Blick zum Nachbarn: Die Niederlande und das Provisionsverbot

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In den Niederlanden gilt seit Anfang 2012 in der Lebensversicherung und einer der deutschen Berufsunfähigkeitsversicherung ähnlichen Versicherungsform für alle Vertriebswege ein Provisionsverbot. Was bedeutet dies für Vermittler und Kunden?

Niederländische Versicherungsgesellschaften dürfen keine Provisionen mehr bezahlen und niederländische Versicherungsvermittler, egal ob Makler oder Agenten, dürfen keine Provisionen in diesen Sparten mehr annehmen. Die Vergütung in den anderen Sparten erfolgt in der Regel weiterhin durch laufende Courtagen beziehungsweise Provisonen.

Nur noch auf Honorarabasis
Die Beratung in den Sparten Leben und BU / Absicherung der Arbeitskraft und betriebliche Altersversorgung / Pensionen darf nur noch auf Honorarbasis erfolgen. Ein Versicherungsmakler in der Nähe der deutschen Grenze nimmt hierfür beispielsweise 125 Euro pro Stunde plus Mehrwertsteuer, die in den Niederlanden 21 Prozent beträgt. Die Einrichtung einer betrieblichen Altersversorgung kostet 3.500 Euro plus 15 Euro pro Monat je Mitarbeiter; ebenfalls plus Mehrwertsteuer.

Keine Provisionen – kein Vorteil für die Kunden
Sehr bemerkenswert ist die Aussage der niederländischen Versicherungsmakler, dass – obwohl die Lebensversicherungsgesellschaften keinerlei Courtagen bzw. Provisionen mehr an Vermittler bezahlen - die Prämienhöhen nicht gesunken sind. Die Kunden zahlen nun also die gleichen Prämien wie in den „Provisonszeiten“ plus die Beratungshonorare – und die Versicherungsgesellschaften haben höhere Einnahmen. Eine Entwicklung die sich Verbraucherschützer und Kunden so nicht vorgestellt haben – und in Deutschland wohl nicht vorstellen können.

Beratung praktisch nicht finanzierbar
Das soziale Problem einer Honorarberatung erläutern die niederländischen Versicherungsmakler sehr eindrucksvoll am Beispiel einer Sterbegeldversicherung. Die Versicherungssummen betragen hier wie in Deutschland in der Regel zwischen 5.000 und 10.000 Euro; auch das Prämienniveau ist vergleichbar. Die Kundschaft für diese Versicherungsform sind auch in den Niederlanden insbesondere die Menschen, die nicht über ausreichende Ersparnisse und Finanzanlagen verfügen, um eine Beerdigung ohne Probleme finanziell zu bewerkstelligen, also insbesondere Personen mit geringen Einkünften und fast ohne Ersparnisse. Oftmals benötigen gerade diese Personen eine besonders zeitintensive Erläuterung, da sie nur über geringe Kenntnisse in finanziellen Angelegenheiten verfügen. Bei einem Stundensatz von 125 Euro plus Mehrwertsteuer ist eine Beratung für diese Zielgruppen praktisch nicht finanzierbar.

Die Beratungsentgelte pro Stunde sind in den Niederlanden durchaus vergleichbar mit den Entgelten, die deutsche Versicherungsberater nehmen. Die Courtagen in den SHUK-Sparten sind in den Niederlanden jedoch teilweise erheblich höher: Für Haftpflichtversicherungen werden 25 Prozent genannt, für Wohngebäude und Hausrat 27,5 Prozent und für Kfz 15 bis 20 Prozent - ein für diesen Sektor in Deutschland nicht vorstellbarer Wert, da es hier gesetzliche Regelungen gibt.

Schwierige Fachprüfungen alle drei Jahre – viele Vermittler gaben auf
Von den circa 12.000 Maklern und Agenturen in den Niederlanden gibt es inzwischen nur noch circa 4.000; zwei Drittel sind also vom Markt verschwunden. Bei den Beratern für betriebliche Altersversorgung – in den Niederlanden Pensionen genannt – sind von rund 6.000 Beratern heute nur noch circa 600 am Markt tätig; rund 90 Prozent sind also vom Markt verschwunden. Als Ursache hierfür gilt aber nicht nur die Einführung des Provisionsverbotes nach einer nur zweijährigen Übergangsfrist, sondern auch die Einführung einer schwierigen Fachkundeprüfung, die alle drei Jahre vollständig wiederholt werden muss.

Im Bereich der Immobilienfinanzierung setzen die Versicherungsmakler, die auch Hypotheken vermitteln und hierzu beraten, zwanzig Arbeitsstunden intern an und verlangen 3.250 Euro plus Mehrwertsteuer vom Kunden als pauschales Beratungsentgelt.

Fazit: Die sozialen Aspekte müssen bedacht werden
Die Erfahrung, dass das Prämienniveau in der Lebensversicherung überhaupt nicht gesunken ist und die Kunden zu den gleich hohen Prämien nun noch Beratungsentgelte und Mehrwertsteuer entrichten, ist sicherlich eine sehr bemerkenswerte Entwicklung in den Niederlanden, die im politischen Berlin wohl kaum bekannt ist.

Auch die soziale Problematik ausschließlicher Honorarberatung für eine Gesellschaft – von den niederländischen Versicherungsmaklern anschaulich am Beispiel der Sterbegeldversicherung dargestellt – ist es sicherlich wert, auch in Deutschland eingehender behandelt zu werden, bevor man gesamtgesellschaftliche Entscheidungen in der Politik trifft.

Textquelle: Stefan Jauernig, 50226 Frechen, jauernig@j-makler.de

Autor(en): Stefan Jauernig

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