Designschutz lässt Kosten explodieren

740px 535px

Die Kfz-Versicherer hierzulande haben schon seit geraumer Zeit davor gewarnt, dass die deutschen Regelungen zum sogenannten Designschutz den freien Wettbewerb auf dem Mobilitätsmarkt massiv ausbremsen und die Kosten für Ersatzteile sowie Reparaturen massiv in die Höhe treiben. Inzwischen haben viele Autofahrerinnen und Autofahrer die unschöne Benachrichtigungen über Prämienerhöhungen erhalten.

Schon im Sommer hatte der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) angekündigt, dass Preissteigerungen bei den deutschen Kfz-Versicherern wegen der Inflation und gestiegener Kosten unvermeidbar sein würden. Bei Letzteren fallen insbesondere die Aufwendungen für Ersatzteile und somit Reparaturen insgesamt ganz besonders ins Gewicht, wie aus der Branche allenthalben zu hören ist. Allein die Beschaffungskosten für Ersatzteile seien um rund 80 Prozent gestiegen, heißt es.

Bei den Versicherern führen die höheren Ersatzteilpreise zu steigenden Reparaturkosten nach Unfällen, wie der GDV erläutert. „Im vergangenen Jahr kostete ein Pkw-Sachschaden die Kfz-Haftpflichtversicherer im Durchschnitt 3.375 Euro und somit bereits rund acht Prozent mehr als im Vorjahr“, rechnet GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen vor. Zum Vergleich: 2013 lag dieser Wert noch bei 2.400 Euro.

Kofferraumklappen seit 2013 fast 73 Prozent, Rückleuchten sogar um 79 Prozent teurer

Mit dem erneuten Preisanstieg setze sich eine Entwicklung fort, die seit 2013 zu beobachten sei, stellt der GDV fest. Diesen Trend kennzeichnen rasant steigende Kosten für Pkw-Ersatzteile, die unabhängig von der allgemeinen Preisentwicklung nach oben schnellen. Das verdeutlicht der Dachverband der Versicherungsbranche mit Zahlen: Während der Verbraucherpreis-Index seit Januar 2013 um 22 Prozent stieg, erhöhten die Autohersteller ihre Ersatzteilpreise durchschnittlich um mehr als 55 Prozent. Kofferraumklappen wurden seit 2013 fast 73 Prozent, Rückleuchten sogar um 79 Prozent teurer, berichtet die Branche.

Als eine wesentliche Ursache dieser Kostenexplosion verweisen die Versicherer auf den sogenannten Designschutz. Für das Goslar Institut ein guter Anlass, einmal zu klären, was es damit auf sich hat. Die Designschutzrichtlinie 98/71/EG gibt vor, dass die Erscheinungsform eines ganzen Erzeugnisses oder eines Teils davon unter bestimmten Voraussetzungen geschützt werden kann, wie der Gesamtverband Autoteile-Handel (GVA) erläutert. Dafür muss zunächst das entsprechende Design bei der zuständigen nationalen Behörde zum Schutz angemeldet werden. Genehmigt diese den Designschutz, steht seinem Inhaber das ausschließliche Recht zu, diese Erscheinungsform – oder besser: das Design – zu benutzen. In Deutschland ist die EU-Richtlinie durch das Designgesetz in nationales Recht umgesetzt.

Konkret definieren die Verordnung über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster und die Richtlinie über Muster und Modelle das Design als Erscheinungsform eines Erzeugnisses oder eines Teils davon, die sich insbesondere aus den Merkmalen der Linien, Konturen, Farben, der Gestalt, Oberflächenstruktur, der Werkstoffe des Erzeugnisses selbst beziehungsweise seiner Verzierung ergibt. Im Fall der Automobilbranche regelt die Richtlinie, dass das Design, also die Erscheinungsform beziehungsweise das Aussehen eines Fahrzeugs, geschützt werden kann. So soll beispielsweise verhindert werden, dass ein Wettbewerber ein Auto auf den Markt bringt, das dem Konkurrenz-Modell zu sehr ähnlich sieht.

Designschutz hat auch nach einem Autounfall negativ Folgen

In der Praxis wirkt sich der Designschutz auch bei einem Autounfall negativ, weil kostentreibend aus, wie nicht zuletzt die Kfz-Versicherer bemängeln. Denn ein so komplexes Produkt wie ein Auto besteht aus vielen Einzelteilen. Wird das Fahrzeug durch einen Unfall beschädigt, müssen zur Reparatur Ersatzteile ein- und angebaut werden. Diese Ersatzteile haben zwangsläufig den ursprünglichen Teilen des Autos in ihrer genauen Form und ihren Abmessungen zu entsprechen, weil sich sonst das ursprüngliche Erscheinungsbild nicht wiederherstellen lässt, so der GVA. Deshalb werden in Form und Optik abweichende Teile nicht nachgefragt und finden keinen Absatz.

Somit müssen für die Reparatur eines Unfalls, oftmals selbst eines scheinbar geringfügigen Blechschadens, teure Original-Ersatzteile verwendet werden, weil der Designschutz laut deutschem Recht alle sichtbaren Karosserieteile wie Kotflügel, Motorhauben, Außenspiegel, Scheinwerfer, Leuchten oder Türen umfasst – also alle karosserieintegrierten Ersatzteile. Und die Preise dieser für eine Reparatur unerlässlichen Teile haben die Autohersteller kontinuierlich erhöht, wie der GDV) beanstandet. Durch diese Markenrechte würden Ersatzteile unnötig verteuert und Reparaturkosten unvertretbar in die Höhe getrieben, kritisieren Branchenkenner.

Versicherer monieren fehlenden freien und fairen Wettbewerb

Allein zwischen August 2021 und August 2022 setzten die Autohersteller die ohnehin schon „gepfefferten“ Preise erneut im Schnitt um fast acht Prozent hoch, klagt die Versicherungswirtschaft. Das verursacht den Versicherern steigende Reparaturkosten nach Unfällen, allein wegen höherer Ersatzteilpreise. Möglich macht dies das Quasi-Monopol für sichtbare Ersatzteile der Autoproduzenten, so die Kritiker. Infolgedessen gebe es auf diesem Markt keinen freien und fairen Wettbewerb, monieren stellvertretend für andere betroffene Branchen die Versicherer. Und dieses Manko geht letztlich auch zulasten der Versicherungskunden, weil bei ihnen die Auswirkungen des Designschutzes in Form von höheren Tarifen ankommen.

Quelle: Goslar Institut

 

Autor(en): versicherungsmagazin.de

Zum Themenspecial "Kfz-Versicherung"

 

Alle Branche News