Das "Versicherungs Alphabet" ist in einer neuen, bereits elften Auflage veröffentlicht worden. Auf fast 1.000 Seiten präsentieren die vier Autoren, zwei davon vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft, die anderen beiden von der Aachen Münchener Versicherung, mehr als 2.000 Stichwörter mit Versicherungsbezug.
Zunächst einmal ist es erfreulich, dass in Zeiten der Digitalisierung doch noch ganz traditionelle, gedruckte Bücher zum Nachschlagen und Nachlesen gibt. In manchen Lebenslagen ist ein Buch praktischer als das Onlinelesen, wie zum Beispiel jeder Bahnfahrer weiß, der versucht auf dem Weg in die bundesdeutsche Hauptstadt WLAN zu nutzen, oder gar in Regionalzügen überhaupt ansatzweise so etwas wie eine Onlineverbindung herzustellen.
Old School-Druck für Arbeit im Büro hilfreich
Ehrlicherweise hat das VersicherungsAlphabet allerdings auch einen Umfang und vor allem mit knapp zwei Kilogramm ein Gewicht, dass es sich nur bedingt als Reiselektüre eignet, sondern sich eher in Büro-Regalen als schnell nutzbares und gleichzeitig repräsentatives Buch wiederfinden wird.
Angenehm ist, dass nach Angaben der Autoren die Querverweis auf andere Stichwörter zwar zu Gunsten der Lesbarkeit reduziert, aber doch ausreichend häufig eingesetzt werden.
Weintrauben und Durchleitungsgebot
Inhaltlich decken die Autoren ein breites Spektrum ab. So erfährt man unter anderem beim Blättern – ein Register gibt es nicht –, was eine Weintraubenversicherung ist, oder wofür man ein Marginalsummenverfahren braucht.
Kehrseite des breiten Spektrums und der kleinen Autorenschar ist, dass man vereinzelt Ungenauigkeiten und kleinere Fehler findet. So wird beispielsweise behauptet, dass Versicherungsberater Bruttotarife gegen Provision vermitteln dürfen und diese Provision dann an den Kunden nach § 48c VAG auskehren müssen.
Gerade das hat der Gesetzgeber aus wohl gutem Grund verboten und richtigerweise die Versicherer statt die Berater verpflichtet, im Bruttotarif enthaltene Zuwendungen an den Kunden auszukehren. An anderer Stelle fehlt dann bei der Definition des Versicherungsberaters der an sich richtige Hinweis ganz, dass er auch vermitteln darf. Dieses wurde im vergangenen Jahr mit der IDD-Umsetzung in die Gewerbeordnung aufgenommen. Streng genommen hat es sich dabei allerdings nur um eine deklaratorische Ergänzung gehandelt. Denn Unterstützung beim erfolgreichen Abschluss von Versicherungen durften Versicherungsberater immer schon leisten, nur eben nie gegen Provision.
Ergänzungspotenzial vorhanden
Trotz der Vielzahl an Stichworten gibt es immer Raum für weitere. So werden zwar die beiden wichtigen Rundschreiben der BaFin zu Mindestanforderungen an die Geschäftsorganisation (MaGo) und zu versicherungsrechtlichen Anforderungen an die IT (VAIT) vorgestellt, nicht aber das wohl ebenso wichtige zur Zusammenarbeit mit Versicherungsvermittlern sowie zum Risikomanagement im Vertrieb.
Viele aktuelle Themen wurden aufgenommen wie beispielsweise das Betriebsrentenstärkungsgesetz, auch wenn man es unter den populäreren Begriffen Sozialpartnermodell oder Nahles-Rente nicht findet. Selbst die PEPP-Rente wird erklärt, obwohl sie bisher nicht in Kraft getreten ist.
Auf ein Bullshit-Bingo zu den Themen Insurtech & New Work muss man sich allerdings noch mit anderen Lektüren vorbereiten, denn außer einigen wenigen Begriffen wie Insurtech selbst, Blockchain oder Peer-to-Peer-Versicherung fehlen Einträge wie Accelerator, Chatbot, Customer Centricity, Customer Journey, Hub, Lab, Ökosystem und andere, mit denen die moderne Managergeneration der Versicherungsbranche um sich wirft und manchen Mitarbeiter verwirrt.
Das Versicherungs Alphabet ist insgesamt eine sehr gute Hilfe für das Basiswissen zum traditionellen Versicherungsbetrieb und dient als erste Orientierung in der Ausbildung und im Studium vor allem Branchenfremden oder Brancheninsidern, die sich in neue Sachgebiete einarbeiten müssen.
Lesetipp
Jörg Freiherr Frank von Fürstenwerth, Alfons Weiß, Werner Consten, Peter Präve: Versicherungs Alphabet (VA), Begriffserläuterungen der Versicherung aus Theorie und Praxis, 11. Völlig neu bearbeitete Auflage, ISBN 978-3-96329-019-0, 79 Euro, 2019 Verlag Versicherungswirtschaft
Autor(en): Matthias Beenken