Der Versicherungsschutz für Cyber-Risiken ist hart. Es gibt deutliche Prämienanpassungen und Auflagen. Demgegenüber sind die Versicherer im Gewerbebereich im scharfen Wettbewerb. Kunden und Makler werden umworben. Unternehmen, die ihren Cyber-Schutz fortschreiben wollen, müssen mit erheblichen Prämienerhöhungen rechnen. Zudem gibt es höhere Auflagen an das Riskmanagement. "Die Cyber-Versicherung ist in der Krise", sagte Thomas Haukje, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Versicherungsmakler (BDVM), anlässlich eines virtuellen Pressegesprächs.
Das kritisierte der Verbandschef scharf. Denn nach jahrelangen Bemühungen der Berater gebe es nun endlich die lang erwartete Kundennachfrage nach Cyber-Deckungen. Ein Treiber für mehr Sensibilität sei zudem die Corona-Krise gewesen. Immer mehr Unternehmen seien sich nun ihrer Cyber-Risiken bewusst. Bei hoher Bedrohungslage würden die Prämien aber regelrecht explodieren. Ein Grund: Allein die Ransomware-Angriffe haben sich in den vergangenen Jahren verdoppelt.
40 Prozent Prämienanstieg
BDVM-Vorstand Thomas Olaynig, der hauptberuflich Chief Market Officer bei Marsh ist, stellte fest, dass die Preise branchenunabhängig steigen. "In der ersten Jahreshälfte 2021 liegt die Steigerung bei rund 40 Prozent", so Olaying. Gleichzeitig verlange die Assekuranz deutlich mehr Schadenprävention und Risikovorsorge. "Hier sind viele Kunden überfordert, wenn wir das Risiko nicht ausreichend vorbereiten", so Haukje. Makler und Risikoberater spielten eine wesentlich wichtigere Rolle als in der Vergangenheit.
Olaynig: "Das Identifizieren, die Bewertung und die Minimierung der Risiken sind von immer größerer Bedeutung." Das gelte auch für die Hilfe im Schadenfall. Teilweise stehen die Versicherer mit Schadenquoten von "deutlich über 100 Prozent", mit dem Rücken zur Wand. Im Schnitt schätzt Olaynig die Schadenquote in ganz Europa auf 74 Prozent. Der überwiegende Teil der Schäden entfalle auf Betriebsunterbrechungen und Wiederherstellungskosten.
Hohe Rabatte für Gewerbekunden
Ganz anders sieht die Welt bei Gewerbepolicen und Multi-Line-Deckungen für kleine und mittelständische Unternehmen aus. "Hier streben gleich mehrere Anbieter die Marktführerschaft an", weiß BDVM-Chef Haukje. Als scharfe Konkurrenten nannte er die Gothaer, Zurich und Basler. "Um Kunden zu gewinnen, werden Prämienrabatte von fünf bis 25 Prozent gewährt", so Haukje.
Düster sieht es aber mittlerweile in Sachen Streit um die Betriebsschließungsversicherung (BSV) wegen Corona aus. Laut dem BDVM stehe es bei den Oberlandesgerichten etwa "40 zu 1". "Allein das Oberlandesgericht Karlsruhe sieht die Versicherer durch die BSV in der Pflicht", sagte Hans-Georg Jenssen, Geschäftsführender BDVM-Vorstand. Rechtlich habe es einen Rückschritt gegeben. Viele Gerichte würden nun nur noch Versicherungsschutz annehmen, wenn die Schließung des Betriebes durch eine Coronaerkrankung eines Mitarbeiters verursacht worden wäre. Eine Musterfeststellungsklage kann der BDVM als Berufsverband nicht anstrengen.
Versicherer verhindern höchstrichterliches Urteil
Auf ein wegweisendes Urteil müssen die betroffenen Firmenkunden wohl lange warten. Denn die Versicherer haben die Macht, dies zu verhindern. Das dürfte immer dann der Fall sein, wenn ein Versicherer feststellt, dass sie beim Bundesgerichtshof (BGH) verlieren könnte. "In solchen Fällen werden die Versicherer die Klage anerkennen, um ein höchstrichterliches Urteil zu verhindern", sagte Jenssen.
Der BDVM-Funktionär glaubt, dass der Streit um coronabedingte BSV-Leistungen der Branche insgesamt schwer geschadet habe und kritisiert die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). "Hier wäre ein behördliches Eingreifen im Rahmen der Missbrauchsaufsicht notwendig gewesen", so Jenssen. Derzeit sind mehrere BSV-Verfahren beim BGH anhängig. "Wir beobachten die Entwicklung ganz genau", verspricht Jenssen.
Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek