In diesem Jahr nehmen in mehreren Bundesländern neue Teststrecken für das automatisierte Fahren ihren Betrieb auf. Während das erste digitale Testfeld zwischen Nürnberg und München auf die Autobahn A9 beschränkt war, sollen die neuen Strecken auch Fahrten auf Landstraßen und im Stadtverkehr ermöglichen.
Nach Informationen des Goslar Instituts wird es noch in diesem Jahr mehrere Vorhaben zum autonomen Fahren in Innenstädten und automatisiert fahrende Busse geben sowie eine grenzüberschreitende Teststrecke für vernetztes und automatisiertes Fahren zwischen Deutschland und Frankreich.
Fahrer vernetzter Autos sollen Kontrolle über ihre Daten erhalten
Bei diesen Testprojekten fallen Daten der vernetzten und automatisierten Autos an. Diese werden von den beteiligten Autoherstellern, Zulieferern und Wissenschaftlern gesammelt und genutzt. Dabei gehören diese Daten jedoch grundsätzlich nicht den Autoherstellern, sondern in die Hände der Autofahrer und Fahrzeughalter, wie der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) betont. Deshalb setzt sich die Versicherungswirtschaft auch dafür ein, dass die Fahrer vernetzter Autos die Kontrolle über ihre Daten bekommen. Denn die Fahrzeugnutzer sollen frei entscheiden können, ob, wann und wem sie welche Daten überlassen oder welche Daten sie wann und von wem empfangen wollen, lautet die Forderung dieser Organisationen.
Nicht zu rechtfertigender Wettbewerbsvorsprung befürchtet
Um in diesem neuen Mobilitätsbereich auch einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten, wollen auch Dienstleister wie Automobilclubs oder eben die Versicherer die Möglichkeit eines direkten Zugangs zu den Daten der autonomen Fahrzeuge eingeräumt bekommen. Bliebe dieser Zugang lediglich den Autoherstellern vorbehalten, würde ihnen ein nicht zu rechtfertigender Wettbewerbsvorsprung bei den modernen und zukünftigen Mobilitätsdienstleistungen verschafft, kritisieren die anderen Branchenbeteiligten. Darunter würden auch die Autobesitzer leiden.
Die neuen Teststrecken für automatisiertes Fahren werden in diesem Jahr unter anderem in Baden-Württemberg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen in Betrieb genommen. So entsteht das mit 280 Kilometern längste zusammenhängende Testfeld für automatisiertes Fahren derzeit in Niedersachsen in der Region zwischen Hannover, Wolfsburg, Braunschweig und Salzgitter. Derweil wird zwischen Saarbrücken und Merzig im Saarland, der französischen Stadt Metz und Bettemburg in Luxemburg eine grenzüberschreitende Teststrecke für vernetztes und automatisiertes Fahren eingerichtet, bei der es unter anderem darum gehen soll, ein reibungsloses Funktionieren der Kommunikation zwischen Fahrzeugen untereinander und mit der Infrastruktur auch jenseits der jeweiligen Landesgrenzen zu erproben.
Fahrerloser Elektro-Kleinbus bald auf Sylt im Einsatz
Eins von mehreren Projekten zum autonomen Fahren in Innenstädten beginnt in diesem Jahr in Düsseldorf. Außerdem sollen in Hamburg 2018 die Teilabschnitte gleich mehrerer Strecken zum automatisierten und vernetzten Fahren freigegeben werden, auf denen der Betrieb von bis zu zehn elektrisch angetriebenen Pkw und Mini-Bussen geplant ist. Und auf Sylt will die örtliche Verkehrsgesellschaft ab Sommer 2018 einen fahrerlosen Elektro-Kleinbus testen.
Autonomes Fahren war auch auf 4. Internationalen ATZ-Fachtagung „Automatisiertes Fahren“ das alles bestimmende Thema.
„Nicht ganz so euphorisch, was die neuen Technologien anbelangt, zeigte sich Jan-Hendrik Wolf, Berater Produktentwicklung Kfz bei der R+V Allgemeine Versicherung AG. Auf der Wiesbadener Tagung lieferte er kritische Betrachtungen eines „technisch vorbelasteten Juristen aus der Versicherungsbranche“, wie er sich selbst titulierte. Und in seinem Vortrag unterzog er das automatisierte und autonome Fahren einem Faktencheck unter der Überschrift „Abschied vom Lenkrad“ – aber mit einem Fragezeichen. Grundsätzlich glaubt er daran, dass automatisiertes Fahren Technologien, Gewohnheiten und Verkehrsszenarien zu revolutionieren vermag. Ein versicherungstechnischer Paradigmenwechsel ist seiner Ansicht nach aber dennoch nicht in Sicht. Denn er kann sich nicht vorstellen, dass es „je eine vollständige Automatisierung des Individualverkehrs geben wird“.
Besonders wichtig ist ihm auch die Feststellung, dass „vollautonomes Fahren rechtlich nicht zulässig ist. Der Satz tut weh, ist aber genau so richtig“. Denn der Fahrer muss jederzeit die Möglichkeit und die Fähigkeit besitzen, das Lenkrad und somit die Führung des Autos zu übernehmen. Erlaubt ist eben bislang nur eine „temporare Übertragung einzelner Fahraufgaben an Fahrerassistenz-Systeme“. Eine Situation, die sich seiner Ansicht nach auch in den nächsten zehn Jahren nicht gravierend andern wird.“
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Quellen: Goslar Institut, Meris Neininger
Autor(en): Meris Neininger