Die anhaltende Niedrigzinsphase und das Lebensversicherungsreform-Gesetz haben sich gar nicht so sehr auf die Courtagesätze der Makler ausgewirkt, so Finet-Chef Markus Neudecker. Warum aber dennoch die Vergütungen der Versicherer ganz erheblich voneinander abweichen.
Im kommenden Jahr wird das Lebensversicherungsreform-Gesetz (LVRG) evaluiert. Dazu hat der Finanzausschuss des deutschen Bundestags den Auftrag erteilt, umgesetzt wird er vom Bundesfinanzministerium und der dazu gehörenden Behörde Bafin.
Aktionismus vor der Evaluierung des LVRG
Markus Neudecker, Vorstand des Maklerpools Finet Financial Services Network AG, erwartet "Last Minute-Reaktionen seitens der Produktgeber" in diesem Jahr. Denn die Bafin hat bereits Ende vorletzten Jahres Erhebungen bei Versicherern durchgeführt und im vergangenen Jahr kritische Stellungnahmen öffentlich abgegeben, wonach der bisherige "Druck auf die Abschlusskosten" vielleicht noch nicht ausreichend eingetreten ist.
Erreicht werden sollte der über die Absenkung des zillmerfähigen Anteils der Abschlusskosten von 40 auf 25 Promille der Beitragssumme einer Lebensversicherung. Hat ein Lebensversicherer höhere Abschlusskosten, und das ist der Regelfall, dann muss er diese über die Laufzeit verteilt in die Prämie einkalkulieren. Entstehen diese Kosten aber trotzdem gleich bei Vertragsbeginn, dann muss der Versicherer diese Kosten vorfinanzieren. In Niedrigzinszeiten führt das dazu, dass die Kosten deutlich sichtbar werden und die Beitragserhaltung in immer weitere Ferne verschoben wird. Zu diesen Kosten gehören keineswegs nur Abschlussprovisionen und -courtagen, sondern auch vor Vertragsschluss entstehende Kosten des Versicherers wie beispielsweise für die Antragsprüfung, Werbung oder für die Aus- und Weiterbildung des Vertriebs.
Bewertungsfaktoren senken die Vergütung eher im Verborgenen
Neudecker machte in seinem Eröffnungsvortrag der diesjährigen Maklermesse "Finet Informations-Tag FIT 2017" in Kassel deutlich, dass es vielfältige Ansätze gibt, die Courtagen der Makler zu senken. Das ginge keineswegs nur über den in der Courtagezusage festgehaltenen Courtagesatz, der teilweise leicht abgesenkt und ganz oder teilweise in eine laufende Courtage umgewandelt worden ist. Auch Stornohaftungszeiten wurden angehoben, acht bis zehn Jahre kommen häufiger vor.
"Die hohe Komplexität der Produkte wie beispielsweise der "Neuen Klassik" und auch die vielen Elemente veränderter Courtagevereinbarungen lenken von dem ab, was irgendwo im Kleingedruckten tatsächlich passiert", so Neudecker. Denn viel bedeutsamer sei ein anderer Ansatz: "Die Absenkung der Abschlusskosten ist auch über Bewertungsfaktoren zu erreichen."
Erhebliche Unterschiede bei kurz- und langlaufenden Verträgen
Dazu präsentierte er Beispiele anhand eines fiktiven, aufgeschobenen Lebensversicherungsvertrags mit 100 Euro Monatsbeitrag, die im Alter 67 fällig werden soll. Nach traditioneller Auslegung sollte ein solcher Vertrag bei 42 Jahren Aufschubzeit eine Beitragssumme von 50.400 Euro bedeuten. Tatsächlich ist das nur bei zwei von zehn Versicherern der Fall, die Neudecker dazu analysiert hat. Bei allen anderen liegt die Wertungssumme bei bis zu 25 Prozent niedriger, das sind 37.800 Euro.
"Die Courtagesätze unterscheiden sich nur geringfügig", so Neudecker. "Trotzdem gibt es bei einzelnen Versicherern bis zu einem Viertel weniger." Noch wesentlich drastischer fällt der Effekt bei kurzlaufenden Verträgen aus. Ist der Musterkunde 55 Jahre alt und erreicht nur noch zwölf Jahre Aufschubzeit, dann gibt es zwar immerhin drei Versicherer, die daraus 14.400 Euro Beitragssumme ermitteln und der Courtageberechnung zugrunde legen. Aber ein Versicherer macht für solche älteren Kunden überhaupt kein Angebot mehr, und alle anderen setzen bis zu 65 Prozent geringere Wertungssummen an. Im Extremfall sind das nur noch 5.008 Euro Beitragssumme.
