Bei der Talanx ging die Strategie auf

"Vom Winde verweht" sieht Talanx-Chef Wolf-Dieter Baumgartl die Gewinnprognosen der Konzern-Tochter Hannover Rück. Mit Beginn der Hurrikan-Saison Ende August in den USA musste der viertgrößte Rückversicherer der Welt eine bis dahin kaum gekannte Schadenbelastung von inzwischen rund 838 Millionen Euro hinnehmen. Trotzdem ist Baumgartl mit dem Geschäftsjahr 2005 zufrieden.

Bei der Talanx AG, drittgrößter deutscher Versicherungskonzern, schmolz 2005 das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) auf 420 (Vorjahr 960) Millionen Euro. So wurde nichts aus dem zuvor angestrebten Ziel, die Milliarden-Euro-Marke in diesem Jahr zu schaffen. Baumgartl verschob dieses Ziel auf nächstes Jahr. Das Geschäft verdorben hatten die drei Hurrikane "Katrina", "Rita" und "Wilma" in den USA. Rund 70 Prozent der Kunden der Hannover Rück sitzen in den von den Monsterstürmen betroffenen Gebieten am Golf von Mexiko und in der Gegend um New Orleans. Das Ergebnis der Talanx-Tochter Hannover Rück belastet auch die Schaden-Kosten-Quote (combined ratio), die wieder auf 107,7 (Vorjahr 98,3) Prozent stieg.

In anderen Bereichen des Talanx-Konzerns gab es hingegen Erfolge zu vermelden. Baumgartl: "Unsere Strategie". Es galt den Anteil der Erstversicherer in der Holding zu stärken, um über einen ausgewogeneren Ergebnisbeitrag der Segmente das Gesamtergebnis des Konzerns zu verstetigen. Während bislang die Schaden-Rückversicherung einen beträchtlichen Anteil zum Ebit beigesteuert hat, verdankt Talanx nach Worten seines Vorstandsvorsitzenden 2005 nach den Naturkatastrophen ihren Gewinn ausschließlich den anderen Segmenten: "Kein anderes Szenario hätte besser zeigen können, dass die geleistete Strukturarbeit im Konzern bereits unter den jetzigen Bedingungen als voller Erfolg zu werten ist. Wir haben immer gesagt, wir wollen einen "wetterfesten" Konzern haben, diesen Beweis haben wir gerade vor dem Hintergrund des diesjährigen Wetters erbracht."

Talanx arbeitet weiter am Ausbau der Erstversicherungsaktivitäten in definierten Zielmärkten. Dazu gehört neben Osteuropa insbesondere der südamerikanische Markt. So konsolidiert der Konzern seit Januar 2005 mit der im Vorjahr erworbenen HDI Asekuracja TU S.A. einen weiteren polnischen Schaden- und Unfallversicherer, und auch in Brasilien wuchs die Gruppe 2005 durch den Erwerb der HSBC Seguros. Auch die vereinbarte Übernahme der operativen Versicherungsgesellschaften des Gerling-Konzerns, die allerdings noch der Zustimmung der zuständigen Behörden bedarf, soll die Diversifizierung des Konzerns weiter vorantreiben.

Die Gerling-Übernahme bietet in der Branche guten Nährboden für Gerüchte. Fragen nach dem Kaufpreis, der Beibehaltung und Aufgabe des Markennamen Gerling sowie ein möglicher drastischer Stellenabbau tat Baumgartl als wilde Spekulationen ab. Er beteilige sich nicht an solchem Gerede, zumal bisher weder Gespräche dazu mit einer neu eingerichteten Integrationskommission noch mit Betriebsräten und anderen Beteiligten stattgefunden haben. Schließlich widersprach Baumgartl der geäußerten Vermutung nicht, dass der Konzern künftig weniger Arbeitsplätze haben könnte, da naturgemäß mit einem Kauf auch Synergien ins Auge gefasst werden. Andererseits könne man Synergien nicht als Synonym für Stellenabbau hernehmen.

Der Talanx-Chef gab inzwischen einige vorläufige Geschäftszahlen der zahlreichen Versicherungsunternehmen unter dem Dach des HDI VvaG in der Talanx-Holding für 2005 bekannt. Die Bruttoprämien-Einnahmen des Konzerns erhöhten sich insgesamt um 4,3 Prozent auf 14,8 Milliarden Euro, die verdiente Nettoprämie stieg - wegen des höheren Selbstbehaltes um 5,4 Prozent - auf 11,5 Milliarden Euro. Die Erstversicherer im Segment Leben erzielten ein Prämienplus von 28 Prozent. In der Schaden/Unfall-Erstversicherung kletterte das Prämienplus um 25 Prozent, wozu vor allem die beiden erstmals in den Konzernabschluss integrierten Gesellschaften in Polen und Brasilien beitrugen. Dagegen wurde die US-Gesellschaft Clarendon weiter deutlich zurückgefahren. Das Kapitalanlageergebnis reduzierte sich auf 1,7 (2004: 1,9) Milliarden Euro. Baumgartl betonte, dass hier zu berücksichtigen sei, dass im letzten Jahr 185 Millionen Euro als außerordentlicher Ertrag aus dem Verkauf von Hannover-Rück-Aktien angefallen war.



Autor(en): Ellen Bocquel

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