DIA: Wer erbt, sollte trotzdem privat vorsorgen

27 Prozent der rund zehn Billionen Euro Nettovermögen werden im laufenden Jahrzehnt vererbt. Doch eine genauere Betrachtung der Struktur und Verteilung der Erbschaften legt offen, dass die Mehrheit der Deutschendie finanzielle Absicherung im Alter nicht auf ein Erbe gründen kann, gibt das Deutsche Institut für Altersvorsorge (DIA) zu bedenken.

„Die durchschnittliche Erbschaft beträgt zwar rund 305.000 Euro, aber rechnet man die zwei Prozent Top-Erbschaften heraus, dann liegt dieser Wert nur noch bei 212.000 Euro. Die allermeisten Erbschaften müssen zudem geteilt werden. So bleiben bereits bei zwei Begünstigten nur noch 106.000 und bei drei nur 71.000 Euro pro Erbe übrig“, rechnet Dr. Reiner Braun, Vorstand der empirica AG in Berlin, vor.

Erbschaften machen eigene Altersvorsorge nicht obsolet

Braun macht auf einen weiteren Wermutstropfen aufmerksam: „Geringverdiener erben seltener und weniger. Erben von Vermögen über 25.000 Euro haben einen Einkommensvorsprung gegenüber Gleichaltrigen von etwa 600 Euro/Monat.“ Damit liege nahe, dass von großen Erbschaften vor allem profitiert, wer auch hohe Vermögen aus dem eigenen Einkommen angespart hat oder ansparen kann. Hinzu komme, dass sich die ungleiche Verteilung auf die Erbengeneration künftig verschärft, denn vor allem Erblasser aus höheren Einkommensschichten haben heute weniger Kinder. „Umso mehr gilt dann für die breite Masse: Erbschaften machen die eigene Altersvorsorge nicht obsolet“, warnt Dr. Braun.

Vermögen sind recht ungleich verteilt
Die privaten Haushalte in Deutschland besaßen laut einer Studie der empirica AG aus Berlin 2010 nach Abzug aller ausstehenden Kredite ein Nettovermögen von rund 9,4 Billionen Euro. Davon werden im laufenden Jahrzehnt rund 27 Prozent vererbt – das sind 2,6 Billionen Euro. Aber nur in zwei von drei Erbfällen profitiert die nächste Generation, denn Ehepaare setzen sich mit dem so genannten Berliner Testament meist gegenseitig als Erbe ein. Deswegen werden „nur“ 1,7 Billionen Euro generationenübergreifend vermacht. Da die Vermögen recht ungleich verteilt sind, konzentrieren sich die großen Erbschaften auf einige wenige Fälle.

Die oberen zwei Prozent aller Hinterlassenschaften vereinen etwa ein Drittel des gesamten Erbschaftsvolumens auf sich. So werden in der breiten Masse nur knapp 1,2 Billionen Euro auf die nächste Generation übertragen, das sind 117 Milliarden Euro jährlich. Davon entfallen zehn Prozent auf Sachvermögen, der Rest verteilt sich etwa gleichmäßig auf Immobilien (47 Prozent) und Geldvermögen (43 Prozent).

Die Immobilienwerte werden sich aber künftig stärker ausdifferenzieren. Es wird immer wichtiger, ob das geerbte Haus in München, Köln, Hamburg oder im Bayerischen Wald, der Eifel oder Nordhessen steht. Zunehmende Ausdifferenzierungen sind auch innerhalb der Regionen zu beobachten. Je nach Stadtteil oder Bauart werden sich die Preise ganz unterschiedlich entwickeln: qualitativ hochwertige Wohnimmobilien – Einfamilienhäuser, Wohnungen in Gründerzeithäusern – in Wachstumsregionen werden an Wert gewinnen, während schlechtere Wohnungsqualitäten – zum Beispiel Geschosswohnungen der 50er und 60er Jahre in demografischen Schrumpfungsregionen eher an Wert verlieren werden.


Gründe für den gebremsten Anstieg der Erbschaftsvolumina:
Erstens: Die Wohneigentumsquote der Erblasser wird fast nur noch im Osten ansteigen, dort liegen die Verkehrswerte der Immobilien allerdings unter dem bundesdeutschen Durchschnitt.

Zweitens: Die durchschnittlichen Immobilienpreise werden nach 2020 kaum noch ansteigen, weil die Zahl der Haushalte und damit die Wohnungsnachfrage sinken werden.

Drittens: Der Anstieg der Geldvermögen dürfte weiterhin parallel zum Wachstum der Einkommen verlaufen. Allerdings verlangsamt sich das Einkommenswachstum seit einiger Zeit. Dieser Trend dürfte sich fortsetzen.

Viertens: Der Aufbau einer privaten Altersvorsorge bekommt immer größere Bedeutung. Diese Vermögen sind jedoch nicht oder nur bedingt vererbbar. Je stärker die private Altersvorsorge den Aufbau „konventioneller“ Geldvermögen verdrängt, desto geringer ist das künftige Erbvolumen.

Fünftens: Die zunehmende Lebenserwartung wird das Wachstum der künftigen Erbschaften ebenfalls verlangsamen. Die zusätzlichen Lebensjahre nötigen zu zusätzlichen Ausgaben. Dieser Effekt fällt vor allem dann ins Gewicht, wenn künftige Erblasser im Alter konsumfreudiger sind als heutige oder pflegebedürftig werden.

Quelle: Deutsches Institut für Altersvorsorge; Dr. Reiner Braun, Vorstand der empirica AG, Berlin

Bild: © Jorma Bork /

Autor(en): versicherungsmagazin.de

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