Die Versicherungsaufsicht hat ein Konsultationsverfahren zu ihrem sieben Jahre alten Rundschreiben über die Zusammenarbeit von Versicherern und Vermittlern gestaltet. Offenbar geht es dabei unter anderem um die bisher zentrale Stellung des AVAD-Verfahrens, aber auch um die Umsetzung neuerer Rechtsprechung bei Ventillösungen und Tippgebern.
Das Rundschreiben 9/2007 (VA) wurde nach Inkrafttreten des Vermittlergesetzes von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) veröffentlicht, um Versicherern Hinweise zu der Umsetzung der Anforderungen aus dem Vermittlergesetz zu geben. Dabei geht es vor allem um den § 80 VAG, nachdem Versicherer nur mit Vermittlern zusammenarbeiten dürfen, wenn sie sich von deren Eignung überzeugt haben.
Skandale schaden den Versicherten
Die Bafin hat aktuell ein Konsultationsverfahren gestartet und dazu einen Entwurf für ein überarbeitetes Rundschreiben publiziert. Als Anlass werden Reputationsschäden der Versicherungsbranche aus Fehlverhalten des Versicherungsvertriebs genannt, insbesondere der „Tippgeber-Skandal“ bei Beamtenversicherern. Die Versicherungsaufsicht betont in dem Rundschreiben, dass die Versicherungsunternehmen und deren Kunden im Sinne des Risikomanagements vor solchen Schäden geschützt werden müssen. Dabei geht es um finanzielle Verluste aus „unzulänglichen oder fehlgeschlagenen internen Prozessen, mitarbeiter- und systembedingten Ausfällen oder externen Vorfällen“, aber auch um „Rechts- und Reputationsrisiken“.
Von den Versicherern wird mehr Compliance verlangt, also eine Beachtung und Einhaltung der vermittlerrechtlichen und sonstiger Verhaltensvorgaben. „Nicht ausreichend ist, lediglich anlassbezogene Prüfungen, zum Beispiel im Rahmen der Überprüfung von Unregelmäßigkeiten, durchzuführen“, heißt es einleitend. Vertriebsrisiken müssen überwacht und dokumentiert werden. Der Rundschreibenentwurf sieht aber letztlich keine wirklichen Verschärfungen der bisherigen Pflichten vor, eher Klarstellungen.
Bonitätsauskunft reicht nicht
Wie bisher reicht es bei Vermittlern mit Gewerbeerlaubnis aus, sich vom Bestehen und laufend durch Prüfung der Löschlisten von der Aufrechterhaltung der Erlaubnis zu überzeugen. Bei erlaubnisfreien gebundenen Vertretern und produktakzessorischen Vertretern reicht es dagegen künftig nicht mehr aus, neben dem Führungszeugnis und Gewerbezentralregisterauszug eine Bonitätsauskunft einer Auskunftei wie Creditreform einzuholen. Vielmehr verlangt die Aufsicht, dass sich der Versicherer selbst von den geordneten Vermögensverhältnissen überzeugt und sich einen aktuellen Auszug aus dem Schuldnerverzeichnis des Amtsgerichts vorlegen lässt. Bei einer GmbH oder anderen juristischen Personen gilt das für alle Geschäftsführer beziehungsweise Vorstände.
Wenn ein Versicherer mit einem Vermittler trotz negativer Auskünfte zusammenarbeiten will, erwartet die Aufsicht eine Überprüfung der „Zusammenarbeit nach gewerberechtlichen Maßstäben“ und eine Dokumentation dieser Überprüfung. Beispielsweise muss ein laufendes Insolvenzverfahren nicht zwingend zu letztlich ungeordneten Vermögensverhältnissen führen.
Haftung und Qualifikation bei Ventillösungen regeln
Immer wieder strittig ist, ob so genannte Ventillösungen zulässig sind, bei denen erlaubnisfreie gebundene Vertreter die vom eigenen Partner nicht angebotenen Versicherungen an dessen Kooperationspartner vermitteln, also an fremde Versicherer. Hierzu ist ein Urteil bekannt geworden, dass solche Konstellationen jedenfalls wettbewerbsrechtlich gebilligt hat.
