Durch niedrige Zinsen und steigende Zinszusatzreserven bei gleichzeitig hohen Garantielasten aus Altverträgen sind die deutschen Lebensversicherer hohen Belastungen ausgesetzt. In einem Interview stellte sich Felix Hufeld (im Bild), Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, unseren Fragen.
Nach einer Studie sollen alternative Kapitalgeber – auch Versicherer – zehn Prozent aller Immobilienfinanzierungen auf sich vereinigen. Diese sind anders reguliert als Banken. Welche Probleme sehen Sie darin?
Felix Hufeld: Wenn wir über Versicherer sprechen, mache ich mir weniger Sorgen, weil zum einen die Versicherer selbst ein hochreguliertes Geschäft betreiben – auch hinsichtlich ihrer Fähigkeit, Hypothekarkredite zu vergeben. Zum anderen ist – zumindest in Deutschland – die Migration von Immobilienfinanzierung von Banken zu Versicherern nicht beunruhigend hoch.
Die Kreditvergabe durch Versicherer unterliegt schon seit langem strengen gesetzlichen und aufsichtsrechtlichen Vorgaben und ist durch Solvency II deutlich verschärft worden. Es gibt aber andere alternative Vehikel wie beispielsweise Kreditfonds. Hier ist schwieriger einzuschätzen, was auf uns zukommen wird. Kreditfonds waren bis vor einigen Jahren in Deutschland traditionell nicht erlaubt. Durch die Öffnung des europäischen Marktes ist das inzwischen anders. Natürlich gibt es Restriktionen, aber Kreditfonds können in anderen europäischen Ländern aufgelegt werden und in Deutschland selbst aktiv werden.
Da müssen wir in der Tat beobachten, inwieweit hier Kreditvergabestandards aufgeweicht werden und eine Arbitrage-Situation entstehen könnte – mit neuen Risiken aufgrund eines regulatorischen Gefälles. Sollte das der Fall sein, müssten wir regulatorisch nachjustieren und dafür sorgen, dass das ins Lot kommt.
Laut einer Analyse von Policen Direkt ist es bei 30 von 84 Lebensversicherern so, dass die 2016 erwirtschafteten Erträge aus der Kapitalanlage nicht reichen, um die Garantieverpflichtungen zu erfüllen und um die gesetzlich vorgeschriebenen Reserven zu bedienen. Decken sich die Zahlen mit Ihren Erkenntnissen?
Felix Hufeld: Die genauen Zahlen möchte ich weder bestätigen noch dementieren. Aber ich kann den grundsätzlichen Befund bestätigen. In der Tat lebt eine wachsende Zahl von Lebensversicherern von der Substanz. Sie können die erforderliche Dotierung der Deckungsrückstellung einschließlich der Zinszusatzreserve, die genau dem Zweck einer stärkeren Ausfinanzierung der Deckungsrückstellungen dient, nicht mehr ohne weiteres aus dem laufenden Kapitalertrag bedienen. Dazu müssen dann stille Reserven aufgelöst werden, was naturgemäß nicht unbegrenzt fortgesetzt werden kann. Stille Reserven sind nichts anderes als zukünftige Cash Flows.
Angesichts extrem hoher Bewertungsreserven wie im Moment ist das in einem gewissen Umfang akzeptabel. Durch die Zinszusatzreserve bewirken wir jedes Jahr systematisch eine Stärkung der Deckungsrückstellungen und damit auch eine Absenkung des Rechnungszinses, was die Branche in toto robuster macht und damit ihre Fähigkeit, garantierte Kundenanforderungen langfristig bedienen zu können. Wir gehen davon aus, dass man die genaue Kalibrierung der Zinszusatzreserve in diesem Jahr überprüfen wird. Dabei soll es nicht um die Abschaffung der Zinszusatzreserve gehen, das hielten wir für falsch. Es soll um die Funktionsweise des Algorithmus gehen, auf dem die Zinszusatzreserve beruht, der aber von der Realität des Niedrigzinsumfelds der vergangenen Jahre deutlich überholt und unbeabsichtigt verschärft wurde. Das sollten wir korrigieren.
Das gesamte Interview können Sie in der aktuellen März-Ausgabe von Versicherungsmagazin nachlesen. Hier geht es wahlweise zum Heftarchiv oder zur eMag-Ausgabe.
Sie sind noch kein Abonnent? Hier können Sie zwei kostenlose Ansichtsexemplare bestellen.
Autor(en): Stefanie Hüthig, Christian Kemper