Für die einen kommt sie einer Naturkatastrophe gleich, für die anderen ist sie eine Chance, auf die sie schon lange gewartet haben: die Digitalisierung. Und für die Versicherer stellt sich dabei die Frage: Gegen diesen Trend ankämpfen oder auf der Welle mitschwimmen? Eine Frage, die auch die Teilnehmer auf der Jahrestagung von Businessforum21 in Köln umtrieb.
Was passiert aber mit Daten, die in dieser Digitalisierungswelle produziert und verarbeitet werden? Und wer darf diese Daten wie verwerten? Kunden, die diese Daten liefern, sind in diesem Spiel eher die Verlierer, da andere Marktteilnehmer wie Versicherer mit diesem Datenpool Geld verdienen, die Kunden selbst keine direkten Vorteile aus dieser Datenlieferung ziehen können. So eine Position in der Branche, so eine Position auch auf der Tagung.
Das Solidaritätsprinzip der Versicherung in Gefahr?
Viele Daten sind schon lange mannigfach vorhanden, werden neu verknüpft und von immer mehr Versicherungs-Startups für ihre neuen Geschäftsmodelle genutzt. Diese neuen Marktteilnehmer können dies meist sehr gut, weil sie weniger Infrastruktur unterhalten müssen als die großen und alteingesessenen Player. Die Neuen sind meist auch so flexibel, dass sie äußerst kleinteilige und individuelle Lösungen liefern können. Doch bringen diese Lösungen für kleine und kleinste Risikogruppen das Solidaritätsprinzip der Versicherung nicht in Gefahr? So eine kritische Stimme auf der Kölner Tagung.
Andreas Bode, Mitglied des Vorstands der R+V Direktversicherung AG, sieht diese Entwicklung nicht so problematisch, er glaubt vielmehr: „Individualisierung kann man bieten, auch ohne das kollektive Versicherungsprinzip zu zerstören.“
Damit Versicherer aber weiterhin erfolgreich agieren und zum Beispiel korrekte Prämienberechnungen anstellen können, brauchen sie aber nicht nur persönliche Daten ihres Kunden, sondern auch allgemeine Daten. Zum Beispiel, das Fahrverhalten des Einzelnen muss mit Informationen über den aktuellen Verkehrsfluss und/oder die vorgegebene Fahrgeschwindigkeit auf einer Strecke abgeglichen werden können, um ein individuelles und korrektes Prämienmodell für diesen Fahrer erstellen zu können.
Auch die Existenz von Google, Facebook & Co. sieht der R+V-Mann nicht als Bedrohung für die Assekuranz. Er ist eher überzeugt, dass diese Unternehmen den Versicherern helfen, den Kunden passgenaue(re) Angebote zu liefern.
Zu alt, zu langsam, zu unflexibel
Als falsch und reflexartig sieht er auch die Reaktion einiger Versicherungsteilnehmer, die Geschäftsmodelle von Fintechs einfach nur nachzubauen. Diese zeigten den traditionellen Versicherern nur, was technisch machbar sei und sensibilisierten sie dafür, dass die bestehenden Systeme der alteingesessenen Unternehmen oft schon zu alt, zu langsam seien. O-Ton von Bode : „Wir müssen unsere Entwicklungsgeschwindigkeit deutlich erhöhen und wir brauchen Plattformen, auf denen beispielsweise gleichzeitig Kunden, Außendienstmitarbeiter, Vermittler und Sachverständiger aktiv sein können.“
Und er ist überzeugt: „Wir müssen vom Kunden her denken und Neues entwickeln, das ist der richtige Weg. Wir müssen auch mehr Mut zu Flops haben, müssen neue Aspekte ausprobieren, ohne Angst.“ So müsse zum Beispiel sein Haus den Spagat zwischen alter und neuer Welt schaffen. Vor allem der starke Bankvertrieb seines Hauses, der sich wünscht, dass der Kunde in die Filiale kommt, habe mit der Digitalisierung noch so seine Probleme.
