In mancher Hinsicht macht es sich der Staat leicht. Ein Gesetz wird erlassen, im Fall von Unisex auf Betreiben des Europäischen Gerichtshofs, und dann überlässt man es der freien Wirtschaft, den Bürger über die Folgen und eventuellen Handlungsbedarf aufzuklären. Das ist ein seit vielen Jahren gut funktionierendes Modell, das aber durch die Finanzkrise und die vielen Aufgeregtheiten über angebliche oder tatsächliche Beratungsfehler in Misskredit geraten ist.
Für die Vorsorge entscheidende Veränderungen
So auch aktuell wieder: Ab 21. Dezember müssen Versicherungstarife geschlechtsneutral kalkuliert angeboten werden. Das kann zu teilweise drastischen Beitragssteigerungen führen. Für die Verbraucher ist das angesichts der seit Jahren fast stagnierenden Reallohnentwicklung eine entscheidende Verteuerung. Die Folgen von Unisex gefährden damit die Vorsorge vieler Bürger.
Wann das konkret der Fall ist, wissen die meisten jedoch nicht, so eine Vorabveröffentlichung der Continentale Krankenversicherung aus ihrer alljährlichen Meinungsbefragung zum Thema Gesundheitswesen. 81 Prozent halten sich für schlecht informiert.
Gravierende Fehleinschätzungen
Noch schwerer wiegt, dass jeweils die Mehrheit die tatsächlichen Folgen für die Prämien falsch einschätzt. So gehen laut Continentale derzeit nur 38 Prozent der befragten Männer richtigerweise davon aus, dass sie künftig bei Rentenversicherungen mehr zahlen müssen. Auch nur 41 Prozent der Männer sehen dasselbe in der Krankenversicherung auf sich zukommen.
Nur 32 beziehungsweise 39 Prozent der Frauen haben demnach zutreffend eingeschätzt, dass sie bei Risikolebens- und bei Kfz-Versicherungen künftig draufzahlen. Bei so viel Unwissenheit sind Fehlentscheidungen vorprogrammiert.
Alle wollen Beratung - aber nicht den Berater?
Das sollen nun die Vermittler durch eine persönliche Beratung kompensieren. So wünschen es 55 Prozent der Befragten. Auch der Gesetzgeber setzt das offenkundig unausgesprochen voraus. Denn Öffentlichkeitskampagnen der Ministerien und Behörden mit Aufklärung zu den Folgen von Unisex sucht man vergebens.
Dagegen war es in den vergangenen Jahren beispielsweise dem Verbraucherschutzministerium oder dem Arbeitsministerium sehr wichtig, den Verbraucher öffentlich vor den Gefahren einer Beratung durch Vermittler zu warnen. Sogar gegen eigene Gesetze argumentierend wurden die Bürger aufgefordert, Vermittler zu einem finanziellen "Striptease" aufzufordern und sich für ihr Bestreben zu rechtfertigen, für die geleistete Arbeit auch eine Vergütung (Provision) zu erhalten. Und staatlich subventionierte Verbraucherzentralen legten nach und verunglimpften Vermittler beispielsweise in einem Internetvideo als "Finanzhaie".
Wer hat neun Milliarden Euro übrig?
Ein kleines Gedankenexperiment: Wenn nach dem Verursachungsprinzip der Staat verantwortlich gemacht würde, den Bürger ausreichend über Rechtsänderungen und deren Folgen zum Beispiel für die Vorsorge aufzuklären, müsste er dem Rat der vom Verbraucherschutzministerium herausgegebenen Evers/Jung-Studie folgend Beratungsgutscheine an die Haushalte ausgeben. Allein die jährlichen Steueränderungen mit Relevanz für staatliche geförderte Vorsorgeprodukte oder anlassabhängige zusätzliche Beratungsbedarfe wie aktuell für Unisex rechtfertigen sicher mindestens drei Stunden Beratungsaufwand je Haushalt und Jahr.
Bei einem gemessen an heutigen Berater- oder auch Handwerkersätzen eher preiswerten Stundensatz von 75 Euro müsste der Staat jedem Haushalt 225 Euro zugutekommen lassen. Bei rund 40 Millionen Haushalten wären das neun Milliarden Euro im Jahr. Von diesen neun Milliarden Euro könnten 60.000 Beratungsbetriebe mit einem Jahresumsatz von 150.000 Euro Honoraren am Markt existieren. Diese wären dann völlig frei von Abschlussinteressen und entsprächen damit dem Verbraucherschutzideal des "Honorarberaters". Daneben benötigte man weiterhin provisionsfinanzierte Vermittler, wenn auch vielleicht ein paar weniger als heute, weil die Verbraucher hoffentlich besser informiert wären.
Preisfrage: Welches Ministerium hat neun Milliarden Euro übrig?
Bild: © Oliver Haja/
Für die Vorsorge entscheidende Veränderungen
So auch aktuell wieder: Ab 21. Dezember müssen Versicherungstarife geschlechtsneutral kalkuliert angeboten werden. Das kann zu teilweise drastischen Beitragssteigerungen führen. Für die Verbraucher ist das angesichts der seit Jahren fast stagnierenden Reallohnentwicklung eine entscheidende Verteuerung. Die Folgen von Unisex gefährden damit die Vorsorge vieler Bürger.
Wann das konkret der Fall ist, wissen die meisten jedoch nicht, so eine Vorabveröffentlichung der Continentale Krankenversicherung aus ihrer alljährlichen Meinungsbefragung zum Thema Gesundheitswesen. 81 Prozent halten sich für schlecht informiert.
Gravierende Fehleinschätzungen
Noch schwerer wiegt, dass jeweils die Mehrheit die tatsächlichen Folgen für die Prämien falsch einschätzt. So gehen laut Continentale derzeit nur 38 Prozent der befragten Männer richtigerweise davon aus, dass sie künftig bei Rentenversicherungen mehr zahlen müssen. Auch nur 41 Prozent der Männer sehen dasselbe in der Krankenversicherung auf sich zukommen.
Nur 32 beziehungsweise 39 Prozent der Frauen haben demnach zutreffend eingeschätzt, dass sie bei Risikolebens- und bei Kfz-Versicherungen künftig draufzahlen. Bei so viel Unwissenheit sind Fehlentscheidungen vorprogrammiert.
Alle wollen Beratung - aber nicht den Berater?
Das sollen nun die Vermittler durch eine persönliche Beratung kompensieren. So wünschen es 55 Prozent der Befragten. Auch der Gesetzgeber setzt das offenkundig unausgesprochen voraus. Denn Öffentlichkeitskampagnen der Ministerien und Behörden mit Aufklärung zu den Folgen von Unisex sucht man vergebens.
Dagegen war es in den vergangenen Jahren beispielsweise dem Verbraucherschutzministerium oder dem Arbeitsministerium sehr wichtig, den Verbraucher öffentlich vor den Gefahren einer Beratung durch Vermittler zu warnen. Sogar gegen eigene Gesetze argumentierend wurden die Bürger aufgefordert, Vermittler zu einem finanziellen "Striptease" aufzufordern und sich für ihr Bestreben zu rechtfertigen, für die geleistete Arbeit auch eine Vergütung (Provision) zu erhalten. Und staatlich subventionierte Verbraucherzentralen legten nach und verunglimpften Vermittler beispielsweise in einem Internetvideo als "Finanzhaie".
Wer hat neun Milliarden Euro übrig?
Ein kleines Gedankenexperiment: Wenn nach dem Verursachungsprinzip der Staat verantwortlich gemacht würde, den Bürger ausreichend über Rechtsänderungen und deren Folgen zum Beispiel für die Vorsorge aufzuklären, müsste er dem Rat der vom Verbraucherschutzministerium herausgegebenen Evers/Jung-Studie folgend Beratungsgutscheine an die Haushalte ausgeben. Allein die jährlichen Steueränderungen mit Relevanz für staatliche geförderte Vorsorgeprodukte oder anlassabhängige zusätzliche Beratungsbedarfe wie aktuell für Unisex rechtfertigen sicher mindestens drei Stunden Beratungsaufwand je Haushalt und Jahr.
Bei einem gemessen an heutigen Berater- oder auch Handwerkersätzen eher preiswerten Stundensatz von 75 Euro müsste der Staat jedem Haushalt 225 Euro zugutekommen lassen. Bei rund 40 Millionen Haushalten wären das neun Milliarden Euro im Jahr. Von diesen neun Milliarden Euro könnten 60.000 Beratungsbetriebe mit einem Jahresumsatz von 150.000 Euro Honoraren am Markt existieren. Diese wären dann völlig frei von Abschlussinteressen und entsprächen damit dem Verbraucherschutzideal des "Honorarberaters". Daneben benötigte man weiterhin provisionsfinanzierte Vermittler, wenn auch vielleicht ein paar weniger als heute, weil die Verbraucher hoffentlich besser informiert wären.
Preisfrage: Welches Ministerium hat neun Milliarden Euro übrig?
Bild: © Oliver Haja/
Autor(en): Matthias Beenken