Einen Top-Deal für die Pflegezusatzversicherung hat die Deutsche Familienversicherung (DFV) erreicht. Per Tarifvertrag werden rund 9.000 Mitarbeiter des Düsseldorfer Chemiekonzerns Henkel automatisch versichert. Beim vorliegenden Sozialpartnermodell handelt es sich aber um einen Haustarif des Unternehmens. Mit der betrieblichen Vorsorge nach dem Betriebsrentenstärkungsgesetz (BSRG) hat die Konzeption nichts zu tun.
Die "einzigartige Pflegeversicherung" - wie es in der DFV-Pressemitteilung heißt - ist eine Vereinbarung zwischen Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), der Firma Henkel und der Assekuranz aus Frankfurt. Laut der DFV sind alle Tarif-Mitarbeiter automatisch versichert. Der Tarif "Care Flex" steht allen Mitarbeitern zu und zwar ohne Gesundheitsprüfung und Wartezeit. Im Gegensatz zu einem klassischen Opting-Out nutzt es den Tarif-Angestellten laut DFV aber herzlich wenig aus dem Angebot auszusteigen. Denn der Tarif wird aus einem Demografie-Fonds des Arbeitgebers gespeist. Die Zahlungen wären zweckgebunden. Eingezahlt werden für Angestellte pro Monat 29 Euro. Für Auszubildende "kostet" der Schutz monatlich 6,50 Euro.
Basisschutz deckt die Pflegelücke nicht
Das Angebot stellt aber nur eine Basisabsicherung dar. So leistet "Care Flex" bei stationärer Pflege in den Pflegeraden 2 bis 5 pro Monat 1.000 Euro. Bei häuslicher Pflege sind es 300 Euro in den Pflegegraden 2 bis 4. Das Pflegegeld ist frei verfügbar.
Die private Pflegelücke wird durch das Angebot nur teilweise abgedeckt. So schätzt Henkel den durchschnittlich privaten Aufwand für einen Pflegebedürftigen im Raum Düsseldorf auf 2.400 Euro monatlich. Er wird über das neue betriebliche Angebot also nicht einmal zur Hälfte gedeckt. Daher können die Mitarbeiter den Tarif individuell auf eigene Kosten aufstocken. "Für die Aufstockung wird dann aber eine Gesundheitsprüfung notwendig", erläuterte ein Sprecher der DFV. Auch Familienangehörige, Lebenspartner, Kinder, Eltern und Schwiegereltern können mitversichert werden. Das Angebot startet ab 2019. Nach Angaben der DFV ist Henkel bisher das einzige Unternehmen in Deutschland, dass im Rahmen eines "Sozialpartnermodells eine betriebliche Pflegezusatzversicherung" anbietet.
"Echtes" Sozialpartnermodell kann Pflegerisiko nicht absichern
Mit dem Sozialpartnermodell nach dem BSRG hat das Angebot aber nichts zu tun. Laut der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung (aba) kann im Rahmen der sogenannten Nahles-Vorsorge, das Pflegerisiko nicht abgesichert werden. Möglich sei hier nur Altersvorsorge sowie Invaliditäts- und Hinterbliebenen-Schutz. Die Branche muss also weiterhin auf das erste echte Sozialpartnermodell auf Basis der Nahles-Rente warten. Derzeit würde es aber hinter den Kulissen viel Aktivitäten geben, wie Heribert Karch, Vorsitzender des Vorstands der aba feststellt. Grund für die öffentliche Zurückhaltung sei, dass die Sozialpartner extrem stark vom Meinungsbild ihrer Mitglieder abhängig seien. Krach: "Der schlimmste Unfall ist, dass die Sozialpartner etwas machen, mit denen die Mitglieder unzufrieden sind." Daher zögen sich die Diskussion im Hintergrund über Detailfragen noch länger hin. Ein besonders großes Hindernis beim echten Sozialpartnermodell ist das Garantieverbot. Es kann dazu führen, dass später eine Betriebsrente unter Umständen sinkt.
Mit solchen Problemen braucht sich die DFV bei der Pflegezusatzversicherung nicht rumschlagen. Auch die Durchdringungsquote dürfte angesichts der Konstruktion über den arbeitgeberfinanzierten Demografie-Fonds extrem hoch sein. Das Modell dürfte wohl Schule machen.
Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek