Politisch verordnet müssen sich die Sozialversicherungen mit den Beiträgen bescheiden. Doch die Geschichte der Beitragssätze verheißt nichts Gutes über das Jahr 2010 hinaus.
Es ist nicht vertretbar, dass die zukünftigen Aktiven für die gleichen Rentenzahlungen bis zum Doppelten dessen aufwenden, was heute notwendig ist, aber auch nicht vertretbar, dass sie für den gleichen Aufwand wie heute nur noch die Hälfte der heutigen Leistungen erhalten. Dieser Satz stammt aus dem Jahr 1957, könnte aber sinngemäß aus der Rentenreformdebatte 2009 stammen. Vor 53 Jahren war die gesetzliche Rentenversicherung vom Kapitaldeckungsprinzip auf die Umlagefinanzierung umgestellt worden.
Effizienz nachhaltig nicht verbessert
Alle weiteren Reformen haben es nicht vermocht, die Effizienz nachhaltig zu verbessern, im Gegenteil: Ein Durchschnittsverdiener benötigt heute 28 Beitragsjahre, um mit der daraus resultierenden Nettorente seinen Grundsicherungsbedarf von 664 Euro im Monat zu decken. Wegen beschlossener Rentenniveausenkung würde er im Jahre 2030 sogar sechs Jahre mehr einzahlen müssen. Wer im Alter auf 75 Prozent des Durchschnittsentgelts kommen will, benötigt heute gut 37 Jahre Einzahlung, 2030 sind es schon 45 Jahre. Ähnlich harte Fakten stehen in dem Gutachten „Alles Riester? Die Umsetzung der Förderidee in der Praxis", das Professor Dr. Andreas Oehler von der Universität Bamberg Ende 2009 im Auftrag des Verbraucherzentrale-Bundesverbandes (vzbv) vorgelegt hat.
Es befasst sich auch mit Chancen und Risiken der gesetzlichen Rentenversicherung und kommt zu dem Schluss: Demografie, Arbeitsmarkt und Art der Erwerbstätigkeit müssen immer stärker berücksichtigt werden. Strategisch ist es jedoch nicht gelungen, eine Rentenformel durchzusetzen, die weder zu hohe Leistungskürzungen noch zu hohe Beitragssprünge verhindert. Und die Beitragssprünge der Sozialversicherung seit 1957 sind enorm (siehe Tabelle).
Jahr | Rente | Kranken | Arbeitslosen | Gesamt |
1957 | 14,0 | 7,8 | 2,0 | 23,8 |
1960 | 14,0 | 8,4 | 2,0 | 24,4 |
1970 | 17,0 | 8,2 | 1,3 | 26,5 |
1975 | 18,0 | 10,5 | 2,0 | 30,5 |
1980 | 18,0 | 11,4 | 3,0 | 32,4 |
1990 | 18,7 | 12,78 | 4,3 | 35,78 |
1997 | 20,3 | 13,58 | 6,5 | 42,081 |
2005 | 19,5 | 13,73 | 6,5 | 41,431 |
2010 | 19,9 | 14,9 | 2,8 | 39,011 |
1seit 1995 samt Pflege
Durch zusätzliche Verschuldung auch im Jahr 2010 ist es vorübergehend gelungen, die Sätze kurzfristig optisch niedrig zu halten. Doch schon 2011 ist der Anstieg des Beitragssatzes in der Arbeitslosenversicherung von 2,8 auf 4,8 Prozent beschlossene Sache. Auch die gesetzliche Krankenversicherung dürfte dann mindestens wieder auf den Satz von 15,5 Prozent klettern, den sie schon 2009 innehatte.
Absenkung des Versorgungsniveaus soll erträglich bleiben
Dennoch bleibt die gesetzliche Rentenversicherung das wesentliche Standbein der künftigen Altersvorsorge, meint Professor Oehler. Mit der Ergänzung durch staatliche Riester-Förderung sollen Bürger auf eigene Kosten dafür sorgen, dass die Absenkung des Versorgungsniveaus erträglich bleibt. Dies werde erreicht, wenn gesetzliche und Riester-Rente zusammen rund 50 Prozent des früheren Einkommens vor Steuern erreichen. Wer nicht freiwillig mitmacht, wird allenfalls auf 43 Prozent kommen.
Foto: Oliver Weber/
Autor(en): Detlef Pohl, Versicherungsmagazin.de