Die Corona-Krise ist herausfordernd, jedoch gleichzeitig auch Katalysator für einen gesellschaftlichen und technologischen Wandel. Unsere Gesellschaft ist mittlerweile digitaler und vernetzter unterwegs als je zuvor – eine Entwicklung, die auch Versicherer im Blick haben müssen. Was also sind die wichtigsten Trends für die Versicherungsbranche? Und wie können sich Versicherer bestmöglich darauf vorbereiten?
Die Versicherungsbranche musss sich an die sich ändernden Kundenansprüche und Gegebenheiten anpassen. Insbesondere die folgenden fünf Trends sollten Versicherer dabei im Blick behalten:
- Individualisierung:
Die individuellen Wünsche, Bedürfnisse und Prioritäten der Kunden stehen für Unternehmen verstärkt im Vordergrund. Lebensphasen-basierte Produkte verdrängen zunehmend den Versicherungsschutz getrennt nach den klassischen Sparten. - Automatisierung:
Neue technologische Möglichkeiten und Kommunikationformen verändern die Anforderungen an Versicherer. Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz und Machine Learning ermöglicht über Datenanalysen in Echtzeit die Optimierung von Prozessen; außerdem verringert sich der Zeitaufwand für administrative und repetitive Tätigkeiten. Vor allem aber können Versicherer mehr Intelligenz in ihre Customer Journeys bringen und sich stärker auf die Optimierung ihrer Kundenbeziehungen fokussieren.
- Ökosysteme:
Die Vernetzung von technischen Geräten und Anwendungen nimmt stark zu. Versicherer können durch „Big Ops” das Kundenverhalten besser analysieren. Auf dieser Grundlage können sie ihre Omnikanalpräsenz gestalten, Kunden in Echtzeit beraten und ein diversifiziertes Produktportfolio aufbauen, inklusive Angebote externer Partner, die das eigene optimal ergänzen. - Gesundheit:
Die Gesundheitsvorsorge wird immer wichtiger. Digital Health kann Versicherer dabei unterstützen, die wachsende Menge an Gesundheitsdaten zu strukturieren, zu analysieren und für eine individuelle Beratung sowie für Produkte zu nutzen, die auf die konkreten Bedürfnisse der Kunden zugeschnitten sind. So können Versicherer beispielsweise gesundheitsbewusstes Verhalten mit Preisreduktionen belohnen. - Nachhaltigkeit:
Neo-Ökologie ist ein Megatrend, geprägt durch gesellschaftliche, politische und regulatorische Treiber wie die Taxonomie- oder die Offenlegungs-Verordnung. Zu einem nachhaltigen Handeln gehört, ökonomische, ökologische und soziale Ziele gleichrangig zu verfolgen. Zudem ergeben sich aus diesem Thema auch interessante Marktchancen, vorausgesetzt, es wird richtig angegangen. So eröffnet der Einbezug der Nachhaltigkeitspräferenzen des Kunden bei der Beratung neue Möglichkeiten, der individuellen Kundenansprache.
Investitionen in Technologien und Change Management gefordert
Aufgrund der Digitalisierung in unserer Gesellschaft und der dadurch veränderten Ansprüche der Kunden müssen Versicherer jetzt verstärkt in digitale, skalierbare und flexible Technologien sowie Mitarbeitende mit einem digitalen Mindset investieren. Damit das gelingt, braucht es zuerst jedoch einen umfassenden (kulturellen) Change-Prozess im Unternehmen: Agilität und Innovation müssen gefördert werden, das eigene Business-Modell gilt es kritisch zu hinterfragen. Dazu zählt auch, das eigene Produktportfolio zu überarbeiten und auszuweiten, und dabei fortan einen bedürfnisbasierten statt soziodemografischen Segmentierungsansatz zu wählen. Die wichtigsten Fragen lauten dabei: Was haben die Kunden für individuelle Wünsche? Und wie kann ich diese erfüllen – im Zweifelsfall auch mit den Produkten und Services externer Partner?
Denn um den Wandel von der klassischen Produktzentrierung zu dieser Kundenzentrierung zu meistern, ist der Aufbau von Ökosystemen unabdingbar. Über sie können Versicherer auch versicherungsfremde Leistungen in ihr Produktportfolio integrieren und dadurch die Berührungspunkte mit den Kunden weiter ausbauen.
Eine datengetriebene Omnichannel-Strategie ist wichtig
Ergänzend dazu ist eine datengetriebene Omnichannel-Strategie wichtig. Sie ermöglicht, dass der Versicherer den Kunden an allen Touchpoints und in jeder Situation unterstützen kann. Um diesen Mehraufwand stemmen zu können, müssen Versicherer in Zukunft verstärkt auf Künstliche Intelligenz und Machine Learning setzen. Durch die Automatisierung von Prozessen oder Self-Service-Angebote für die Versicherten haben die Mitarbeiter mehr Zeit für die individuelle Betreuung von Kunden.
Kundenservice wird entscheidender Wettbewerbsvorteil
Der Versicherungsbranche steht gewiss ein großer Umbruch bevor. Doch es gibt bereits jetzt Beispiele, die zeigen, wie es funktionieren kann. So arbeitet unter anderem HDI mittlerweile mit einer CRM-Lösung mit 360°-Kundensicht von BSI und kann so aus dem System heraus personalisierte und automatisierte Echtzeit-Customer-Journeys (wie einen Newsletter) designen und ausführen.
Seit einiger Zeit arbeiten HDI gemeinsam mit Huk-Coburg und LVM an einer Plattform, auf der ihre Kunden künftig alle möglichen Dienstleistungen rund ums Auto erledigen können. Dadurch können die Kunden verhaltensbasiert und bedürfnisgerecht betreut werden. Ansätze wie dieser helfen Versicherern, die Preisspirale zu verlassen und ihr Profil zu schärfen. Und sie zeigen, wie ein exzellenter Kundenservice zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil werden kann.
Autor(en): Oliver Hechler ist Geschäftsführer der BSI Business Systems Integration Deutschland GmbH und Community Manager für Versicherungen