Die Jagd der Autoversicherer nach Neukunden beginnt

Drei Viertel aller Autofahrer werden mit ihren Fahrzeugen in der Kaskoversicherung in eine bessere oder gleiche Typklasse gestuft, gibt der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) bekannt. Für viele werden die Beiträge günstiger bei gleicher Leistung. Auch bei den Kfz-Haftpflichtversicherungen tut sich etwas.

Unterm Strich können die Autofahrer hier mit sinkenden Versicherungsbeiträgen rechnen, weil die Wettbewerbssituation sich derzeit zuspitzt. Die Hatz der Autoversicherer auf neue Kunden beginnt, alte müssen bei der Stange gehalten werden. Gegen Ende des Jahres, wenn für viele Kfz-Versicherungsverträge das Geschäftsjahr endet, wird ein Versicherungswechsel möglich. Das Werben der Autoversicherer wird entsprechend intensiver.

Für Neukunden 30 Prozent preiswerter
Nun hat sich der Marktführer unter den Autoversicherern, die Allianz AG, München, weit aus dem Fenster gelehnt. Sie will die Beitragszahlungen für Neukunden zum Teil erheblich preisgünstiger gestalten als bei vergleichbaren Altverträgen. Insider sprechen von Dumping-Preisen, die zum Teil 30 Prozent niedriger als gewohnt liegen.

Als "Kampfansage" registrieren das die Mitbewerber. Rolf-Peter Hoenen, Chef des zweitgrößten Autoversicherers Huk-Coburg, kommentiert das Allianz-Gebahren so: "Vieles deutet auf den Beginn eines neuen Preiskampfes hin, zumal es nach unseren Erkenntnissen nicht nur um die Beamtentarife geht." Hoenen will "darauf mit einer angemessenen Antwort reagieren". Damit wird wieder heftig an der Preisschraube bei den Kfz-Versicherungstarifen gedreht.

Marktposition verteidigen
Die Allianz kann den Vorteil eines dichten Vermittlernetzes nutzen und nach Meinung der Branchenkenner einen Versicherungsvertrag leichter verkaufen als die Konkurrenz, die mit anderen Vertriebskanälen arbeitet. Offensichtlich setzt sie mit ihrem neuen Angebot darauf, verlorenes Terrain zurück zu erobern, denn seit Jahren wandern Kunden ab. Allein im vergangenen Jahr war ein Kfz-Versicherungsschwund von rund 200.000 beim Versicherungsriesen in München verzeichnet worden. Die verbleibenden 8,8 Millionen Fahrzeuge will Reiner Hagemann, Vorstandsvorsitzender der Allianz-Sachgruppe Deutschland, in seinem Bestand nicht nur behalten, sondern nach Möglichkeit wieder vermehren.

Derzeit gehen bei der Allianz immer noch mehr Kfz-Versicherungskündigungen als Neuverträge ein. Es gilt, die Position des Marktführers mit 18 Prozent Marktanteil zu verteidigen. Die Huk-Coburg auf Platz 2 verfügt über einen Marktanteil von rund 14 Prozent.

Jahrelang hatten die Autoversicherer hierzulande rote Zahlen geschrieben. Mit seltsamen Auswüchsen in der Rabattgestaltung ging man auf teuren Kundenfang.

Die Allianz will nach eigenen Angaben nun keineswegs einen "Preiskrieg anzetteln". Allerdings wurde auch bestätigt, dass künftig "stärker individuelle Merkmale wie etwa die Fahrleistung bei der Tarifberechnung" bei der Preisgestaltung der Tarife berücksichtigt werden. Denkbar wäre es, dass einzelne Kunden sich über Preissenkungen freuen könnten. Und: In Zukunft wird es bei der Allianz unterschiedliche Tarife für Beamte und andere Kunden aus dem öffentlichen Dienst geben. Preissenkungen könnten sich im Extremfall auf bis zu 30 Prozent belaufen. "Das betrifft weniger als ein Prozent der Allianz-Kunden", teilte ein Sprecher des Marktführers mit.

Super-Tarif nur für die Neuen
Inzwischen erstaunt die Branchenkenner noch etwas: Die Allianz hat nicht – wie sonst üblich – ihren neuen preiswerten "Super-Tarif" werbewirksam vermarktet, sondern ohne viel Aufhebens verändert und/oder erneuert. Des Rätsels Lösung: Nur Neukunden können den Super-Tarif erwerben. Altkunden bleiben auf ihren alten Beitragshöhen sitzen, rund zehn bis 15 Prozent teurer als für die Neulinge.

Vermittler, für die das Autoversicherungsgeschäft bisher häufig Türöffner beim Kunden war, kommen bei dem Auf und Ab der Preispolitik ganz schön ins Schleudern. Da sich noch nicht alle Autoversicherer mit neuen Preisansagen geoutet haben, wird es in der Branche nicht langweilig.

Autor(en): Marianne Storck

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