Welche Aufgaben mit Blick auf den Verbraucherschutz wird die Versicherungsaufsicht künftig übernehmen (müssen)? Dieser Frage ging eine Fachveranstaltung des Vereins zur Förderung der Versicherungswissenschaft in Berlin e. V. in den Räumen der Allianz-Dependance am Pariser Platz nach.
Wie der Aufsichts-Experte Professor Dr. Meinrad Dreher von der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz erläuterte, behandle ausschließlich die neue Verordnung der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) Verbraucherschutz-Aspekte. Dagegen befassten sich die Solvency-II-Richtlinie und der Regierungsentwurf des Zehnten Gesetzes zur Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) ausdrücklich mit dem Schutz der Versicherten, nicht der Verbraucher. Und das, so zeigte er sich überzeugt, sei auch richtig so, obwohl die Politik den Verbraucherschutz als Teil der Versicherungsaufsicht manifestieren wolle.
Auch die EIOPA sieht den Versichertenschutz als vorrangig an und den Verbraucherschutz nur zusätzlich. Hier gehe es um das Aufzeigen von Verbrauchertrends, um Wissensvermittlung und Bildung in Finanzfragen, um die Entwicklung von Ausbildungsstandards in Versicherungsunternehmen sowie um Offenlegungsstandards.
Aufsicht muss kein Optimum erreichen
Aufgabe der Versicherungsaufsicht sei ausschließlich die Einhaltung des rechtlich Gebotenen im Rahmen des aufsichtsrechtlichen Prüfverfahrens, nicht die Erreichung eines optimalen Zustands im Sinne des Verbraucherschutzes. Wie unterschiedlich die Positionen hier sind, zeige sich schon darin, dass die Aufsicht von einem "angemessenen" Schutzniveau spreche, während der Verbraucherschutz ein "hohes" Schutzniveau fordere.
Eine eindeutige Kompetenzüberschreitung der EIOPA sieht Dreher im Hinblick auf die geforderten Leitlinien zum Beschwerdemanagement von Versicherungsunternehmen, die bis ins Detail vorschrieben, wie Unternehmen mit Beschwerden umzugehen haben. Dabei handele es sich um Eingriffe in die unternehmerische Organisationsfreiheit und führe zu einem "organisatorischen Overkill". Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) spricht in dem Zusammenhang sogar von einer neutralen Stelle, die in den Unternehmen eingerichtet werden müsse. "Wie soll es in Unternehmen neutrale Stellen geben?" zweifelte der Aufsichts-Experte und war zugleich gespannt darauf, wie die Umsetzung dieser Forderung beaufsichtigt werden soll. "Dieser Eingriff geht zu weit", ist er überzeugt.
Rechtliche oder Missstandsaufsicht?
Insgesamt sei die Anwendung von Rechtsstandards legitime Aufgabe der Versicherungsaufsicht, die Erweiterung des Rechts liege dagegen nicht in deren Kompetenz. Versicherungsaufsicht und Verbraucherschutz gehörten getrennt, machte er weiter deutlich. Verbraucherschutz sei vertragsrechtlicher Schutz und bilde eine deutliche Diskrepanz zur Aufgabe der Bafin. "Es ist nicht sinnvoll, eine Behörde mit beiden Aufgaben zu betrauen", so seine Meinung.
Kritisch bewertete Dreher die so genannte Missstandsaufsicht der BaFin. Die Behörde sei in der Vergangenheit eindeutig über ihren gesetzlichen Auftrag der reinen rechtlichen Aufsicht hinaus gegangen. Das sei allerdings verfassungswidrig, so Dreher. Eine Behörde dürfe ihre Aufgabe nicht selbst bestimmen, sondern müsse den vom Gesetzgeber festgelegten Gegenstand der Aufsicht umsetzen. In der neuen Solvency-II-Richtlinie werde in Artikel 34 eindeutig auf "Rechtsaufsicht" abgestellt, im VAG-Entwurf sei dagegen von "Missstand" die Rede. Hier sei schon wieder ein Einfallstor, um das alte System mit hinüber zu nehmen.
Auch die Aufgaben des von der Verbraucherzentrale Bundesverband geforderten Finanzmarktwächters könnten keinesfalls von der Aufsicht wahrgenommen werden. Es sei nicht Anliegen der BaFin, gute und weniger gute Produkte zu unterscheiden. Ihr obliege es ausschließlich, die Rechtskonformität im Vorfeld festzustellen. Ansonsten liefe es darauf hinaus, dass die Behörde die Produkte zertifizieren müsse - was nicht gehe. Wenn es Rechtsstreitigkeiten gebe, habe unser Rechtssystem die Gerichte zur Befriedung von Konflikten vorgesehen, nicht die Aufsicht. Wobei diese mit ihrer Beschwerdestelle und dem Ombudsmann eine gewisse "Befriedungshilfe" biete, nicht mehr und nicht weniger.