Auch im Ausschließlichkeitsvertrieb verbreitet
Vergleichsweise geringer fallen die Differenzen bei Verträgen mit "normal" langer Aufschubzeit aus. Bei 32 Jahren Aufschubzeit weichen nur zwei Versicherer nach unten ab und setzen eine um bis zu zehn Prozent geringere Beitragssumme an. Ein Versicherer erhöht die formelle Beitragssumme von 38.400 Euro sogar leicht um 1,7 Prozent.
Bei 22 Jahren Aufschubzeit, also einem bei Abschluss 42-jährigen Kunden, gibt es auch eine Gesellschaft, der kein Angebot mehr machen möchte. Zwei weitere senken die Beitragssumme um bis zu 20 Prozent ab. Den Trend, die Vergütung über Laufzeitfaktoren abzusenken, gibt es auch im Ausschließlichkeitsvertrieb (). Auch hier sind es vor allem kurz- wie besonders langlaufende Verträge, deren Beitragssummen abgewertet werden.
Lohnsteuerhilfe macht es vor
Neudecker kritisierte weiter den Vorschlag der Bundesregierung zur Umsetzung der IDD und zur Förderung der Honorarberatung. Es sei eine Illusion, dass Privatkunden auf einmal in der Breite Honorarleistungen in Anspruch nehmen würden. Das funktioniere nicht mal bei Steuerberatern.
Viele Betroffene vertrauten lieber einer Software, als entsprechende Honorare zu zahlen. Und allein vier Millionen Deutsche haben sich stattdessen einem der rund 800 Lohnsteuerhilfevereine angeschlossen, der für zwischen 30 und 400 Euro oder durchschnittlich 150 Euro im Jahr seine Mitglieder bei der Steuererklärung unterstützt. "Das könnte auch ein Modell in der Versicherungsberatung werden", meinte Neudecker. Vor allem die geplante Pflicht der Versicherer, Provisionen bei Beratung durch Versicherungsberater an den Kunden durchzuleiten, erhöhe die Attraktivität der Berater. "Mit dieser 'Zwangsdurchleitung' kann man dann für sich werben", mutmaßt Neudecker. Auch Flatrate-Modell könnten sich durchsetzen, die ebenfalls die klassische Courtage unter Druck setzen.
Bild: © Zerbor/Fotolia.com
Im kommenden Jahr wird das Lebensversicherungsreform-Gesetz (LVRG) evaluiert. Dazu hat der Finanzausschuss des deutschen Bundestags den Auftrag erteilt, umgesetzt wird er vom Bundesfinanzministerium und der dazu gehörenden Behörde Bafin.
Aktionismus vor der Evaluierung des LVRG
Markus Neudecker, Vorstand des Maklerpools Finet Financial Services Network AG, erwartet "Last Minute-Reaktionen seitens der Produktgeber" in diesem Jahr. Denn die Bafin hat bereits Ende vorletzten Jahres Erhebungen bei Versicherern durchgeführt und im vergangenen Jahr kritische Stellungnahmen öffentlich abgegeben, wonach der bisherige "Druck auf die Abschlusskosten" vielleicht noch nicht ausreichend eingetreten ist.
Erreicht werden sollte der über die Absenkung des zillmerfähigen Anteils der Abschlusskosten von 40 auf 25 Promille der Beitragssumme einer Lebensversicherung. Hat ein Lebensversicherer höhere Abschlusskosten, und das ist der Regelfall, dann muss er diese über die Laufzeit verteilt in die Prämie einkalkulieren. Entstehen diese Kosten aber trotzdem gleich bei Vertragsbeginn, dann muss der Versicherer diese Kosten vorfinanzieren. In Niedrigzinszeiten führt das dazu, dass die Kosten deutlich sichtbar werden und die Beitragserhaltung in immer weitere Ferne verschoben wird. Zu diesen Kosten gehören keineswegs nur Abschlussprovisionen und -courtagen, sondern auch vor Vertragsschluss entstehende Kosten des Versicherers wie beispielsweise für die Antragsprüfung, Werbung oder für die Aus- und Weiterbildung des Vertriebs.
Bewertungsfaktoren senken die Vergütung eher im Verborgenen
Neudecker machte in seinem Eröffnungsvortrag der diesjährigen Maklermesse "Finet Informations-Tag FIT 2017" in Kassel deutlich, dass es vielfältige Ansätze gibt, die Courtagen der Makler zu senken. Das ginge keineswegs nur über den in der Courtagezusage festgehaltenen Courtagesatz, der teilweise leicht abgesenkt und ganz oder teilweise in eine laufende Courtage umgewandelt worden ist. Auch Stornohaftungszeiten wurden angehoben, acht bis zehn Jahre kommen häufiger vor.
