Eine langsame Umstellung Schritt für Schritt von der Provisions- zur Honorarberatung empfiehlt Heiko Reddmann (im Bild), Geschäftsführer der Honorarkonzept GmbH. Im Gespräch mit Versicherungsmagazin-Chefredakteur Bernhard Rudolf empfiehlt er den Versicherungsmaklern, ihr Geschäftsmodell zu erweitern. Dritter Teil der Interview-Serie zum Thema Honorarberatung.
Auf Ihrer Homepage heißt es: "Fest steht: Makler werden Ihre Existenz ohne Honorar nur sehr schwer oder gar nicht langfristig halten werden." Warum?
Heiko Reddmann: Makler stehen vor zunehmenden Herausforderungen, denn Sie müssen mehr denn je ihr Unternehmen zukunftsfähig machen. Bereits 2014 wurden mit der Begrenzung der Zillmerung durch das LVRG die Kosten in Provisionsprodukten gesenkt. Für dieses Jahr steht eine Evaluierung an und eine Deckelung der Abschlussprovisionen ist mehr als wahrscheinlich. Parallel steigen Aufwände für Dokumentations- und Informationspflichten. Dass der Gesetzgeber entgegen dem IDD-Referentenentwurf nunmehr auch für Makler eine Honorarberatung in der Breite zulässt, zeigt nicht nur den politischen Willen zur Stärkung der Honorarberatung, sondern ermöglicht für Makler auch einen schrittweisen Übergang zu noch mehr Selbstbestimmung und Unabhängigkeit.
Wenn ein Kunde seinen Vertrag kündigen will, erhält er kein Honorar zurück. Stellt er sich damit nicht schlechter als bei der Provisionsberatung?
Heiko Reddmann: Das hat viel mit der weit verbreiteten Vorstellung zu tun, eine Finanz- oder Vorsorgeberatung sei kostenlos. Vielen Kunden ist nicht bewusst, dass die Vergütung des Vermittlers verdeckt aus ihren Versicherungsbeträgen bezahlt wird. Dies zeigt auch eine Studie der EBS Business School. Demnach glauben zwei Drittel der Kunden an eine kostenlose Beratung bei Banken, Sparkassen und Finanzdienstleistern. Bei der Honorarberatung steht die Leistung des Beraters im Vordergrund. Innerhalb einer separaten Honorarvereinbarung vereinbaren Kunden und Berater demnach nicht nur ein Honorar, sondern auch für welche Leistung das Honorar gezahlt wird. Dadurch entsteht Messbarkeit, Transparenz, Bindung und Vertrauen.
Warum sollten Makler jetzt über eine Erweiterung ihres Geschäftsmodells in Richtung Honorarberatung nachdenken?
Heiko Reddmann: Die wirtschaftliche Abhängigkeit von Provisionen wird zu einem immer größeren Risiko. Vermittler sehen sich mehr und mehr im Zugzwang. Ein "Weiter so" lassen Branche, Markt und Politik, wie man deutlich an verschiedenen Regulierungsthemen sieht, nicht zu. Um mit Honorarberatung mehr wirtschaftliche Unabhängigkeit zu erreichen, ist eine Umstellung Schritt für Schritt – und gerade jetzt – definitiv zu empfehlen. Honorarkonzept unterstützt hierbei neben einem umfangreichen Serviceangebot vor allem mit einem individuellen und erfolgreichen Coaching vor Ort.
Von aktuell 44 befragten Unternehmen bieten 17 Lebensversicherungsunternehmen, ein Krankenversicherer und drei Kompositversicherer eigens kalkulierte Netto-Tarife an. Wie wollen Honorarberater das Problem lösen, wenn es viel zu wenig Nettotarife am Markt gibt?
Heiko Reddmann: Unsere Erfahrung zeigt, dass mehr und mehr Versicherer Nettotarife anbieten und sich dieser positive Trend auch durch die IDD fortsetzen wird. Bestes Beispiel ist ganz aktuell die Allianz, die sich laut Medienberichten für Nettotarife und hier auch im Bereich der Krankenversicherung öffnen will. Darüber hinaus können Finanzberater auch nicht nur durch Vermittlungsgeschäfte Einnahmen erzielen. Versicherungsberater können beispielweise auch für reine Beratungstätigkeiten Honorare vereinnahmen. Das Gleiche trifft für Makler bei Firmenkunden zu. Und nicht zuletzt nutzen bereits jetzt viele Finanzberater die Möglichkeit, eigene Serviceleistungen gegen ein laufendes Honorar anzubieten und somit noch mehr Kundenbindung zu erzeugen.
