Corona-Kredit-Schutzschirm für bisher gesunde Unternehmen

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Die Kreditversicherer Atradius, Coface, Euler-Hermes, R+V und Zurich beteiligen sich gemeinsam mit der Bundesregierung an einem Schutzschirm.

Die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus haben viele Unternehmen nahezu zum wirtschaftlichen Stillstand gebracht. Die Insolvenzzahlen dürften stark ansteigen. Mit dem Schutzschirm können nun trotzdem Kreditgarantien von über 400 Milliarden Euro aufrechterhalten werden. Das schützt solvente Unternehmen, die durch die Corona-Krise plötzlich und unverschuldet in Zahlungsschwierigkeiten geraten. Damit wird der schon extrem nervöse Markt der Kreditversicherung mit einem Schlag beruhigt.

Schutz schon bei Zahlungsverzögerung

Die auch Delkredere-Versicherung genannte Police schützt Lieferanten für den Fall, dass ein Abnehmer die Rechnung nicht bezahlen kann oder will. Kommt es zu Forderungsausfällen oder längerfristigen Zahlungsverzögerungen, wird die Rechnung vom Kreditversicherer beglichen. „Es muss also noch kein Insolvenzverfahren des Abnehmers eintreten, um einen Leistungsfall auszulösen“, erläutert Thomas Langen Direktor beim Kreditversicherer Atradius und Vorsitzender der Kommission Kreditversicherung im Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).

So ist es möglich, Tarife zu wählen, die schon bei einer Zahlungsverzögerung von fünf Monaten leisten. Solche Fälle dürften in der Corona-Krise viele bisher gesunde Unternehmen treffen. Deutet die Bonitätsprüfung auf drohende Zahlungsprobleme hin, können die Kreditversicherer das Kreditlimit reduzieren oder ganz aufheben. Sind also Forderungsausfälle für einen Kunden bis 100.000 Euro versichert, kann der Versicherer bei neuer Einschätzung der wirtschaftlichen Lage des Abnehmers diese Summe beispielsweise um 50 Prozent reduzieren. Wer dann höhere Werte liefert ist dann nur teilweise abgesichert. Für Unternehmen, die erst mit der Corona-Krise in Bonitätsschwierigkeiten geraten, hilft nun der Schutzschirm.

30 Milliarden Euro Bundesgarantie

Die Bundesregierung übernimmt rückwirkend zum März 2020 bis zum Jahresende eine Garantie von 30 Milliarden Euro. Die Kreditversicherer tragen selbst Verluste bis 500 Millionen Euro sowie Ausfälle, die über die Bundesgarantie hinausgehen. Dafür erhält die Bundesregierung 65 Prozent des Prämienaufkommens, das sich nach Angaben des GDV 2019 auf rund 817 Millionen Euro belief.

Die Vereinbarung wird von allen fünf großen Kreditversicherern über bilaterale Verträge getragen. "Die Garantie-Zusage des Bundes ermöglicht es uns, Kreditlimite für Abnehmer, die grundsätzlich gesunde Unternehmen darstellen, aber durch Corona in Schwierigkeiten geraten sind, aufrechtzuerhalten beziehungsweise zu zeichnen", sagt Langen.

Extrem hilfreicher Schritt 

Bei dem Deal zwischen Versicherern und Regierung handelt es sich somit eben nicht um einen Schutzschirm für Kreditversicherer, sondern um ein "breites Stabilisierungsprogramm für die Wirtschaft", wie Katarzyna Kompowska betont, die beim Kreditversicherer Coface für Nordeuropa zuständig ist. Insbesondere auch für die vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen in Deutschland ist das elementar.

Das wird auch von Praktikern so bewertet. "Wir sehen den Schutzschirm als extrem hilfreich und notwendig an. So werden die für die deutsche Wirtschaft lebensnotwendigen Lieferketten zumindest bis zum Einzelhandel stabilisiert", sagt Heiko Walter von der Walter - Kammann Kreditversicherungsmakler GmbH aus Aachen. "Wir sind zuversichtlich, dass die Maßnahmen die bestehende Nervosität am Kreditversicherungsmarkt deutlich lindert und es auch einfacher wird unversicherten Firmen wieder Warenkreditversicherungsangebote mit ausreichendem Versicherungsschutz vorlegen zu können", so Walter.

Kein Freifahrtschein für Problemfirmen

Helfen soll der Schutzschirm aber nur Unternehmen, die aufgrund der Corona Pandemie in Schieflage geraten sind oder noch geraten können. So wirke Corona bei einigen Unternehmen nicht als primäre Ursache des Bonitätsverlusts, sondern vielmehr als Katalysator für bereits bestehende finanzielle Probleme, wie der Kreditversicherer Euler Hermes feststellt. "Für diese Unternehmen gibt es dadurch keinen generellen Freifahrtschein", betont Ron van het Hof, CEO von Euler Hermes in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Knapp die Hälfte der versicherten Lieferungen und Leistungen in Höhe von über 400 Milliarden Euro entfallen nach eigenen Angaben auf Marktführer Euler Hermes.

Viele nicht versichert

Viele Unternehmen sind aber gar nicht versichert. Laut GDV sind Exporte lediglich zu 15 Prozent abgesichert. Trotz des hohen wirtschaftlichen Risikos von Forderungsausfall, schätzt auch der Kreditversicherer Coface, dass in Deutschland derzeit nur 20 bis 25 Prozent der Unternehmen eine Kreditversicherung abgeschlossen haben. Die Nachfrage nach dem Schutz für Lieferantenkredite dürfte angesichts der Pandemie-Erfahrung nun steigen.

"Mit einer Rechnung, die beispielsweise bis zu 180 Tagen nach der Ausstellung beglichen werden kann, stellen die Lieferanten ihren Kunden quasi einen Blankokredit zur Verfügung", sagt Fabian Sarafin von der GFL Maklergesellschaft. Damit gingen sie unkalkulierbare Risiken ein. "Zudem gibt es nicht nur Versicherungsschutz, sondern als Service eine regelmäßige Bonitätsprüfung der Abnehmer im In- und Ausland", erläutert Versicherungsmakler Detlef Heydt von der HRP GmbH aus Alzenau. "Als Versicherer tragen wir eine systemrelevante Verantwortung und können nun auch in Zeiten von Corona neue Deckungsrisiken übernehmen", bestätigt Petra Riga, Vorstand Industrieversicherung bei Zurich in Deutschland. Die individuelle Risikoprüfung verbleibe aber auch künftig beim jeweiligen Kreditversicherer.

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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