Die Versicherer und die Finanzkrise

Die Krise an den Finanzmärkten hat Deutschland mit voller Wucht erreicht. Anleger und Vertriebe misstrauen nicht nur einzelnen Finanzinstituten, sondern dem gesamten System. Im Buch "Wer hat unser Geld verbrannt?" nimmt auch Finanzprodukte unter die Lupe, die für den Versicherungsvertrieb relevant sind.

Die Nachricht kam kürzlich beinahe als Randnotiz: "Bei HDI-Gerling haben wir im Fondspolicenbestand den Fonds FT ABS-Plus gefunden, der in Asset Backend Securities (ABS) investiert", heißt es bei Map-Fax, dem wöchentlichen Kurznachrichtendienst für Risiko und Vorsorge aus dem Hause Map-Report. Über 296.000 Anteile dieses Fonds im Buchwert von 11,2 Millionen Euro hatte HDI-Gerling Ende 2007 seinen Fondspolicen-Inhabern ins Depot gepackt. Der ABS-Fonds investierte in die Wertpapierart, die als Kernübel der gegenwärtigen Finanzkrise gelten, und musste zwischenzeitlich geschlossen werden.

ABS und Altersvorsorge schließen sich aus
Bei FT ist jetzt im Internet zu lesen: "Mit der Öffnung können die Anleger endlich wieder selbst entscheiden, ob sie an ihrem Engagement im ABS-Segment festhalten wollen." Damit ist der Beweis geführt, dass Kunden von Lebensversicherern unmittelbar von der Finanzkrise betroffen sein können. Bei Fondspolicen müssen sie das Kapitalmarkt-Risiko sogar vollständig selbst tragen. "ABS und Altersvorsorge schließen sich aber sachlich völlig aus", kritisiert Chefredakteur Manfred Poweleit.

ABC durch den Finanzdschungel
Dieser Mosaikstein kranker Finanzmärkte dürfte Wasser auf die Mühlen der Buch-Autoren Hans-Lothar Merten (Bankkaufmann und Finanzjournalist) und Johannes Fiala (Rechtsanwalt und geprüfter Anlageberater) sein. Ihr Buch "Wer hat unser Geld verbrannt?" präsentiert sich als hilfreiches ABC durch den aktuellen Finanzdschungel - von Abgeltungssteuer bis Zweckgesellschaft. In rund 200 Stichworten dringen die Autoren in die Untiefen der Finanzbranche vor. Das Buch zeigt: Manche Finanzvorstände auch von Versicherern haben im Rückenwind politischer Deregulierung ein System hochriskanter Finanzwetten installiert. "Dies geschah nicht etwa zufällig, sondern hat Methode und Tradition", meinen die Autoren und bringen zahlreiche Beispiele. Mit Globalisierung habe dies nichts zu tun.

Aus dem Alphabet der "verbrannten Erde" mit Skandalen und Anlegerbetrug, Irrtümer und Täuschungen nur ein Beispiel: Asset Backed Securities (ABS). Wenn eine Bank früher einen Kredit vergab, behielt sie diesen Kredit üblicherweise bis zum Ende der Laufzeit in ihren Büchern. Zahlte der Kunde seinen Kredit zurück, war alles gut, wurde er zahlungsunfähig, hatte die Bank Geld verloren, aber noch bestimmte Sicherheiten als Pfand. Mit dem zunehmenden Wettbewerb wurden die Gewinnspannen aber immer niedriger. Außerdem bindet das Kreditgeschäft viel Eigenkapital, dessen Geber von den Banken immer höhere Renditen fordern. Aus dieser Misere entstand die Idee, Kredite nicht länger bis zum Ende der Laufzeit zu behalten, sondern sie zu bündeln, in handelbare Wertpapiere zu verwandeln und an interessierte Investoren zu verkaufen. Dieser Prozess heißt "Verbriefung", und die Papiere nennt man forderungsbesicherte Wertpapiere oder Asset Backend Securities (ABS).

Dies hat auch bei Versicherern Einzug gehalten: Der Axa-Konzern etwa machte aus massiven Verlusten in der Schaden/Unfall-Sparte 2007 satte Gewinne. Der Trick: Ein Großteil der Risiken wurde extern in Rückdeckung gegeben und von dort anschließend über eine Verbriefung am Kapitalmarkt platziert. Dies kostete zwar mehr Rückversicherungsbeitrag, führte aber 25 Prozent weniger Schadenrückstellungen und unterm Strich zu besagtem Gewinn.

Nach der Verbriefung kamen die Abschreibungen
Die Verbriefung von Risiken hat bei Banken jedoch inzwischen erheblichen Abschreibungsbedarf ausgelöst. Dass sich dies bei Versicherern noch in Grenzen hält, liegt einzig daran, dass Erstversicherer ihre Risiken nicht direkt an Investoren verkaufen dürfen, sondern nur über einen Rückversicherer. Und das ist mit hohen Fix- und Transaktionskosten an den Rückversicherer verbunden - bei Axa waren es über 700 Millionen Euro. Zudem muss eine Versicherungs-Zweckgesellschaft gegründet werden. Wohin dies führen kann, haben die jüngsten schwarzen Löcher und Schieflagen bei Banken gezeigt.

Das Buch zeigt: Die Finanzangebote sind globaler, komplexer und intransparenter geworden. Information ist das einzige Mittel, das Kunden und Vermittlern im Alltag hilft.




Das Buch ist im Walhalla Fachverlag erschienen (kostet 19,90 Euro; ISBN: 978-3-8029-3423-0).

Autor(en): Detlef Pohl

Alle Branche News