(Pseudo)soziales Engagement?
Nach dem System „Try and error“ agieren da die neuen Online-Makler und Fintechs in der Versicherungsbranche. Sie scheinen im Vergleich zu den klassischen Versicherern weitaus mutiger, Neues auf den Weg zu bringen und damit vielleicht aber zu scheitern. Einige dieser neuen Player waren auf der BF21-Tagung vertreten: So die Startups AppSichern, Getsafe, Simplesurance und Knip. Das Ziel des Letztgenannten ist es nach eigenen Angaben nicht nur, einen nachhaltigen Wert für den Kunden zu schaffen, sondern sie wollen das Leben des Kunden begleiten, sie wollen sogar, dass der Kunde durch ihr Angebot glücklich wird. Geldverdienen steht an zweiter Stelle. Aha. Soviel soziales Engagement ist schon bemerkenswert. Aber diese Bescheidenheit ist auch bei den anderen Fintechs zu hören, auch sie haben nur den Kunden im Blick, der schnöde Mammon uninteressant. Aha.
Knip will, so auch die eigene Darstellung, skaliert und digitalisiert arbeiten, hat keinen Außendienst, definiert sich aber nicht nur als Versicherungsordner und sieht die Beratung des Kunden seit rund einem halben Jahr als immer wichtigeres Thema. Der Fokus des Unternehmens liegt auf B-to-C-Kunden, die inhaltliche Aufteilung des Fintechs: Ein Drittel Technologie, ein Drittel Verwaltung und ein Drittel Beratung.
Der klassische Makler ist zu träge
Ihr bescheidenes Ziel laut Dennis Just, CEO bei Knip Deutschland: „Wir wollen in einem halben Jahr der beste Versicherungsmakler sein“. Dieses Vorhaben verknüpft der Online-Makler mit einem allgemeine Vorwurf: Der klassische Versicherungsmakler ist zu träge, um sich adäquat um seinen Kunden zu kümmern. Dieses Bild vom desinteressierten Makler wollen sie nun radikal verändern.
Wir werden sehen, welche Taten diesen Worten folgen.
Bildquelle: © Sergey Nivens / fotolia
Was passiert aber mit Daten, die in dieser Digitalisierungswelle produziert und verarbeitet werden? Und wer darf diese Daten wie verwerten? Kunden, die diese Daten liefern, sind in diesem Spiel eher die Verlierer, da andere Marktteilnehmer wie Versicherer mit diesem Datenpool Geld verdienen, die Kunden selbst keine direkten Vorteile aus dieser Datenlieferung ziehen können. So eine Position in der Branche, so eine Position auch auf der Tagung.
Das Solidaritätsprinzip der Versicherung in Gefahr?
Viele Daten sind schon lange mannigfach vorhanden, werden neu verknüpft und von immer mehr Versicherungs-Startups für ihre neuen Geschäftsmodelle genutzt. Diese neuen Marktteilnehmer können dies meist sehr gut, weil sie weniger Infrastruktur unterhalten müssen als die großen und alteingesessenen Player. Die Neuen sind meist auch so flexibel, dass sie äußerst kleinteilige und individuelle Lösungen liefern können. Doch bringen diese Lösungen für kleine und kleinste Risikogruppen das Solidaritätsprinzip der Versicherung nicht in Gefahr? So eine kritische Stimme auf der Kölner Tagung.
Andreas Bode, Mitglied des Vorstands der R+V Direktversicherung AG, sieht diese Entwicklung nicht so problematisch, er glaubt vielmehr: „Individualisierung kann man bieten, auch ohne das kollektive Versicherungsprinzip zu zerstören.“
Damit Versicherer aber weiterhin erfolgreich agieren und zum Beispiel korrekte Prämienberechnungen anstellen können, brauchen sie aber nicht nur persönliche Daten ihres Kunden, sondern auch allgemeine Daten. Zum Beispiel, das Fahrverhalten des Einzelnen muss mit Informationen über den aktuellen Verkehrsfluss und/oder die vorgegebene Fahrgeschwindigkeit auf einer Strecke abgeglichen werden können, um ein individuelles und korrektes Prämienmodell für diesen Fahrer erstellen zu können.
