Michael H. Heinz, Präsident des Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute (BVK), über die Themen 2022, ob das Jahr Versicherungsvermittler gute Chancen eröffnet und wie der Kontakt zu der neuen Bundesregierung aufgebaut werden soll.
Herr Heinz, lassen Sie uns positiv einsteigen. Welche Chancen wird 2022 für Versicherungsvermittler bereithalten?
Es ist eine Herausforderung, von Chancen zu sprechen. Das Positivste ist der Erhalt des dualen Gesundheitssystems unter der neuen Regierung. Ansonsten haben wir viele schwere Aufgaben vor uns. Es kommen Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt auf uns zu. Damit einher gehen möglicherweise Arbeitslosigkeit und die daraus folgende geringere Kaufbereitschaft für Versicherungen. Aus Brüssel steht die Evaluierung der Vermittlerrichtlinie IDD an. An den niedrigen Zinsen wird sich nichts ändern. Ein großes Thema für die Branche wird freilich die Reform der privaten Altersvorsorge sein, die die neuen Regierungsparteien anstreben. Und man wird wieder über die Förderung der Honorarberatung und über die gesetzliche Regulierung von Provisionen reden. Wobei der BVK hier angesichts der Tatsache, dass der Provisionsdeckel nicht im Koalitionsvertrag steht, vorsichtig optimistisch ist. Allerdings hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht das Thema auch auf dem Zettel.
Was dürfen Vermittler 2022 vom BVK erwarten?
Der BVK ist gut aufgestellt und bleibt im Gespräch mit der Politik. Wir sind keine Reformgegner. Es gibt so viele spannende Themen, etwa die Zukunft der Vertriebswege oder der einheitliche Datenaustausch zwischen Versicherern und Maklern. Aber ein brutaler Kahlschlag – Riester abschaffen und Vermittler über einen Provisionsdeckel womöglich gleich mit dazu – hilft doch keinem.
Wie bringen Sie sich bei der neuen Bundesregierung in Position?
In der neuen Bundesregierung suchen wir uns unsere neuen Gesprächspartner in den Ausschüssen Verbraucherschutz, Finanzen und Wirtschaft. Wie nach jeder Wahl muss sich das nun erneut aufbauen. Außerdem müssen wir sehen, was aus Brüssel kommt. Dort werden wir künftig besser als andere aufgestellt sein, weil wir noch 2021 als erster Vermittlerverband ein eigenes Büro eröffnen. Wir werden es mit dem Team aus unserem Bonner Verbändehaus betreiben. Kontakte und Verbindungen nach Brüssel haben wir schon länger. Wir sind zum Beispiel größter Angehöriger des europäischen Vermittlerverbands Bipar.
Aber es ist ein Unterschied, ob unsere Mitarbeiter im Rahmen der Kommissionsarbeit zwei-, dreimal im Jahr für einen Tag in Brüssel sind oder ob jede Woche ein Kollege ein, zwei Tage vor Ort ist und Gesprächspartner im Büro empfangen oder für ein Treffen ins Parlament hinübergehen kann. 2022 wird Nachhaltigkeit erneut ein großes Thema sein.
Wie positioniert sich der BVK in diesem Zusammenhang?
Nachhaltigkeit haben wir eigeninitiativ als Schwerpunktthema aufgenommen. Wir wollen dem Globalen Pakt der Vereinten Nationen, im Englischen UN Global Compact, beitreten. Den Aufnahmeantrag haben wir im Mai 2021 gestellt und warten noch auf Antwort. Unseren Mitgliedern bieten wir über unsere Bildungsakademie Seminare und Workshops zur Nachhaltigkeit von Vermittlerbetrieben an. Die Standardentwicklung zum Beispiel kann der einzelne Betrieb allein kaum leisten. Deshalb haben wir zwölf Kriterien entwickelt, beispielsweise für die Handlungsfelder Strategie, Unternehmensführung, Ökologie und Soziales, und zu einem Paket geschnürt. Damit können unsere Mitglieder „Nachhaltiger Vermittlerbetrieb“ werden und damit werben.
Können sich Vermittler dem Thema entziehen?
Nein. Auf Investoren, unter anderem die Versicherer, entsteht immer mehr Druck zu einer nachhaltigen Anlagepolitik und Zeichnung. Somit kann das Thema auch Vermittlern nicht egal sein. Es kann passieren, dass sie bestimmte Kunden wie Kohlekraftwerke, vielleicht auch Tankstellen, nicht mehr bedienen können, weil sie keinen Versicherer mehr dafür finden. Hier befinden wir Vermittler uns im Geleitzug des Gesetzgebers und der Investoren, sprich der Versicherer. Der BVK macht daraus eine eigene Kampagne und befindet sich damit vor der Welle. Wir sind aber auch kritisch, wenn das Thema, so geschehen bei der EU-Transparenzverordnung, zu viel Bürokratie auslöst. Denn dann leidet die Akzeptanz unter den Vermittlern.
Das Interview führte Stefanie Hüthig.
Unser Lesetipp für Sie
In der Januar-Ausgabe von Versicherungsmagazin können Sie das vollständige Interview mit Miachel H. Heinz lesen.
Autor(en): Stefanie Hüthig