Insurtechs büßen im Pandemie-Jahr 2020 wenig an ihrer Attraktivität für Investoren ein. Wie das quartalsweise veröffentlichte Insurtech-Briefing der Versicherungsberatung Willis Towers Watson für das dritte Quartal belegt, beliefen sich die Investitionen auf 2,5 Milliarden US-Dollar aus 104 Transaktionen.
Gemessen am Vorquartal verbesserte sich das Investitionsvolumen um 63 Prozent, die Zahl der einhergehenden Transaktionen um 41 Prozent. „Damit“, kommentiert Michael Klüttgens, Leiter der bei Willis Towers Watson Deutschland, die Auswertung, „hat die weltweite Finanzierungsaktivität nach dem Covid-19-bedingten Rückgang im ersten Quartal bereits ein halbes Jahr später einen neuen Höchststand erreicht.“ Die aktuellen Zahlen unterstrichen, dass Investoren trotz der pandemiebedingten Umwälzungen großes Wachstumspotenzial für Insurtechs erkennen.
Fokus der Finanzierungsaktivitäten auf Früh- und Spätphase
Die hohe Gesamtsumme kam maßgeblich über sechs Großinvestitionen zustande: drunter flossen Investitionen von jeweils 100 Millionen US-Dollar an Insurtechs, zwei Transaktionen beliefen sich sogar auf 500 Millionen. Niki Winter, Director und Digitalisierungsexperte bei Willis Towers Watson in Deutschland, beobachtet, dass sich Investoren einerseits auf reife Insurtechs konzentrieren, bei denen die Entwicklung und die Kapitalbedürfnisse bereits vorgezeichnet seien, woraus sich dementsprechend höhere Finanzierungsrunden ergäben.
Daneben sei aber ebenfalls ein Anstieg der Anzahl von Investitionen von 74 auf 104 zu beobachten gewesen. Auffällig sei hier die Zunahme der Early Stage-Finanzierungen. Vergleichsweise kleinere Investitionen machten 57 Prozent des gesamten Transaktionsaufkommens aus.
Versicherer setzen mit Investitionen auf technologische Wertschöpfung
Während sich jedoch die Investitionslust im Early Stage- und dem Later Stage-Segment positiv entwickle, erläutert Winter, verzeichne der mittlere Investitionsbereich zwischen 20 und 50 Millionen US-Dollar eine rückläufige Tendenz. „Zu dieser Polarisierung bei den Finanzierungen kommt eine ähnliche Polarisierung bei den Investoren hinzu: Während sich vor allem Venture Capital- und Private Equity-Gesellschaften in Early-Stage-Phasen engagieren, fokussieren sich die (Rück)Versicherer primär auf Later Stage-Finanzierungen. Letztere wählen ausgereifte Technologien gezielt aus, um ihre eigene Wertschöpfungskette zu ergänzen oder ihre technologische Weiterentwicklung zu beschleunigen.“
Anteilig betrachtet brachen mittelgroße Deals im dritten Quartal um neun Prozent ein und stellten 14 Prozent der Gesamtzahl aller Transaktionen. Für Insurtechs, die ihre Lösungen noch zur Marktreife bringen müssten, sei diese Situation nicht unproblematisch. Ihnen fehle dadurch der benötigte Schub in dieser Phase, so Winter weiter.
Heruntergebrochen auf Deutschland ergibt sich ein ähnliches Bild wie in der internationalen Betrachtung. Zwar vollzogen sich im dritten Quartal keine Mega-Deals, doch flossen fünf Prozent aller weltweiten Transaktionen in deutsche Insurtechs. In den vergangenen Jahren lag deren Anteil noch bei vier Prozent.
Autor(en): Swantje Francke