Arag will Direktberatung für Rechtsschutzkunden

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Die Arag Versicherung möchte ihre Kunden bei Rechtsstreitigkeiten in Deutschland direkt beraten. „Wir fordern mit Nachdruck die Politik auf, die außergerichtliche Rechtsberatung zu modernisieren“, sagte Vorstandssprecher Renko Dirksen bei der Vorstellung der Bilanz für 2021.

Während der Rechtsschutzversicherer längst im Ausland hilfesuchende Kunden direkt beraten darf, muss er in Deutschland aufgrund des Anwaltsmonopols im außergerichtlichen Bereich auf Juristen außerhalb des Unternehmens verweisen. Viele Anwälte würden aber recht stereotyp vorgehen. „Erst folgt ein gepfeffertes Schreiben, dann oft sofort die Klage“, weiß Dirksen. Dabei wünschten sich rund 70 Prozent der Kunden, direkt vom Versicherer beraten zu werden.

Einen Interessenkonflikt, wenn der Zahler gleichzeitig die Rechtsdienstleistung erbringt, sieht die Arag nicht. Grundsätzlich würde in jedem Fall eine Deckungsprüfung erfolgen. Vielfach übernehmen diese Prüfung aber heutzutage Anwälte, die in der Regel die Rechtsschutzbedingungen deutlich besser kennen als Verbraucherinnen und Verbraucher. Zudem sind sich Anwälte und Rechtsschutzversicherer nicht immer einig, wie groß die Erfolgsaussichten sind, wenn der Streit vor Gericht ausgetragen wird. Sieht der Rechtsschutzversicherer keine Chancen, kann er die Deckung verweigern. Deutsche Anwälte können dies für ihre Mandanten mit einem so genannten Stichentscheid kontern. Im Ausland wird laut Arag die Direktberatung aber regelmäßig überprüft.

Sicherheitsbedürfnis ist gestiegen

Durch die Pandemie und den völkerrechtswidrigen russischen Überfall auf die Ukraine gibt es laut Arag ein gestiegenes Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung. „Der Krieg zeigt vor allem, wie schnell und massiv unsere modernen Vorstellungen von Rechtsstaatlichkeit bedroht sind“, erklärte Dirksen. Vor allem durch die zunehmende Nachfrage nach Rechts- und Krankenschutz konnte der Versicherer seine Kundenzahl im vergangenen Jahr allein in Deutschland um 91.000 erhöhen. Insgesamt hatte der Versicherer Ende 2021 über zwölf Millionen Policen im Bestand. Die Rechtschutzversicherung verbuchte in Deutschland 491 Millionen Euro Einnahmen, was einem Plus von rund 10,9 Prozent entspricht. Im Ausland hat das Rechtsschutzsegment sogar noch eine größere Bedeutung. Hier wurden 767 Millionen Euro eingenommen, das ist  ein Plus von 7,8 Prozent.

Corona bringt viel Streit

Ein großer Streitkomplex ist derzeit die Klage gegen das Treuhänderverfahren in der privaten Krankenversicherung (PKV). Die Arag hat bereits für rund 3.800 Fälle Rechtsschutz gewährt, bei denen PKV-Kunden ihren Versicherer wegen ungerechtfertigter Beitragsanpassungen verklagt haben. Laut Arag gibt es schon ein positives höchstrichterliches Urteil gegen eine Gesellschaft. Daher seien die Chancen für erfolgreiche Klagen gegen andere Versicherer gut. Rund um Corona hat die Arag 2021 bei etwa 63.000 Streitfällen im In- und Ausland Kostenschutz gewährt. Vielfach ging es dabei um Arbeitsstreitigkeiten. „In der letzten Zeit geht es vermehrt darum, dass Arbeitgeber ihre Mitarbeiter kündigen und einfach keinen Lohn mehr zahlen“, stellte Vorstand Hanno Petersen, zuständig für Konzern-IT und Operations, fest.

Insgesamt hat die Arag 2021 in Deutschland 559.000 Schaden- und Beratungsfälle abgewickelt, im Vorjahr waren es noch 556.000. Weltweit kam der Versicherer im vergangenen Geschäftsjahr auf eine Zahl von 1,2 Millionen. Die Schadenquote stieg 2021 leicht von 50,9 auf 51,7 Prozent. Grund seien vermehrte Kumulschäden und die Erhöhung der Anwalts- und Gerichtskosten ab dem 1. Januar 2021.

In der PKV konnte der Versicherer vor allem bei Vollkostentarifen punkten. Am Ende des ersten Quartals 2022 hatte die Arag 65.330 Privatversicherte unter Vertrag. „Der Nettozuwachs lag 2021 und liegt auch 2022 bei rund 3.000 Personen pro Quartal“, sagte Vertriebs- und Produkt-Vorstand Matthias Maslaton.

Den Anstieg der Nettokostenquote von 36,7 auf 37,5 Prozent sei auf das Wachstum und die damit höheren Provisionszahlungen zurückzuführen. Demgegenüber ist die Verwaltungskostenquote mit 13,1 Prozent, im Vorjahr waren es 12,8 Prozent, weitgehend stabil.

Bruttobeiträge der Arag von 2011 bis 2021

Arag19.05.2022

Quelle: Arag

Starke Marktstellung dank Bündelpolice erwartet

Für 2022 rechnet die Arag mit deutlich mehr Streitigkeiten aus dem Segment Mieterschutz, vor allem um Gas- und Stromrechnungen aufgrund stark erhöhter Nebenkosten. Hier sieht sich der Versicherer besonders gut über die Rückwärtsdeckung mit dem „Mietrechtsschutz Sofort“ aufgestellt. Der Rückwärtsschutz gilt für Streitigkeiten, die bis zu zwölf Monate alt sein können. Erfolgreich ist die Arag zudem mit ihrer Premium-Bündelpolice „Recht & Heim“. So werde etwa der Rabattretter überraschend stark nachgefragt. „Das Angebot kennen die Kunden ja aus der Autoversicherung“, so Maslaton. Neu ist jetzt, dass die Kunden nach acht Jahren Schadenfreiheit nur noch 50 Prozent der Prämie zahlen müssen. Für alle Mobilgeräte des Haushaltes gebe es zudem eine Allgefahrendeckung.

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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