D&O-Schadenquote kann Preise nach oben treiben

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Die Director's and Officer’s Liability Insurance (D&O) ist ein wichtiger Schutz für Führungskräfte. Die Leistungen sind 2020 stärker gestiegen als die Beiträge. Dies Ergebnis liefern neue Zahlen des Gesamtverbands der Versicherungswirtschaft (GDV).

Die Versicherer haben im vergangenen Jahr in der Manager-Haftpflicht deutlich mehr Schadenzahlungen geleistet als im Vorjahr. Diesen Trend kommentiert GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen so: „Die Schäden in der D&O-Versicherung steigen schneller als die Beitragseinnahmen. Während die Beiträge um gut neun Prozent auf 335 Millionen Euro stiegen, wuchsen die Leistungen um 14 Prozent. Unter dem Strich stehen erhebliche Verluste, die sich aus den immer größeren Haftungsrisiken für Managerinnen und Manager ergeben“.

Die Schadenquote nach Abwicklung betrug nach Analyse des Verbandes 110 Prozent. Somit lagen die Bruttoaufwendungen für Versicherungsfälle nach Abwicklung deutlich über den verdienten Bruttobeiträgen.

Auch beim Thema Compliance wächst das Pflichtenheft für Manager

 „Nach einer Insolvenz sind Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer sowie Vorstände nicht selten mit Forderungen in Millionenhöhe konfrontiert“, erläutert Asmussen die Lage. In den vergangenen Jahren sind die Pflichten für Manager auch finanziell gesunder Unternehmen immer stärker angestiegen: „Auch beim Thema Compliance wächst das Pflichtenheft für Managerinnen und Manager weiter: Die nächsten Kapitel sind das Lieferkettengesetz sowie die Verpflichtung aller Unternehmen ab 50 Beschäftigten ein Hinweisgebersystem einzurichten.“

Kritisiert mangelnde Transparenz der Zahlen

Das Unternehmen Finlex, eine digitale Plattform für Gewerbe- und Industrieversicherungen, kann die festgestellte Tendenz des GDV aus der eigenen Schaden- und Eindeckungspraxis zwar grundsätzlich bestätigen, mahnt aber Versicherer, auf diese Entwicklung nicht zu überreagieren.

Weiter ist Finlex der Ansicht, dass die Zahlen des GDV jedoch nicht für volle Transparenz sorgten, da sich nur 32 von circa 45 Versicherern, die Mitglied im GDV sind, an den D&O-Statistiken beteiligen würden. Das genannte Prämienvolumen von 335 Millionen Euro schätzt Sebastian Klapper, Geschäftsführer von Finlex, für den deutschen Markt daher erheblich höher ein: „Wir sehen, dass insbesondere bei großen Industrieplatzierungen deutscher Unternehmen vermehrt auf Kapazitäten bei Lloyds oder bei europäischen Versicherern, die nicht an den GDV melden, zurückgriffen wird. Wir gehen daher von einem Prämienvolumen von circa 700 Millionen Euro aus.“

 

 

 

Regulatorische Vorgaben und Compliance-Anforderungen steigen

Nach Ansicht von Finlex ist die Verantwortung der Manager:innen, ihr Unternehmen durch Zeiten einer veränderterer Risikolandschaft (unter anderem Umsatzeinbruch in Folge der Pandemie) zu navigieren, höher denn je. Zugleich stiegen die regulatorischen Vorgaben und Compliance-Anforderungen. Ein Beispiel dafür seien die neu entstehenden Haftungsrisiken des Lieferkettengesetzes. Aus diesem Spannungsfeld ergäben sich weiterhin hohe Schadenzahlen und führten zu unverändert schlechten Schaden-Kosten-Quoten in der D&O-Sparte einiger Versicherer.

Eine kurzfristige Entspannung der Schadenstatistik ist nicht zu erwarten. Trotz der noch ausgebliebenen Insolvenzwelle infolge der Corona-Krise gäbe es einen Zuwachs von Inanspruchnahmen durch Insolvenzverwalter, die ehemaligen Manager:innen auf Grundlage des neuen § 15b InsO vorwerfen, Zahlungen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder Feststellung ihrer Überschuldung geleistet zu hätten.

Möglicher Vorwurf: Auf das Pandemierisiko nicht angemessen reagiert

Es sei damit zu rechnen, dass derartige Inanspruchnahmen künftig vermehrt auftreten würden, wenn der prognostizierte Anstieg von Unternehmensinsolvenzen – wenn auch mit Verzögerung – eintrete. Denkbar sei auch, dass es nun zunehmend Fälle gebe, bei denen Manager:innen vorgeworfen werde, dem Pandemierisiko nicht angemessen begegnet zu sein.

Die Corona-Krise habe erhebliche Haftungsrisiken hervorgebracht, die die Manager vor große Herausforderungen stellen, Entscheidungen frei von Pflichtverletzungen zu treffen. Mit wiederkehrender Normalität würden die Pflichtverstöße nun allmählich zutagetreten und diesbezügliche Inanspruchnahmen zur Folge haben, prognostiziert das Unternehmen.

Hohe Schadenquoten wirken sich negativ auf die Höhe der Prämie aus

Die hohen Schadenquoten würden sich nachvollziehbar negativ auf die Höhe der Prämie auswirken. „Bereits bei Verträgen, die eine Fälligkeit im Januar 2021 hatten, haben wir festgestellt, dass circa 85 Prozent der Verträge mit einer erhöhten Prämie verlängert wurden. Die durchschnittliche Prämienerhöhung lag – über alle Versicherer hinweg – bei zehn bis 15 Prozent im Mittelstandsgeschäft beziehungsweise bei Plattformverträgen,“ analysiert Florian Eckstein, Insurer Management Expert bei Finlex, die Situation.

Individuelle Prämienerhöhungen sieht Eckstein auch künftig bei nahezu allen Versicherern: „Je nach Segment prognostizieren wir für das Jahr 2022 reine Prämienerhöhungen - losgelöst von Risikoveränderungen  von +5 bis +20 Prozent. Bei schlechtem Geschäftsverlauf oder negativer Risikoprüfung sind vereinzelt höhere Anpassungen möglich.“

Quellen: GDV, Finlex

 

Autor(en): versicherungsmagazin.de

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