"Die hohe Komplexität der Produkte wie beispielsweise der "Neuen Klassik" und auch die vielen Elemente veränderter Courtagevereinbarungen lenken von dem ab, was irgendwo im Kleingedruckten tatsächlich passiert", so Neudecker. Denn viel bedeutsamer sei ein anderer Ansatz: "Die Absenkung der Abschlusskosten ist auch über Bewertungsfaktoren zu erreichen."
Erhebliche Unterschiede bei kurz- und langlaufenden Verträgen
Dazu präsentierte er Beispiele anhand eines fiktiven, aufgeschobenen Lebensversicherungsvertrags mit 100 Euro Monatsbeitrag, die im Alter 67 fällig werden soll. Nach traditioneller Auslegung sollte ein solcher Vertrag bei 42 Jahren Aufschubzeit eine Beitragssumme von 50.400 Euro bedeuten. Tatsächlich ist das nur bei zwei von zehn Versicherern der Fall, die Neudecker dazu analysiert hat. Bei allen anderen liegt die Wertungssumme bei bis zu 25 Prozent niedriger, das sind 37.800 Euro.
"Die Courtagesätze unterscheiden sich nur geringfügig", so Neudecker. "Trotzdem gibt es bei einzelnen Versicherern bis zu einem Viertel weniger." Noch wesentlich drastischer fällt der Effekt bei kurzlaufenden Verträgen aus. Ist der Musterkunde 55 Jahre alt und erreicht nur noch zwölf Jahre Aufschubzeit, dann gibt es zwar immerhin drei Versicherer, die daraus 14.400 Euro Beitragssumme ermitteln und der Courtageberechnung zugrunde legen. Aber ein Versicherer macht für solche älteren Kunden überhaupt kein Angebot mehr, und alle anderen setzen bis zu 65 Prozent geringere Wertungssummen an. Im Extremfall sind das nur noch 5.008 Euro Beitragssumme.
Auch im Ausschließlichkeitsvertrieb verbreitet
Vergleichsweise geringer fallen die Differenzen bei Verträgen mit "normal" langer Aufschubzeit aus. Bei 32 Jahren Aufschubzeit weichen nur zwei Versicherer nach unten ab und setzen eine um bis zu zehn Prozent geringere Beitragssumme an. Ein Versicherer erhöht die formelle Beitragssumme von 38.400 Euro sogar leicht um 1,7 Prozent.
Bei 22 Jahren Aufschubzeit, also einem bei Abschluss 42-jährigen Kunden, gibt es auch eine Gesellschaft, der kein Angebot mehr machen möchte. Zwei weitere senken die Beitragssumme um bis zu 20 Prozent ab. Den Trend, die Vergütung über Laufzeitfaktoren abzusenken, gibt es auch im Ausschließlichkeitsvertrieb (). Auch hier sind es vor allem kurz- wie besonders langlaufende Verträge, deren Beitragssummen abgewertet werden.
Lohnsteuerhilfe macht es vor
Neudecker kritisierte weiter den Vorschlag der Bundesregierung zur Umsetzung der IDD und zur Förderung der Honorarberatung. Es sei eine Illusion, dass Privatkunden auf einmal in der Breite Honorarleistungen in Anspruch nehmen würden. Das funktioniere nicht mal bei Steuerberatern.
Viele Betroffene vertrauten lieber einer Software, als entsprechende Honorare zu zahlen. Und allein vier Millionen Deutsche haben sich stattdessen einem der rund 800 Lohnsteuerhilfevereine angeschlossen, der für zwischen 30 und 400 Euro oder durchschnittlich 150 Euro im Jahr seine Mitglieder bei der Steuererklärung unterstützt. "Das könnte auch ein Modell in der Versicherungsberatung werden", meinte Neudecker. Vor allem die geplante Pflicht der Versicherer, Provisionen bei Beratung durch Versicherungsberater an den Kunden durchzuleiten, erhöhe die Attraktivität der Berater. "Mit dieser 'Zwangsdurchleitung' kann man dann für sich werben", mutmaßt Neudecker. Auch Flatrate-Modell könnten sich durchsetzen, die ebenfalls die klassische Courtage unter Druck setzen.
Bild: © Zerbor/Fotolia.com
Autor(en): Matthias Beenken