Dioxin: Landwirte gehen wohl leer aus

Vom Futtermittel-Skandal betroffene Landwirte werden aller Wahrscheinlichkeit nach, keinen Schadenersatz bekommen. Fast 5.000 Betriebe wurden zeitweilig behördlich geschlossen, nachdem mit Dioxin verseuchtes Tierfutter gefunden wurde. Ursächlich für die Verunreinigung sind belastete Fettlieferungen der Firma Harles und Jentzsch in Uetersen aus Schleswig-Holstein.

"Wir müssen die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft abwarten, bevor wir zu unserer Leistungspflicht Stellung nehmen können", heißt es bei der Westfälischen Provinzial in Münster. Die Assekuranz ist mit einem kleinen Anteil von unter zehn Prozent am Haftpflichtkonsortium der Firma Harles und Jentzsch beteiligt. Über die Höhe des Haftpflichtversicherungssschutzes möchte die Westfälische Provinzial derzeit keine Angaben machen. Nach Schätzungen von Experten könnte der Schutz im einstelligen Millionenbereich liegen, denn die Versicherer wären aufgrund früherer Lebensmittelskandale hier mit sehr geringen Summen unterwegs, so ein mittelständischer Versicherungsmakler.

Aller Wahrscheinlichkeit nach wird aber das Haftpflichtkonsortium die Verluste der Landwirte sowieso nicht entschädigen. "Bei vorsätzlichem Handeln sind wir leistungsfrei", bestätigt die Westfälische Provinzial. In diesem Fall müsste das Unternehmen die Schäden selbst bezahlen. Angesichts von Einbußen zwischen 20.000 und 30.000 Euro pro Woche und landwirtschaftlichem Betrieb, so eine Schätzung des Deutschen Bauernverbandes, ist es sehr fraglich, ob der Fettverarbeiter dies leisten kann.


Produkthaftpflicht: Beweis des Verschuldens notwendig
Schwierig könnte es für Landwirte auch werden, von ihren direkten Futtermittellieferanten eine Entschädigung zu erhalten. Laut der R+V Versicherung aus Wiesbaden müssen Futtermittelhersteller, die mit Dioxin verseuchte Fette zur Weiterverarbeitung von der Firma Harles und Jentzsch aus Uetersen bezogen haben, nur dann haften, wenn sie ihre Kontrollpflichten nicht erfüllt haben. "Nicht jede Charge kann aber geprüft werden. Es müssen lediglich regelmäßige Stichproben genommen werden", heißt es bei der R+V. Kann dem Futtermittelhersteller kein Verstoß gegen Recht und Gesetz nachgewiesen werden, brauchen auch die Versicherer, die in der Regel für diese Betriebe eine Produkthaftpflichtversicherung eingedeckt haben, nicht zu zahlen. Sie wehren sogar Ansprüche für ihre Kunden ab - notfalls sogar vor Gericht. Eine Entschädigung können die betroffenen Landwirte auch nicht von den staatlichen Tierseuchenkassen erwarten. Sie leisten nur bei Tierseuchen.


Nur Milchkühe versicherbar
Auch die private Tierertragsausfall-Versicherung trägt Schäden durch verunreinigtes Futter meistens nicht. Bei großen landwirtschaftlichen Versicherern, wie der Uelzener oder der LVM aus Münster, sind nur Schäden durch Tierseuchen oder Unfälle abgedeckt. Allein die R+V Versicherung sowie deren Tochter die Vereinigte Tierversicherung (VTV) tragen Schäden durch kontaminiertes Tierfutter, also auch Ertragsausfälle durch die aktuellen Betriebsschließungen. Dies gilt aber nur für Milchkühe. Schweine- und Geflügelzüchter können sich bisher gegen verseuchte Tiernahrung nicht schützen. "Wir gehen davon aus, dass Milch erzeugenden Betriebe fast gar nicht vom aktuellen Futtermittelskandal betroffen sind", heißt es bei der R+V. Üblich ist zudem eine hohe Selbstbeteiligung. In der Regel zahlt die Versicherung erst nach zwei bis drei Wochen Ertragsausfall. Versichert sind somit nur existenzielle Schäden. Die Selbstbeteiligung bezieht sich auf das ganze Jahr. Daher kann sie auch durch mehrere Schäden überschritten werden.

Bild: © K.T./

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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