Die Bafin greift die Thematik in dem neuen Rundschreiben auf. Dabei geht sie davon aus, dass sich die uneingeschränkte Haftung des Versicherers auch auf die Fremdvermittlung bezieht. Denn sie verlangt von Versicherern, die Ventillösungen oder Haftungsdachlösungen zulassen, dass sie die erhöhte Haftung gegenüber den Kunden auch aus den fremdvermittelten Verträgen beachten und im Innenverhältnis zu den Kooperationspartnern Haftungsfreistellungen vereinbart. Außerdem wird klargestellt, dass Versicherer ihre Vertreter dann auch für die fremdvermittelten Produkte qualifizieren muss.
Bei der Überarbeitung des Rundschreibens korrigiert die BaFin eine Ungenauigkeit in der Bezeichnung derjenigen Vertreter, die eine Gewerbeerlaubnis nach § 34d Absatz 1 GewO besitzen. Diese wurden im Rundschreiben 9/2007 noch irreführend pauschal als Mehrfachvertreter bezeichnet, obwohl sie mehrheitlich einen Vertretervertrag mit Ausschließlichkeitsbindung besitzen dürften.
Bedeutungsverlust des AVAD-Verfahrens?
Neu ist, dass die BaFin über § 80a VAG hinaus die Versicherer verpflichten will, bei ernsthaften Zweifeln an der Eignung eines Maklers oder Vertreters mit Erlaubnis nicht nur dessen Erlaubnisbehörde, also die Industrie- und Handelskammer zu informieren. Die BaFin „sollte“ in diesen Fällen künftig auch informiert werden.
Reduziert auf einen einzigen kurzen Hinweis
Zu der eingangs genannten Intention einer engeren Compliance passt allerdings eine andere Änderung im Rundschreibenentwurf nicht so richtig. Denn die bisher zentrale Stellung des AVAD-Auskunftsverfahrens wird deutlich zurückgenommen. Wurde bisher an zahlreichen Stellen die Bedeutung dieses Verfahrens zur frühzeitigen Identifizierung von unzuverlässigen oder finanziell angeschlagenen Vermittlern betont, reduziert die Bafin dies nun auf einen einzigen kurzen Hinweis.
Danach hält sie die Teilnahme weiterhin „für erforderlich“, es „sollten“ vor Beginn der Zusammenarbeit Auskünfte eingeholt und es „sollen“ bei Beendigung der Zusammenarbeit Auskünfte über den Vermittler erteilt werden.
Neu ist, dass die Bafin vom Versicherer „schriftliche Arbeitsanweisungen“ zur Umsetzung des Rundschreibens erwartet. Darin sind unter anderem die Verantwortlichkeiten und die Vollmachten festzulegen. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf den Vollmachten, Vermittlern Zuschüsse und Vorschüsse zu gewähren sowie Verzichte und Ausbuchungen zu veranlassen. Die Bafin verlangt dabei zur Vermeidung von Interessenkonflikten eine organisatorische Trennung der Organisationseinheiten, die zum Beispiel für die Vergabe von Provisionsvorschüssen, aber auch für Forderungsverzichte hieraus zuständig sind.
„Tippgeber“ mit „Provisionstabellen“?
Neu sind schließlich Regeln zur Zusammenarbeit mit Tippgebern. Zwar wird der Begriff definiert, dennoch spricht die BaFin im anschließenden Regelungsentwurf von „Provisionstabellen“, die ein „Bestandteil der Tippgebervereinbarung“ sein sollten. Da eine Provision eine vom Abschlusserfolg und vom Vertragsumsatz abhängige Vergütung darstellt, stellt sich die Frage, ob ein solches Anreizsystem nicht viel eher zu einer Vermittlungs- als zu einer Tippgebertätigkeit passt.
Weiter soll der Tippgeber verpflichtet werden, eine „Nebentätigkeitsgenehmigung“ vorzulegen. Auch hier stellt sich die Frage, ob es wirklich um Tippgeben oder nicht doch eher um eine Vermittlungstätigkeit geht. Das reine Weitergeben von Adressen beratungsinteressierter Menschen dürfte jedenfalls kaum einen solchen Arbeitsumfang und Vergütungsbedarf auslösen, dass es einer solch umfänglichen Regelung durch eine Versicherungsaufsichtsbehörde bedarf. Wichtiger wäre deshalb, die Grenzlinie zwischen Tippgeberei und Vermittlung klarer zu ziehen, als sie in der Praxis oft gehandhabt werden.
Eingriff in die unternehmerische Freiheit
Für Makler besonders interessant ist, dass die Bafin Versicherer auffordern will, Makler schriftlich zur Einhaltung der Tippgeberbestimmungen zu verpflichten. Ein solcher Eingriff in die unternehmerische Freiheit des Maklers und in dessen Vertragsbeziehungen dürfte schwer durchzusetzen sein.