Auch die Existenz von Google, Facebook & Co. sieht der R+V-Mann nicht als Bedrohung für die Assekuranz. Er ist eher überzeugt, dass diese Unternehmen den Versicherern helfen, den Kunden passgenaue(re) Angebote zu liefern.
Zu alt, zu langsam, zu unflexibel
Als falsch und reflexartig sieht er auch die Reaktion einiger Versicherungsteilnehmer, die Geschäftsmodelle von Fintechs einfach nur nachzubauen. Diese zeigten den traditionellen Versicherern nur, was technisch machbar sei und sensibilisierten sie dafür, dass die bestehenden Systeme der alteingesessenen Unternehmen oft schon zu alt, zu langsam seien. O-Ton von Bode : „Wir müssen unsere Entwicklungsgeschwindigkeit deutlich erhöhen und wir brauchen Plattformen, auf denen beispielsweise gleichzeitig Kunden, Außendienstmitarbeiter, Vermittler und Sachverständiger aktiv sein können.“
Und er ist überzeugt: „Wir müssen vom Kunden her denken und Neues entwickeln, das ist der richtige Weg. Wir müssen auch mehr Mut zu Flops haben, müssen neue Aspekte ausprobieren, ohne Angst.“ So müsse zum Beispiel sein Haus den Spagat zwischen alter und neuer Welt schaffen. Vor allem der starke Bankvertrieb seines Hauses, der sich wünscht, dass der Kunde in die Filiale kommt, habe mit der Digitalisierung noch so seine Probleme.
(Pseudo)soziales Engagement?
Nach dem System „Try and error“ agieren da die neuen Online-Makler und Fintechs in der Versicherungsbranche. Sie scheinen im Vergleich zu den klassischen Versicherern weitaus mutiger, Neues auf den Weg zu bringen und damit vielleicht aber zu scheitern. Einige dieser neuen Player waren auf der BF21-Tagung vertreten: So die Startups AppSichern, Getsafe, Simplesurance und Knip. Das Ziel des Letztgenannten ist es nach eigenen Angaben nicht nur, einen nachhaltigen Wert für den Kunden zu schaffen, sondern sie wollen das Leben des Kunden begleiten, sie wollen sogar, dass der Kunde durch ihr Angebot glücklich wird. Geldverdienen steht an zweiter Stelle. Aha. Soviel soziales Engagement ist schon bemerkenswert. Aber diese Bescheidenheit ist auch bei den anderen Fintechs zu hören, auch sie haben nur den Kunden im Blick, der schnöde Mammon uninteressant. Aha.
Knip will, so auch die eigene Darstellung, skaliert und digitalisiert arbeiten, hat keinen Außendienst, definiert sich aber nicht nur als Versicherungsordner und sieht die Beratung des Kunden seit rund einem halben Jahr als immer wichtigeres Thema. Der Fokus des Unternehmens liegt auf B-to-C-Kunden, die inhaltliche Aufteilung des Fintechs: Ein Drittel Technologie, ein Drittel Verwaltung und ein Drittel Beratung.
Der klassische Makler ist zu träge
Ihr bescheidenes Ziel laut Dennis Just, CEO bei Knip Deutschland: „Wir wollen in einem halben Jahr der beste Versicherungsmakler sein“. Dieses Vorhaben verknüpft der Online-Makler mit einem allgemeine Vorwurf: Der klassische Versicherungsmakler ist zu träge, um sich adäquat um seinen Kunden zu kümmern. Dieses Bild vom desinteressierten Makler wollen sie nun radikal verändern.
Wir werden sehen, welche Taten diesen Worten folgen.
Bildquelle: © Sergey Nivens / fotolia
Autor(en): Meris Neininger