Der Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien steht. Olaf Scholz wird Bundeskanzler und Karl Lauterbach Gesundheitsminister. Die Folgen für die private Krankenversicherung (PKV) sind noch unklar.
Keine Frage, der FDP sei Dank, wird die private Krankenvollversicherung nicht abgeschafft, das duale Gesundheitssystems soll bestehen bleiben. SPD-Mann Karl Lauterbach, ein glühender Verfechter der Bürgerversicherung, wird Gesundheitsminister. Dies kann unangenehme Folgen für die Branche haben.
Hart im Nehmen
Kein anderer Politiker hat sich in der Corona-Krise so klar positioniert und deutlich vernehmbar vor dem Corona-Virus mit seinen Varianten gewarnt wie Lauterbach. Er gilt als Verfechter harter Maßnahmen und warnte wiederholt vor Lockerungen. Der Dauerwarner ging mit seiner Dauerpräsenz in den Talkshows zwar vielen auf die Nerven, behielt aber oft mit seinen Prognosen recht.
Der Professor studierte in Aachen und Harvard Medizin und ist Fachmann für Epidemiologie. Gleichwohl scheint er auch in seiner eigenen Partei nicht beliebt zu sein. Die nordrhein-westfälische SPD nominierte ihn auf einem aussichtslosen Listenplatz, aber Lauterbach holte mit großem Vorsprung das Direktmandat. In der Corona-Krise zeigte er, dass ihn Anfeindungen und auch Hass verirrter Zeitgenossen nicht vom Kurs abgebracht haben - Kompliment!
Linke Positionen
Wissen sollte man über ihn, dass Lauterbach Parteilinker ist. Er trat - allerdings erfolglos - mit einem linken Programm an, um Andrea Nahles als Parteivorsitzender zu beerben. Er warb mit der Abschaffung der Zweiklassenmedizin und mehr sozialer Gerechtigkeit. Die SPD müsse deutlich linker werden, proklamierte er.
Er und seine Kollegin Nina Scheer bewarben sich - gegen den Willen der kommissarischen Parteiführung - mit einer klaren Ansage: "Schnell raus aus der großen Koalition". Was zu beweisen war: Lauterbach ist kein stromlinienförmiger Politiker, sondern eckt auch an, wenn es seiner Meinung nach notwendig ist.
Noch wenig festgelegt
Im Koalitionsvertrag ist wenig zur Krankenversicherung zu lesen. Die wichtigste Botschaft für die Branche war, dass es die Bürgerversicherung nicht hineingeschafft hat. Das stetig steigende Defizit in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) soll auch künftig durch Steuermittel ausgeglichen und die Beiträge zum Abbau dynamisiert werden.
Weitere Projekte sind die Aufhebung der Hausärzte-Budgetierung, die Senkung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel und die Dynamisierung des Pflegegeldes. Die Krankenkassen sollen künftig ihre Service- und Versorgungsqualität anhand von einheitlichen Mindestkriterien offenlegen. Außerdem können sie ihren Versicherten verstärkt auch monetäre Boni für die Teilnahme an Präventionsprogrammen gewähren. Für Kinder und Jugendliche in der PKV soll künftig das Prinzip der Direktabrechnung gelten. Das war es dann schon weitgehend.
Schleichende Ausblutung der PKV
Es ist also völlig offen, wie es mit der PKV künftig weitergeht. Schon Anfang des Jahrtausends hatte die damalige Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) die Idee, durch eine Anhebung der Versicherungspflichtgrenze den gesetzlichen Krankenkassen zu mehr Einnahmen zu verhelfen. Eine Erhöhung der Pflichtgrenze würde die PKV zweifellos am Lebensnerv treffen.
Der PKV würde der Nachwuchs an Versicherten abhandenkommen, die Tarife würden vergreisen - mit der Folge höherer Beiträge für die verbleibenden älteren Privatversicherten. Auch könnte der Wechsel zwischen PKV und GKV zu Lasten der Privaten neu definiert werden.
PKV nur noch Beamtenversicherung?
Vor seinem Ministeramt verglich Lauterbach die PKV mit der Braunkohle. Die PKV sei im Gesundheitssystem das, was die Braunkohle in der Energieversorgung ist - nicht nachhaltig. Sie lohne sich nur noch für Beamte. Und hier kritisierte er schon seit Langem "eine ungerechte Subventionierung der privaten Krankenversicherung durch Beihilfe für Staatsdiener". Er hielt seinerzeit das Aus für die PKV für besiegelt. Jetzt stellt sich die Frage, wie Bundesgesundheitsminister Lauterbach das Thema angehen wird.
Autor(en): Bernhard Rudolf