Eine sehr kurzfristige Einladung zum Pressegespräch
Heute um 10:05 Uhr erreicht uns eine Pressemitteilung von der Stuttgarter Lebensversicherung – oder auch „Die Stuttgarter – Der Vorsorge-Versicherer“ wie sich das Unternehmen selbst einordnet - mit der Überschrift "Einladung zum heutigen Pressegespräch". Wow, das ist sehr kurzfristig, so mein erster Gedanke. Da liegt was im Busch. Das unterstreicht auch der weitere Tenor der Meldung: "Sehr geehrte Frau Neininger, sehr kurzfristig und doch sehr herzlich laden wir Sie zur virtuellen Pressekonferenz mit unserem Vorstandsvorsitzenden Dr. Guido Bader heute um 14 Uhr ein." Also zwischen Ankündigung des Pressegesprächs und Live-Schalte zum Pressegespräch liegen gerade mal vier Stunden. Weiter heißt es: "Dr. Bader möchte wesentliche Neuigkeiten zur zukünftigen Ausrichtung der Stuttgarter Versicherungsgruppe mitteilen." Das muss etwas Wichtiges sein. Die Spannung bei uns in der Redaktion steigt, wir sind neugierig.
Und schon kurze Zeit nach dem Erhalt der E-Mail ruft mich gleich noch der Pressesprecher des Lebensversicherers an – wie sicher viele andere Kolleginnen und Kollegen – und fragt, ob ich die Mail seines Hauses wahrgenommen hätte und teilnehmen würde. Ich sage zu, natürlich. Meine Teilnahme, die Teilnahme von Versicherungsmagazin wäre gut, so der Pressesprecher weiter, denn Dr. Bader würde Wichtiges verkünden. Mehr dürfe er zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. Klar, verstehe ich, habe auch nichts anderes erwartet. Die Spannung steigt weiter.
Welche Pläne werden von Guido Bader wohl verkündet?
Gleichzeitig startet bei uns in der Redaktion die – nicht ganz ernst gemeinte – Gerüchteküche. Schon wieder eine Fusion in der Versicherungsbranche? Mit wem will/wird Die Stuttgarter fusionieren, von wem wird sie aufgekauft, geschluckt, oder ist sie selbst der Käufer? Oder geht Guido Bader in die Politik, übernimmt das Gesundheitsministerium und krempelt die erst kürzlich verkündete Krankenhausreform von Karl Lauterbach (SPD) um?
Aber die eigentliche Kernkompetenz von Bader ist natürlich der Vorsorge-Sektor. Erst kürzlich, nachdem das Bundesfinanzministerium (BMF) den Referentenentwurf zur Reform der steuerlich geförderten privaten Altersvorsorge veröffentlicht hat, war von Bader zu hören, er begrüße es, dass die Regierung die steuerlich geförderte private Altersvorsorge reformieren will. Wörtlich: "Die Stagnation der Riester-Rente in den vergangenen Jahren war dafür ein klarer Beleg. Deutschland braucht eine attraktive steuerlich geförderte private Absicherung neben der gesetzlichen Rente." Gleichzeitig monierte er aber, dass eine kontinuierliche Dynamisierung des Höchstbetrages mit Blick auf die Inflation der kommenden Jahre fehle. O-Ton Bader: "Das ist für mich unverständlich. Hier hätten wir uns eine Koppelung an die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung vorstellen können." Kommt in der Pressekonferenz hierzu ein fulminanter Vorschlag seitens der Stuttgarter?
14 Uhr: Die Stuttgarter und die SDK sitzen an einem Tisch
Und dann ist 14 Uhr, die Schalte steht. Die Stuttgarter und die SDK sitzen an einem Tisch, genauer gesagt Guido Bader und ... Dr. Ulrich Mitzlaff von der SDK. Also doch eine neue Fusion.
Gemeinsam an diesem Tisch geben die beide Herren bekannt, dass sie "gleichberechtigt und auf Augenhöhe einen Zusammenschluss zu einer gemeinsamen Unternehmensgruppe prüfen wollen". So die eher vorsichtige Ansage der beiden Unternehmenslenker. Unter dem Motto "Vereint stärker" wollen sich die Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit in den kommenden Monaten und Jahren auf den Weg machen und zusammenwachsen, am Ende, genauer gesagt im Jahr 2026, zu einem gemeinsamen Versicherungsverein a.G. Vertriebspartner und Mitglieder würden diesen Schritt verlangen. Aber auch Faktoren wie der steigende Digitalisierungsbedarf, die Regulatorik, externer Kostendruck sowie stetiger Investitionsbedarf hätten einen derartigen Zusammenschluss zur Folge.
