"Auswirkungen eines Provisionsdeckels auf das Geschäftsmodell Maklerpool – Bestandsaufnahme und Konsequenzen" war das Thema von Oliver Pradetto, Geschäftsführer und Kommanditist des Maklerpools Blau direkt, bei der 12. Konferenz "Aktuelle Fragen des Versicherungsvertriebs" am 10. November 2020, veranstaltet vom Institut für Versicherungswissenschaften e. V. an der Universität Leipzig.
Der so genannte Provisionsdeckel sei eine Art Zombie, ein immer wiederkehrendes Phänomen, auch wenn man dachte, er sei erledigt, meinte Blau direkt-Chef Pradetto. Sollte der Deckel aber kommen, sei die Corona-Krise so verschärfend, dass es zu Verwerfungen im Lebensversicherungsmarkt kommen könne. Einige Betriebe hätten bereits im ersten Lockdown im März/April ihre Reserven aufgebraucht, sodass sich die Wirtschaftslage verschärfen könne. Die staatlichen Hilfen kämen nicht an, von den versprochenen 28 Milliarden Euro seien nur zwei Milliarden Euro wirklich ausgezahlt worden, der Rest hätte zurückgezahlt werden müssen.
Storno frisst Provision
Wenn man von Provisionsbegrenzung spreche, müsse man erst Großvertriebe wie MLP und Einzelmakler unterscheiden. Bei einem Einzelmakler gehe man von einer durchschnittlichen Courtage von 45 Promille der Versicherungssumme in der Lebensversicherung (LV) ausgehen. Durch das Lebensversicherungsreformgesetz und die Verlängerung der Stornohaftzeiten auf fünf bis zehn Jahre habe man bereits eine provisionsbegrenzende Wirkung feststellen müssen. Ein durchschnittlicher Vermittler habe ein Storno im ersten Jahr von sechs bis acht Prozent, danach liege der Satz bei etwa fünf Prozent. "Nach unserer Analyse muss der Vermittler dadurch etwa ein Drittel seiner Provision zurückzahlen", so der Poolchef. Er verdient also schon derzeit statt 45 nur 30 Promille. Eine weitere Provisionskürzung könnten LV-affine Vermittler nicht auffangen, meinte Pradetto.
Wie viele Makler vom Markt verschwinden müssten
Zudem sei die Einkommenssituation der Vermittler eher unbefriedigend. So verdienen 25 Prozent der Vermittler weniger als 25.000 Euro, etwa die Hälfte weniger als 50.000 Euro jährlich. Dabei verwechselten viele Vermittler noch Provisionsumsatz mit Gewinn. Aus dem Umsatz müssten sie noch Miete, Teilzeitkraft etc. finanzieren. Eine Provisionsbegrenzung würde Makler mit Schwerpunkt LV hart treffen. Pradetto rechnet damit, dass etwa 20 bis 30 Prozent der mit Blau direkt verbundenen unabhängigen Vermittler aufgeben müssten. Im Gesamtmarkt könnten das sogar 60 bis 70 Prozent sein.
Pool übernimmt Maklerbestände
Daher habe sich Blau direkt entschieden, Maklerbestände aufzukaufen. Die Makler erhielten weiterhin ihre Bestandsprovision, aber der Pool darf die Bestände betreuen. Da die Betreuung in erster Linie automatisiert erfolge, sei das Modell wirtschaftlich erfolgreich. Habe ein Makler im Schnitt zwei bis drei Verträge pro Kunde, habe man diese auf vier bis fünf Verträge erhöhen können. 60 Bestände habe Blau direkt bereits übernommen.
Warnung vor Pool-Insolvenzen
Wenn der erste Maklerpool insolvent würde, könnten weitere Pools in die Knie gehen – in einer Art Domino-Effekt. Durch die von Versicherern angebotenen Stundungen, die der Vermittler vom Versicherer nicht ausgewiesen bekommen könne, könnten Vermittler ihre Reserven aufbrauchen und dann in der weiteren Krise aufgeben müssen, warnte Pradetto. Wenn dann die ersten Pools Probleme bekommen, hätten es auch die anderen Pools schwer. Maklerpools seien für die Lebensversicherung durchaus systemrelevant, resümierte der Poolchef.
Autor(en): Bernhard Rudolf