Bleibt Rechtsschutz für jedermann bezahlbar?

Eine Rechtsschutzversicherung könnte bald zum Luxus-Objekt für Otto Normalverbraucher werden. Mit dem Inkrafttreten des neuen Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes zum 1. Juli werden sich auch die Prämien beim Rechtsschutz verteuern.

"Die sozial- und rechtspolitische Aufgabe der Chancengleichheit für den Bürger bei rechtlichen Auseinandersetzungen ist mehr denn je das Metier der Rechtsschutzversicherer", betont Reinhold Gleichmann, Vorstand des größten europäischen Rechtsschutzversicherers D.A.S. Angesichts der empfindlich teuerer werdenden Honorare, die Rechtsanwälte ab 1. Juli fordern können, fürchtet Gleichmann eine drohende "Zwei-Klassen-Justiz", weil sich so mancher Rechtsuchende den Gang zum Anwalt nicht mehr leisten könnte.

Weit über dem Einkommenszuwachs


Mit dem neuen Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RAVG) im nächsten Monat werden die Anwaltskosten um rund 21 Prozent steigen, ergab eine Studie des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Rechnet man die gestiegenen Streitwerte der letzten zehn Jahre mit ein, ergebe sich eine Gesamterhöhung, die weit über dem Einkommenszuwachs in der gewerblichen Wirtschaft in den vergangenen zehn Jahren liegt, beurteilt Gleichmann die Sachlage.

Laut Bundesjustizministerium soll mit dem neuen RAVG eine Anpassung der Rechtsanwaltseinkommen an die allgemeine Einkommensentwicklung erzielt und die Gerichte durch stärkere Honorierung der außergerichtlichen Tätigkeit der Anwälte entlastet werden.

Gerechtfertigt oder nicht?


Gleichmann: "Ob die Gebührenerhöhung insgesamt gerechtfertigt ist und die Gerichte wie gewünscht entlastet werden, ist mehr als fraglich." Eines stehe jedoch fest: In vielen Fällen kommen auf den rechtsuchenden Bürger gewaltige Kostensteigerungen zu. Mehr denn je führe daher der Weg zum guten Recht über die Rechtsschutzversicherung.

Um mit der Kostenerhöhung nicht gleich alle Türen zu zuschlagen, wird die D.A.S. bei der Prämienanhebung so moderat wie möglich vorgehen, teilt Gleichmann mit. Noch sei jedoch nicht absehbar, wie hoch der Prozentsatz ausfallen müsse.

Verdienen nur die Anwälte mehr?


Fraglich sei ohnehin, ob höhere Kosten die vorgebliche Prozess-Freudigkeit der Bundesbürger dämpfen. Die Neuregelung werde allerdings die Einkommensmöglichkeiten der Anwälte bei zusätzlicher Inanspruchnahme der Gerichte noch verbessern, dies vor allem durch eine generelle Addition von außergerichtlichen und gerichtlichen Gebühren.

Angesichts des steigenden Kostenrisikos werden viele Bundesbürger den Gang zum Rechtsanwalt mehr denn je scheuen. Für sie bedeutet die Erhöhung – so Gleichmann - eine "unüberwindliche Barriere auf dem Weg zum Recht". Ob im Zivil- oder Strafrecht – das Kostenrisiko steige ernorm. In zivilrechtlichen Fällen erreiche es teilweise ein Ausmaß, das sogar den Beitrag übersteige, um den sich die Parteien letztendlich streiten. Das sei aber mit Sicherheit nicht der gewünschte Effekt für die Einführung des neuen Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

Autor(en): Marianne Storck

Alle Branche News