Bildquelle: ©Bafin
Das Rundschreiben 9/2007 (VA) wurde nach Inkrafttreten des Vermittlergesetzes von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) veröffentlicht, um Versicherern Hinweise zu der Umsetzung der Anforderungen aus dem Vermittlergesetz zu geben. Dabei geht es vor allem um den § 80 VAG, nachdem Versicherer nur mit Vermittlern zusammenarbeiten dürfen, wenn sie sich von deren Eignung überzeugt haben.
Skandale schaden den Versicherten
Die Bafin hat aktuell ein Konsultationsverfahren gestartet und dazu einen Entwurf für ein überarbeitetes Rundschreiben publiziert. Als Anlass werden Reputationsschäden der Versicherungsbranche aus Fehlverhalten des Versicherungsvertriebs genannt, insbesondere der „Tippgeber-Skandal“ bei Beamtenversicherern. Die Versicherungsaufsicht betont in dem Rundschreiben, dass die Versicherungsunternehmen und deren Kunden im Sinne des Risikomanagements vor solchen Schäden geschützt werden müssen. Dabei geht es um finanzielle Verluste aus „unzulänglichen oder fehlgeschlagenen internen Prozessen, mitarbeiter- und systembedingten Ausfällen oder externen Vorfällen“, aber auch um „Rechts- und Reputationsrisiken“.
Von den Versicherern wird mehr Compliance verlangt, also eine Beachtung und Einhaltung der vermittlerrechtlichen und sonstiger Verhaltensvorgaben. „Nicht ausreichend ist, lediglich anlassbezogene Prüfungen, zum Beispiel im Rahmen der Überprüfung von Unregelmäßigkeiten, durchzuführen“, heißt es einleitend. Vertriebsrisiken müssen überwacht und dokumentiert werden. Der Rundschreibenentwurf sieht aber letztlich keine wirklichen Verschärfungen der bisherigen Pflichten vor, eher Klarstellungen.
Bonitätsauskunft reicht nicht
Wie bisher reicht es bei Vermittlern mit Gewerbeerlaubnis aus, sich vom Bestehen und laufend durch Prüfung der Löschlisten von der Aufrechterhaltung der Erlaubnis zu überzeugen. Bei erlaubnisfreien gebundenen Vertretern und produktakzessorischen Vertretern reicht es dagegen künftig nicht mehr aus, neben dem Führungszeugnis und Gewerbezentralregisterauszug eine Bonitätsauskunft einer Auskunftei wie Creditreform einzuholen. Vielmehr verlangt die Aufsicht, dass sich der Versicherer selbst von den geordneten Vermögensverhältnissen überzeugt und sich einen aktuellen Auszug aus dem Schuldnerverzeichnis des Amtsgerichts vorlegen lässt. Bei einer GmbH oder anderen juristischen Personen gilt das für alle Geschäftsführer beziehungsweise Vorstände.
Wenn ein Versicherer mit einem Vermittler trotz negativer Auskünfte zusammenarbeiten will, erwartet die Aufsicht eine Überprüfung der „Zusammenarbeit nach gewerberechtlichen Maßstäben“ und eine Dokumentation dieser Überprüfung. Beispielsweise muss ein laufendes Insolvenzverfahren nicht zwingend zu letztlich ungeordneten Vermögensverhältnissen führen.
Haftung und Qualifikation bei Ventillösungen regeln
Immer wieder strittig ist, ob so genannte Ventillösungen zulässig sind, bei denen erlaubnisfreie gebundene Vertreter die vom eigenen Partner nicht angebotenen Versicherungen an dessen Kooperationspartner vermitteln, also an fremde Versicherer. Hierzu ist ein Urteil bekannt geworden, dass solche Konstellationen jedenfalls wettbewerbsrechtlich gebilligt hat.
Die Bafin greift die Thematik in dem neuen Rundschreiben auf. Dabei geht sie davon aus, dass sich die uneingeschränkte Haftung des Versicherers auch auf die Fremdvermittlung bezieht. Denn sie verlangt von Versicherern, die Ventillösungen oder Haftungsdachlösungen zulassen, dass sie die erhöhte Haftung gegenüber den Kunden auch aus den fremdvermittelten Verträgen beachten und im Innenverhältnis zu den Kooperationspartnern Haftungsfreistellungen vereinbart. Außerdem wird klargestellt, dass Versicherer ihre Vertreter dann auch für die fremdvermittelten Produkte qualifizieren muss.
