Wer viel Auto fährt und oft allein unterwegs ist, sollte einen elektronischen Zeugen mitnehmen. Im Trend liegen so genannte Dashcams, kleine Videokameras, die hinter der Windschutzscheibe platziert werden und laufend den Verkehr filmen. Im Ernstfall können sie den Autofahrer nach Unfall oder angeblichem Verkehrsverstoß entlasten.
Sie sind nun salonfähiger geworden. "Bei schwieriger Beweislage können solche Aufnahmen sowohl im Straf- oder Zivilverfahren zugelassen werden", sagt Marc Herzog, Vertrauensanwalt des Auto Clubs Europas (ACE), aus Rosenheim. Aktuell hatte das Oberlandesgericht Stuttgart eine Dashcam in einem Schadenersatzprozess akzeptiert (OLG Stuttgart, Az.: 10 U 41/17).
Verwirrende Rechtslage
Schon in der Vergangenheit waren Dashcams bei schwerwiegenden Ordnungswidrigkeiten als Hilfe anerkannt worden (OLG Stuttgart, Az.: 4 Ss 543/15). Nach Einschätzung der deutschen Autoversicherer würde durch die Kameras bei vielen Unfällen schneller und einfacher festgestellt, wer wie viel Schuld am Unfall trägt. Die Schadenregulierung sei nicht nur schneller, sondern auch günstiger. "Dashcams liefern objektive und leicht auszuwertende Informationen und könnten diverse unfall-analytische Gutachten überflüssig machen", heißt es beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).
Der Verband verweist aber darauf, dass bislang die Verwertung von Dashcam-Aufnahmen in Deutschland nicht eindeutig rechtlich geregelt ist. Die Geräte sind zwar nicht verboten, doch wer während der Fahrt Personen und Kennzeichen durchgehend aufzeichnet, verstößt gegen den Datenschutz. "Wer so eine Kamera auch nur kurz einschaltet, muss wegen unbefugter Erhebung und Speicherung von Daten mit einem Bußgeld rechnen", bestätigt ACE-Verkehrs- und Versicherungs-Jurist Herzog.
Anwalt sollte Material sichten
In der Praxis dürfte das aber sehr selten der Fall sein. "Bei normalen Kontrollen hat die Polizei im Fahrzeuginneren eigentlich nichts verloren", stellt Rechtsanwalt Herzog klar. Die Beschlagnahme eines solchen Gerätes müsste schon über einen Durchsuchungsbeschluss erfolgen. "Das halte ich für unverhältnismäßig", so Herzog. Auch die Bußgeldbehörde habe einen Ermessenspielraum. Vor allem, wenn Geräte genutzt werden, die regelmäßig alte Aufnahmen überschreiben und somit nur die letzten Minuten dokumentieren. Solche Verfahren würden wohl meist eingestellt, schätzt der Experte.
Bevor ein Autofahrer seinen Dashcam-Film aber einem Gericht zur Verfügung stellt, ist es besser, wenn ein Anwalt das Material sichtet. Denn der Autofahrer könnte sich unter Umständen selbst belasten. Herzog: "Das ist die Kehrseite der Medaille". Eigene Verstöße, also ein mögliches Mitverschulden, würden natürlich ebenfalls aufgedeckt.
Dashcams machen Verkehr nicht sicherer
Im aktuellen Fall konnte der Kläger durch den Dashcam-Beweis seine Mitschuld von 75 Prozent auf 33 Prozent reduzieren. Zwar hatte er auf seiner Seite geparkte Autos überholt. Doch die Unfallgegnerin war mitten auf der Straße gefahren und hatte so gegen das Rechtsfahrverbot verstoßen. Erst im letzte Moment versuchte die Autofahrerin nach rechts auszuweichen. Doch da war es schon zu spät.
Die Autoversicherer fordern nun, dass der Gesetzgeber für den Einsatz von Dashcams einen verbindlichen datenschutzrechtlichen Rahmen schafft. Mehr Verkehrssicherheit sollen sie übrigens nicht bringen. So hat die Unfallforschung der Versicherer festgestellt, dass Fahrer nach dem Einbau einer Dashcam ihr Verhalten höchstens für kurze Zeit ändern.
Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek