Branche uneinig über Aushebelung von Garantien

Die AXA Lebensversicherung hat in dieser Woche eine erst 2005 eingeführte Klausel zur Aufweichung der Garantiezinsen wieder aufgegeben. Konzernvorstand Heinz-Peter Roß bestätigte dies gegenüber mehreren Medien. Axa war als einer der ersten Anbieter aufgefallen, die ihre Garantien in den Rentenversicherungs-Bedingungen relativiert hatten. Die umstrittene Klausel gab dem Unternehmen das Recht, die garantierten Renten zu senken, wenn die Lebenserwartung bei ihren Kunden unvorhersehbar steigt. Gegen diese Aufweichung wehrten sich vor allem Axa-Vertreter und Makler vehement.

Verträge mit Demografieklausel seien zurzeit im Markt nicht durchsetzbar, ließ Roß nun verlauten. Damit läutete er den Rückzug vom Rückzug der Garantieaufweichung ein. Wie Unternehmenssprecher Ingo Koch bestätigte, würden entsprechende Neuverträge mit der umstrittenen Klausel nun rückwirkend auch beim Kleingedruckten umgestellt.

Die Entscheidung für den Umschwung beim Management fiel offensichtlich durch den massiven Widerstand des Vertriebes, der das Alleinstellungsmerkmal Garantien bedroht und damit seine Geschäfte in der aufgeschobenen Rentenversicherung wegbrechen sah. Die Vermittler sind beim Thema Garantien knallhart, stellte Axa fest. Besonders stark sei der Widerstand im Maklerbereich gewesen. „Wir sehen die Gefahr, dass die Garantien zu einem Riesenthema werden und das den Markt negativ gegen uns beeinflusst", räumte Roß Zeitungsberichten zufolge ein.

Die Axa war bei ihrem Vorstoß nicht allein. Doch von der Kann-Bestimmung in ihrem eigenen Kleingedruckten hatten sich inzwischen mehrere Versicherer distanziert, darunter auch Europa und Continentale (siehe Newsletter vom 15.4.05). Ein Großteil der Branche war jedoch von dieser Entwicklung völlig überrascht worden. Selbst der Marktführer Allianz musste erst einmal seine AVB durchforsten, als er mit der Fragestellung konfrontiert wurde. Dann gab es ein Aufatmen und Entwarnung, weil in den AVB keine Klauseln bestehen, die eine Anpassung garantierter Altersrenten erlauben. Allianz und andere Unternehmen verkündeten daraufhin ihren Vertrieben, dass sie uneingeschränkt zu ihren Garantien standen und stehen.

Laut Analyse-Unternehmen Franke & Bornberg GmbH (F&B) gebe es jedoch bei mehreren Versicherern weitere Möglichkeiten, bei aufgeschobenen Renten-Versicherungen die Garantien auszuhebeln. Die Assekuranz ist sich offenkundig nicht darüber einig, ob die Einführung eines Anpassungs-Mechanismus erforderlich ist. Nur bei Einigkeit könnten solche Klauseln im Markt durchgesetzt werden, hieß es bei Axa. Die Klausel sei im Prinzip wirtschaftlich sinnvoll, aber die Gefahr, im Neugeschäft gegenüber der Konkurrenz Einbußen zu erleiden, gab letztlich den Ausschlag für die Streichung der Klausel, im Ernstfall die garantierten Renten verringern zu dürfen. Einige Unternehmen reagierten mit Unverständnis, denn Garantien seinen stets Garantien, an denen bis zum erreichten Stichtag keine Abstriche erlaubt seien. Hier dürfe während der Aufschubzeit allenfalls für die Zukunft an den Leistungen Abstriche gemacht werden, aber auch nur wenn das Unternehmen in Schieflage gerät, ist von der Aktuarin der S-Pensionsmanagement GmbH zu hören. Verdiente und gutgeschriebene Leistungen – sowohl Garantiezins als auch laufender Überschuss – seien dagegen sicher und dürften nicht nachträglich gekürzt werden.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) beobachtet derweil die Situation. Jedes Unternehmen könne Verträge ohne oder mit eingeschränkten Garantien anbieten, so Sprecher Peter Abrahams. Allerdings müsse das transparent geschehen. Späte Überraschungen seien nicht akzeptabel. So hatte sich auch der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft geäußert: „Das ist ein Aufsichtsrechts-Probleme“, hatte GDV-Sprecherin Gabriele Hoffmann gemeint.

Das Analyse-Unternehmen FitchRatings verweist jedoch darauf, dass in der gesamten Branche quasi überhaupt keine harten Garantien geboten werden und die Garantie-Versprechen im Notfall unter Vorbehalt stünden. So müssten Kunden mit bis zu fünf Prozent der garantierten Leistungen Selbstbehalt im Schadenfall leben, falls ein Lebensversicherer in Not gerät und der neue gesetzliche Sicherungsfonds nicht ausreiche (nach § 125 Absatz 5 VAG).

Das Analysehaus Franke & Bornberg weist auf eine andere Bestimmung hin, die zumindest im Normalfall keine Gefahr für die Garantien bei Rentenpolicen gegen laufenden Beitrag sieht. Deutliche Veränderungen der Lebenserwartung könnten zwar grundsätzlich als Änderungsrisiko eingestuft werden (§ 172 VVG). Der Paragraf erlaubt es den Versicherern, den Beitrag zu erhöhen und/oder die Bestimmungen zur Überschussbeteiligung anzupassen, wenn eine nicht vorhersehbare Veränderung der bei Vertragsbeginn gültigen Rechnungsgrundlagen eingetreten ist. Diese Vorschrift darf jedoch nur bei Versicherungen angewendet werden, bei denen der Eintritt des Risikos ungewiss ist, merkt Geschäftsführer Michael Franke an. Dies sei nach herrschender Meinung bei aufgeschobenen Rentenversicherungen jedoch nicht der Fall. Das Änderungsrisiko bei Rentenversicherungen in Form eines nachträglichen für den Versicherer nicht vorhersehbaren Anstiegs der Lebenserwartung ist also vom Versicherer nur in dem Umfang versicherbar, wie dies bei Vertragsbeginn bereits einkalkuliert wurde.

Ein zusätzlicher Sicherheitsabschlag auf die DAV-Sterbetafel dürfe aber vorgenommen werden, um eine spätere Anpassung der Beiträge, Rechnungsgrundlagen oder der Überschussbeteiligung zu verhindern. Leider werde dieser Abschlag nicht immer von den Unternehmen ausgewiesen, kritisiert Franke.

Autor(en): Detlef Pohl

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