam wurde. In der Sendung wird immerhin thematisiert, dass dies nicht unbedingt auf eine übermäßig seriöse Werbeform hindeutet. Daraus aber muss man einen anderen Schluss ziehen: Vielleicht ist es doch richtig, dass entsprechend teuer zu bezahlende Anlage- und Versicherungsvermittler persönliche Beratung und dauerhafte Betreuung anbieten.
Insgesamt bleibt noch viel für die Politik zu tun. Immer neue Produktinformationsblätter und Kostenoffenlegungen nutzen nichts, wenn diese nicht mit Verstand gelesen werden. Die finanzielle Allgemeinbildung muss verbindlich in die Lehrpläne aller Schulformen – hier müssen die Bundesländer tätig werden.
Bildquelle: © Dieter-Schütz /
Autor(en): Matthias Beenken