Ebenso ergäben die zahlreichen Gemeinsamkeiten und markanten Unterschiede der beiden Versicherungsgruppen in Summe eine herausragende Kombination. Bader: "Wir sind vergleichbar groß, verfügen über eine ähnliche Bilanzsumme je Gruppe, haben je Unternehmen rund 800 Mitarbeitende und sind in Stuttgart ansässig".
Vereint soll somit eine stärkere Versicherungsgruppe mit Fokus auf das Kranken-, Leben- und Unfallgeschäft mit rund 1.600 Mitarbeitenden, über 1,8 Milliarden Euro gebuchten Bruttobeiträgen, rund 1,94 Millionen Versicherungsnehmerinnen und -nehmern sowie einer Bilanzsumme von über 18 Milliarden Euro entstehen.
Die Chefs sind von dem Projekt begeistert, die Mitarbeitenden auch?
Durch den Zusammenschluss der beiden Gruppen erhoffen sich die beiden Partner, dass "ein komplettierter und zugleich spezialisierter Personenversicherer mit einem stark diversifizierten und deutschlandweit aufgestellten Vertriebswegemix entsteht". Weiter heißt es noch, dass "die Vorstände beider Gruppen von starken Impulsen und Effekten in allen Bereichen überzeugt sind". Das merkt man den beiden Unternehmenslenkern an. Gut gelaunt und sich freundschaftlich duzend verkünden sie das Kommende. Die Euphorie ist groß, das Vorhaben auch. Sehen die Mitarbeitenden der beiden Vereine die Großbaustelle auch so enthusiastisch? Die beiden Männer nicken eifrig. In der heutigen Mitarbeiterversammlung hätten sie nur positives Feedback erhalten, die beiden Belegschaften würden für das Vorhaben "brennen". Die sogenannte Gestaltungsphase hätte schon begonnen, derzeit liefen bereits diverse interaktive Projekte, auch ein physischer Projektraum sei schon gestartet, damit die beiden Gruppen gut zusammenwachsen, ihr Erfahrungswissen austauschen und am Ende zu einem erfolgreichen Versicherungsverein zusammenwachsen könnten.
Wirklich kein Zusammenahng zum Rückzug von Dr. Gerd Sautter?
Schon vor gut einem Jahr und acht Monaten haben Bader und Mitzlaff über ihre Fusionspläne gesprochen, der Leitsatz der Verhandlungen sei gewesen und wäre immer noch: "Augenmaß, Ruhe und Sorgfalt vor Schnelligkeit". Erstaunlich nur, dass die diesbezüglichen Informationen an die Presse eher in einem Hauruck-Verfahren erfolgt ist.
Der Rückzug von Dr. Gerd Sautter Ende des Jahres aus dem Vorstand soll mit dem Zusammenschluss der beiden Player nicht in Zusammenhang stehen. Er hätte bei der Information der Mitarbeitenden heute früh den Stuttgarter-SDK-Deal noch positiv bewertet. Warum Sautter aber die SDK verlässt, wurde nicht erläutert. "Die unterschiedliche Vorstellungen über die zukünftige Ausrichtung der Krankenversicherung", die wohl zu dem Rückzug geführt haben, sollen nicht im Zusammenhang mit der angepeilten Fusion stehen.
Und wer leitet am Ende dieses neue, große und starke Versicherungsgebilde? Ein Tandem ist nicht immer realistisch. Das aktuelle Ziel sieht so aus: Beide Herren werden auch künftig Vorstandvorsitzende ihres jeweiligen Versicherungsunternehmens sein, nur Bader dann noch stellvertretender CEO bei der SDK und Mitzlaff Stellvertreter bei der Stuttgarter, beide weiterhin mit klaren Ressortverantwortungen.
Und am Ende noch die ganz großen Worte: "Wir möchten mit diesem Zusammenschluss unsere Resilienz stärken", denn in Zeiten von stetig wachsenden EU-Anforderungen, diversen weltweiten Kriegen, Krisen und Pandemien müsse auf diese ein besonderes Augenmerk gelegt werden.
Autor(en): Meris Neininger