Wie bewerten Sie ein Mischmodell aus Provisions- und Honorarberatung?
Heiko Reddmann: Ein Mischmodell aus Provisions- und Honorarberatung ist unseres Erachtens für Makler der perfekte Weg, in die Honorarberatung einzusteigen und den Honoraranteil schrittweise auszubauen. Nur ein Mischmodell ermöglicht es ihnen, nicht von heute auf morgen sämtliche Prozesse, Kundenansprachen oder auch Systeme umstellen zu müssen. Beim Aufbau des zusätzlichen Geschäftsmodells mit Honoraren gibt es vieles zu beachten. Es muss unter anderem unternehmerisches und fachliches Know-how durch Weiterbildung geschärft und erweitert werden. Neue Tools für die Honorarberatung oder auch rechtssichere Honorarvereinbarungen müssen implementiert werden. Zusätzlich kommt es zu einer veränderten Kundenansprache und einem neuen Selbstverständnis. Und dies sind nur einige Themen. Entscheidend ist demnach, einen erfahrenen Ratgeber an der Seite zu haben, der die individuelle Umsetzung kompetent vor Ort begleitet und umfassende Serviceleistungen für die Honorarberatung bereithält.
Welche Kunden sind geeignet für eine Ansprache in Richtung Honorarberatung?
Heiko Reddmann: Die Akzeptanz alternativer Vergütungsmodelle ist in allen Kundengruppen vorhanden. Da wir für unsere Partner den Honorareinzug vornehmen, können wir bestätigen, dass es nicht ein spezielles Kundenklientel gibt. Der Grund hierfür liegt in der Honorarberatung selbst. Denn gerade bei der Honorarberatung werden die konkreten Leistungen und der Mehrwert dem Kunden ausführlich und transparent erläutert. Je klarer und verständlicher diese sind, je mehr ist der Kunde dann auch bereit ein Honorar zu zahlen. Hinzu kommt, dass viele Möglichkeiten bestehen, das Honorar zu vereinbaren. So kann das Honorar ganz individuell entweder einmalig, in Raten, flexibel oder auch auf Grundlage einer Betreuung laufend gezahlt werden.
Nach den britischen Erfahrungen mit der 2013 in Kraft getretenen Reform "Retail Distribution Review" gibt es eine Beratungslücke in Großbritannien - vor allem für Menschen mit geringem Einkommen oder geringem Anlagevermögen, die sich die Beratungshonorare nicht leisten können oder es schwer finden Zugang zu erhalten. Ist Honorarberatung also für die Breite der Bevölkerung ein Nachteil?
Heiko Reddmann: In Großbritannien wurden im Zuge der RDR viele Geschäftsmodelle neu ausgerichtet und das dürfte in vielen Fällen zu einer Spezialisierung geführt haben. So eine Spezialisierung führt vielleicht auch lokal dazu, dass das Betreuungsangebot nicht dem Bedarf gerecht wird. Aber es ist vielleicht noch zu früh, um eine finale Bilanz zu ziehen. Eine reale, flächendeckende und alle Bevölkerungsgruppen betreffende Beratungs-Unterversorgung der Bevölkerung nach der RDR gibt es eher nicht. Es gibt mehr Gerüchte, Tendenzen und Marktbeobachtungen, die zu einem solchen Urteil kommen. Valide Zahlen einer Vorher-Nachher-Studie gibt es aber nicht. Hinzu kommt: Großbritannien und Deutschland kann man nicht vergleichen. Die Märkte sind bekanntermaßen zu unterschiedlich.
In der aktuellen Mai-Ausgabe von Versicherungsmagazin beschäftigt sich die Titelgeschichte "Die richtige Balance finden" mit dem Thema Honorarberatung.
Autor(en): Bernhard Rudolf