31 Prozent der Banken in Deutschland wollen in den kommenden drei Jahren verstärkt bankfremde Dienstleistungen anbieten. Das ergibt jedenfalls die Studie „Branchenkompass Banking 2019“ Sopra Steria Consulting.
Einige große und mittlere Banken wollen beispielsweise wieder die Verwaltung und die Vermittlung von Versicherungen in ihr Portfolio aufnehmen. Das lange verschmähte Allfinanz-Geschäft soll so reaktiviert werden. Treiber für die Wiederbelebung sind die Suche nach neuen Ertragsquellen und erhöhte Renditeaussichten durch die Digitalisierung.
Kosten der Banken steigen schneller als ihre Erträge
Die Rückkehr zur Allfinanz-Strategie hat aus Sicht der Banken mehrere Gründe. Indem Banken als Vertriebskanal für Versicherer fungieren, können sie mit den Provisionen ihre rückläufigen Erträge in anderen Geschäftszweigen zumindest in Teilen kompensieren. Die Kosten der Banken in Deutschland steigen schneller als die Erträge, vor allem bei Retail-Banken. Für die große Mehrheit der Bankentscheider funktioniert der Bankbetrieb nur mit einer Anpassung der Geschäftsmodelle und der Ertragsquellen. So sehen stolze 71 Prozent der Entscheider Veränderungsbedarf, so der Branchenkompass Banking.
Der Wiedereinstieg ins Bancassurance-Geschäft ist branchenweit spürbar. Das zeigen Kooperationen wie die zwischen ING und Axa sowie Initiativen der Comdirect mit einer eigenen Versicherungsmakler-Plattform und der Deutschen Bank mit dem Versicherungsmanager. Fintechs und Insurtechs wie JDC, Finconomy und Friendsurance befeuern die Entwicklung mit technischen Angeboten. Sie bieten Whitelabel-Plattformen, die sowohl Banken als auch Versicherer zu geringen Kosten in ihre Online-Welt integrieren, wodurch die Renditeaussichten steigen sollen.
Kulturelle Unterschiede sollten überwunden sein
Ein zentraler Hebel für die Renaissance der Bancassurance-Strategie ist damit die Digitalisierung des Finanzdienstleistungsgeschäfts. Die Öffnung der Kontoinformationen – ausgelöst durch die Zahlungsdiensterichtlinie PSD2 – erleichtert beispielsweise den Austausch und die Verknüpfung von Daten. Kooperationen wie die von Banking-as-a-Service-Anbieter Banksapi mit dem Versicherungsanalysten Franke und Bornberg sind in umgekehrter Richtung ebenfalls verstärkt zu erwarten. Dazu kommt, dass sich offline Bank- und Versicherungsvertrieb kulturell stark unterschieden haben. Diese Hürde ist durch die Digitalisierung deutlich niedriger geworden, schätzt Sopra Steria Consulting.
Die Banken reagieren mit dem Zusammenwachsen von Bank- und Versicherungsangeboten zudem auf eine steigende Nachfrage bei den Kunden. Die wünschen sich zunehmend Lösungen aus einer Hand für eine bestimmte Lebenssituation. Die Folge ist, dass Branchengrenzen überall verschwimmen und sich strategische Allianzen bilden – auch unter Wettbewerbern.
Kunden von den Mehrwerten des Systems überzeugen
Der Rat von Sopra Steria Consulting lautet: Damit das Geschäftsfeld Allfinanz im zweiten Anlauf mehr Erträge abwirft, müssen Banken wie Versicherer aber ihre Kunden von den Mehrwerten dieses Systems überzeugen. Bankberater können beispielsweise mithilfe explorativer Datenanalyse aus Kontobewegungsdaten einen Vorsorge- oder Absicherungsbedarf herauslesen und ihren Kunden aktiv eine passende Versicherungslösung anbieten, die sie sofort im Online-Banking abschließen können.
Hintergrundinformationen zur Untersuchung
2019 führte das Marktforschungsinstitut Survey Sampling Germany im Auftrag von Sopra Steria Consulting und dem F.A.Z.-Institut eine Befragung von 101 Fach- und Führungskräften von Banken mit Bilanzsummen über 500 Millionen Euro durch. Teil der Studienergebnisse sind zudem vier vertiefende Interviews mit Spitzenvertretern verschiedener Banken, über Einschätzungen und Standpunkte zur Lage und Zukunft der Bankenbranche.
Quelle: Sopra Steria Consulting
Autor(en): Versicherungsmagazin