Bei der Überarbeitung des Rundschreibens korrigiert die BaFin eine Ungenauigkeit in der Bezeichnung derjenigen Vertreter, die eine Gewerbeerlaubnis nach § 34d Absatz 1 GewO besitzen. Diese wurden im Rundschreiben 9/2007 noch irreführend pauschal als Mehrfachvertreter bezeichnet, obwohl sie mehrheitlich einen Vertretervertrag mit Ausschließlichkeitsbindung besitzen dürften.
Bedeutungsverlust des AVAD-Verfahrens?
Neu ist, dass die BaFin über § 80a VAG hinaus die Versicherer verpflichten will, bei ernsthaften Zweifeln an der Eignung eines Maklers oder Vertreters mit Erlaubnis nicht nur dessen Erlaubnisbehörde, also die Industrie- und Handelskammer zu informieren. Die BaFin „sollte“ in diesen Fällen künftig auch informiert werden.
Reduziert auf einen einzigen kurzen Hinweis
Zu der eingangs genannten Intention einer engeren Compliance passt allerdings eine andere Änderung im Rundschreibenentwurf nicht so richtig. Denn die bisher zentrale Stellung des AVAD-Auskunftsverfahrens wird deutlich zurückgenommen. Wurde bisher an zahlreichen Stellen die Bedeutung dieses Verfahrens zur frühzeitigen Identifizierung von unzuverlässigen oder finanziell angeschlagenen Vermittlern betont, reduziert die Bafin dies nun auf einen einzigen kurzen Hinweis.
Danach hält sie die Teilnahme weiterhin „für erforderlich“, es „sollten“ vor Beginn der Zusammenarbeit Auskünfte eingeholt und es „sollen“ bei Beendigung der Zusammenarbeit Auskünfte über den Vermittler erteilt werden.
Neu ist, dass die Bafin vom Versicherer „schriftliche Arbeitsanweisungen“ zur Umsetzung des Rundschreibens erwartet. Darin sind unter anderem die Verantwortlichkeiten und die Vollmachten festzulegen. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf den Vollmachten, Vermittlern Zuschüsse und Vorschüsse zu gewähren sowie Verzichte und Ausbuchungen zu veranlassen. Die Bafin verlangt dabei zur Vermeidung von Interessenkonflikten eine organisatorische Trennung der Organisationseinheiten, die zum Beispiel für die Vergabe von Provisionsvorschüssen, aber auch für Forderungsverzichte hieraus zuständig sind.
„Tippgeber“ mit „Provisionstabellen“?
Neu sind schließlich Regeln zur Zusammenarbeit mit Tippgebern. Zwar wird der Begriff definiert, dennoch spricht die BaFin im anschließenden Regelungsentwurf von „Provisionstabellen“, die ein „Bestandteil der Tippgebervereinbarung“ sein sollten. Da eine Provision eine vom Abschlusserfolg und vom Vertragsumsatz abhängige Vergütung darstellt, stellt sich die Frage, ob ein solches Anreizsystem nicht viel eher zu einer Vermittlungs- als zu einer Tippgebertätigkeit passt.
Weiter soll der Tippgeber verpflichtet werden, eine „Nebentätigkeitsgenehmigung“ vorzulegen. Auch hier stellt sich die Frage, ob es wirklich um Tippgeben oder nicht doch eher um eine Vermittlungstätigkeit geht. Das reine Weitergeben von Adressen beratungsinteressierter Menschen dürfte jedenfalls kaum einen solchen Arbeitsumfang und Vergütungsbedarf auslösen, dass es einer solch umfänglichen Regelung durch eine Versicherungsaufsichtsbehörde bedarf. Wichtiger wäre deshalb, die Grenzlinie zwischen Tippgeberei und Vermittlung klarer zu ziehen, als sie in der Praxis oft gehandhabt werden.
Eingriff in die unternehmerische Freiheit
Für Makler besonders interessant ist, dass die Bafin Versicherer auffordern will, Makler schriftlich zur Einhaltung der Tippgeberbestimmungen zu verpflichten. Ein solcher Eingriff in die unternehmerische Freiheit des Maklers und in dessen Vertragsbeziehungen dürfte schwer durchzusetzen sein.
Bildquelle: ©Bafin
Autor(en): Matthias Beenken