E-Call-Mehrwertdienste: Kunden wollen über Daten selbst entscheiden

Die meisten Autofahrer möchten Daten über die Nutzung und en Zustand ihres Autos nicht an Versicherer oder Kfz-Hersteller weitergeben. Das eht aus einer Studie des Instituts für Versicherungswesen hervor, den das von der Huk-Coburg getragene Goslar Institut in Auftrag gegeben hat.

Anlass der Studie ist, dass ab 2015 alle Neuwagen mit dem Notrettungssystem E-Call ausgestattet werden und damit gleichzeitig Mehrwertonlinedienste möglich werden. Daten zur Fahrzeugnutzung möchte die überragende Mehrheit der über 1.000 befragten Autofahrer grundsätzlich nicht herausgeben. 82 Prozent der Autofahrer wollen nicht, dass Kfz-Hersteller darüber informiert werden, wie sie ihr Fahrzeug nutzen. Auch die Polizei soll nach Meinung von 81 Prozent der Befragten diese Daten nicht erhalten.

Fahrdaten auch nicht an die Familie weiterleiten
Ähnlich restriktiv äußerten sich die Kunden hinsichtlich eines Zugriffs von Pannendiensten (80 Prozent) oder von
Versicherern (79 Prozent). Selbst Freunden und Familie möchte man solche Daten nicht zukommen lassen. Hier liegt die Quote der Ablehner sogar bei 87 Prozent. Etwas großzügiger sind die Autofahrer wenn es um den Betriebszustand ihres Autos geht. Hier wären immerhin 45 Prozent der Kunden einverstanden, wenn ihre selbst gewählte Werkstatt solche Informationen übermittelt bekommt. Vorteil: Droht etwa die Batterie zu schwächeln oder sind die Bremsen abgenutzt, kann die Werkstatt den Kunden schon vorab informieren und somit ein Liegenbleiben oder gar einen Unfall verhindern.

Fahrzeuglenker Selbstbestimmung sehr wichtig
Gegen E-Call, also eine automatische Notfallmeldung haben die Autofahrer keine Einwände. Hier sind 84 Prozent damit
einverstanden, dass automatisch eine Meldung an Rettungsdienste versandt wird. Auch die Polizei darf nach Meinung der meisten Autofahrer (74 Prozent) informiert werden. Das gleiche gilt für Pannendienste (63). Insgesamt sagten 75 Prozent der Autofahrer, das sie allein bestimmen möchten, wer ihre Fahrzeug-Nutzungsdaten erhält.

Die Wissenschaftler befürchten aber dass es zwischen persönlicher Einstellung und der Praxis oft zu einem Widerspruch kommt. So stellten sie in der gleichen Untersuchung fest, dass 54 Prozent der Autofahrer Rabattkartensysteme nutzen und so ihr Einkaufsverhalten preisgeben oder 46 Prozent sensible Personendaten in sozialen Netzwerken veröffentlichen. "Es ist daher durchaus möglich, dass viele Autofahrer trotz großen Unbehagens später auch Mehrwertdienste nutzen werden, weil sie einfach praktisch sind", prognostizierte Studien-Autor Professor Horst Müller Peters.

Angst vor Datenmonopol der Kfz-Hersteller
Daher tobt hinter den Kulissen weiterhin ein heftiger Streit um die Frage, wer später Zugriff auf die Daten der Autofahrer erhält, wenn ab 2015 alle Neuwagen mit dem automatischen Notrettungssystem E-Call ausgestattet werden. "Mit E-Call erhalten die Autohersteller eine Standleitung ins Fahrzeug, der ihnen hinsichtlich zusätzlicher Mehrwertdienste einen erheblichen Wettbewerbsvorteil verschafft", kritisierte Klaus-Jürgen Heitmann, Vorstand der HUK-Coburg auf einer Diskussion am Rande des Verkehrsgerichtstags in Goslar. In Premiumfahrzeugen wie Mercedes, BMW oder Audi gibt es ein solche, selbst entwickelte Notrufsysteme schon heute.

Kfz-Hersteller sollen gesetzlich verpflichtet werden
Während der automatische Notruf bei schweren Unfällen an die Rettungsdienste geht, haben Autohersteller, Autoclubs und Versicherer hohes Interesse daran, bei Pannen und Blechschäden als erste informiert zu werden. "Wer zuerst die
Information bekommt, erhält einen deutlichen Wettbewerbsvorteil“, so Heitmann. Daher plädieren Versicherer und Autoclubs dafür, dass Kfz-Hersteller per Gesetz dazu verpflichtet werden, allen Interessenten den Zugang zu den Daten der Autofahrer zu gewähren, falls die Autobesitzer einverstanden sind. Autofahrer, die ihrem Versicherer Zugriff auf die Fahrzeugnutzung gewähren, könnten wahrscheinlich günstigere Versicherungsprämien bekommen, wenn sie besonders regeltreu fahren.

"Dann müssen die Datenschutzgesetze aber vorsehen, dass ein Zugriff immer der Zustimmung des Autohalters bedarf und diese auch wieder zurückgenommen werden kann", forderte Rechtsanwalt Thomas Funke von der Kanzlei Osborne und Clarke aus Köln.

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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