Wie der Aufsichts-Experte Professor Dr. Meinrad Dreher von der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz erläuterte, behandle ausschließlich die neue Verordnung der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) Verbraucherschutz-Aspekte. Dagegen befassten sich die Solvency-II-Richtlinie und der Regierungsentwurf des Zehnten Gesetzes zur Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) ausdrücklich mit dem Schutz der Versicherten, nicht der Verbraucher. Und das, so zeigte er sich überzeugt, sei auch richtig so, obwohl die Politik den Verbraucherschutz als Teil der Versicherungsaufsicht manifestieren wolle.
Auch die EIOPA sieht den Versichertenschutz als vorrangig an und den Verbraucherschutz nur zusätzlich. Hier gehe es um das Aufzeigen von Verbrauchertrends, um Wissensvermittlung und Bildung in Finanzfragen, um die Entwicklung von Ausbildungsstandards in Versicherungsunternehmen sowie um Offenlegungsstandards.
Aufsicht muss kein Optimum erreichen
Aufgabe der Versicherungsaufsicht sei ausschließlich die Einhaltung des rechtlich Gebotenen im Rahmen des aufsichtsrechtlichen Prüfverfahrens, nicht die Erreichung eines optimalen Zustands im Sinne des Verbraucherschutzes. Wie unterschiedlich die Positionen hier sind, zeige sich schon darin, dass die Aufsicht von einem "angemessenen" Schutzniveau spreche, während der Verbraucherschutz ein "hohes" Schutzniveau fordere.
Eine eindeutige Kompetenzüberschreitung der EIOPA sieht Dreher im Hinblick auf die geforderten Leitlinien zum Beschwerdemanagement von Versicherungsunternehmen, die bis ins Detail vorschrieben, wie Unternehmen mit Beschwerden umzugehen haben. Dabei handele es sich um Eingriffe in die unternehmerische Organisationsfreiheit und führe zu einem "organisatorischen Overkill". Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) spricht in dem Zusammenhang sogar von einer neutralen Stelle, die in den Unternehmen eingerichtet werden müsse. "Wie soll es in Unternehmen neutrale Stellen geben?" zweifelte der Aufsichts-Experte und war zugleich gespannt darauf, wie die Umsetzung dieser Forderung beaufsichtigt werden soll. "Dieser Eingriff geht zu weit", ist er überzeugt.
Rechtliche oder Missstandsaufsicht?
Insgesamt sei die Anwendung von Rechtsstandards legitime Aufgabe der Versicherungsaufsicht, die Erweiterung des Rechts liege dagegen nicht in deren Kompetenz. Versicherungsaufsicht und Verbraucherschutz gehörten getrennt, machte er weiter deutlich. Verbraucherschutz sei vertragsrechtlicher Schutz und bilde eine deutliche Diskrepanz zur Aufgabe der Bafin. "Es ist nicht sinnvoll, eine Behörde mit beiden Aufgaben zu betrauen", so seine Meinung.
Kritisch bewertete Dreher die so genannte Missstandsaufsicht der BaFin. Die Behörde sei in der Vergangenheit eindeutig über ihren gesetzlichen Auftrag der reinen rechtlichen Aufsicht hinaus gegangen. Das sei allerdings verfassungswidrig, so Dreher. Eine Behörde dürfe ihre Aufgabe nicht selbst bestimmen, sondern müsse den vom Gesetzgeber festgelegten Gegenstand der Aufsicht umsetzen. In der neuen Solvency-II-Richtlinie werde in Artikel 34 eindeutig auf "Rechtsaufsicht" abgestellt, im VAG-Entwurf sei dagegen von "Missstand" die Rede. Hier sei schon wieder ein Einfallstor, um das alte System mit hinüber zu nehmen.
Auch die Aufgaben des von der Verbraucherzentrale Bundesverband geforderten Finanzmarktwächters könnten keinesfalls von der Aufsicht wahrgenommen werden. Es sei nicht Anliegen der BaFin, gute und weniger gute Produkte zu unterscheiden. Ihr obliege es ausschließlich, die Rechtskonformität im Vorfeld festzustellen. Ansonsten liefe es darauf hinaus, dass die Behörde die Produkte zertifizieren müsse - was nicht gehe. Wenn es Rechtsstreitigkeiten gebe, habe unser Rechtssystem die Gerichte zur Befriedung von Konflikten vorgesehen, nicht die Aufsicht. Wobei diese mit ihrer Beschwerdestelle und dem Ombudsmann eine gewisse "Befriedungshilfe" biete, nicht mehr und nicht weniger.
Autor(en): Elke Pohl