Ob Vorsorgekonto, Deutschland- oder Extra-Rente: Alle neuen Ideen die kapitalgedeckte Altersvorsorge auf andere Füße zu stellen, tragen nicht. Das ist das Fazit einer Analyse der Deutschen Rentenversicherung.
"Wir suchen nach einem tollen Produkt, haben es aber bisher nicht gefunden", sagt Reinhold Thiede, Leiter des Geschäftsbereichs "Forschung und Entwicklung" der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV). Nach Einschätzung des Experten lassen die Vorschläge viele Fragen offen und sind insgesamt unbefriedigend.
Vorsorgekonto: Rente plötzlich zu Ende
Intensiv hat sich Thiede mit dem Vorsorgekonto auseinandergesetzt, das Mitarbeiter der Rentenversicherung Baden-Württemberg mit entwickelt hätten. Es sei aber weder ein Vorschlag der Rentenversicherung Baden-Württemberg noch der Berliner Zentrale. In einer Modellrechnung zeigte er auf, dass je nach Grundannahme das eingezahlte Kapital beim Vorsorgekonto nur bis zum 83. oder 85. Lebensjahr reicht. "Es ist unklar, wer das Risiko trägt, wenn das Kapital nicht reicht", so Thiede. Problematisch ist nach der Analyse zudem, wie der Risikoausgleich im Kollektiv funktionieren soll. Ein solcher Ausgleich ist in der Regel nur möglich, wenn das Kapital von Menschen die früher sterben an das Kollektiv fällt. Beim Vorsorgekonto sei aber eine Vererbung vorgesehen. Daher würden die Erben von Menschen die lange leben, dann plötzlich leer ausgehen.
Deutsche Rentenversicherung will nicht haften
Das Vorsorgekonto soll zudem unter dem Dach der Deutschen Rentenversicherung organisiert werden. Dies sieht Thiede sehr kritisch. Denn es müsste ausgeschlossen werden, dass der Träger des Vorsorgekontos in die Haftung komme, wenn die vorgesehene Garantie des Kapitalerhalts sich zu Rentenbeginn nicht realisieren lasse. "Alle vorliegenden Vorschläge und Konzepte für ein Standardprodukt in öffentlicher Trägerschaft lassen noch viele Fragen offen", stellt er fest. Das weit konkretisierte Vorsorgekonto sei in der Vorliegenden Version "nicht sinnvoll" und "kaum möglich".
Sehr problematisch sei, dass die Deutschland- und Extra-Rente überhaupt keine Absicherung des Erwerbsminderungsrisikos vorsehen würden. "Das bedeutet, das 20 Prozent der Menschen, die vorzeitig aus dem Erwerbsleben ausscheiden würden, nichts von den Produkten haben", so der Experte. Um eine lebenslange Rente aus einem angesparten Vermögen zu bekommen, müssten Aktuare viele Annahmen treffen und genau kalkulieren, dass sei bei den bisherigen Vorschlägen nicht gemacht worden. So würde die private Vorsorgewirtschaft mittlerweile ganz bewusst aus Garantien aussteigen, weil sie sehr teuer wären und so zu niedrigen Renditen führten. Unklar sei auch, wer die Kosten des Verwaltungsaufbaus trage. Die Extra-Rente soll laut dem Projektteam "Marktwächter Finanzen" eine kreditfinanzierte Anschubfinanzierung erhalten, die nicht vom Staat getragen wird.
Kapitalgedeckte Vorsorge soll aber bleiben
Insgesamt plädiert Thiede weiterhin für eine Vorsorge, die nicht nur auf Umlage, sondern auch auf Kapitaldeckung setzt. Thiede: „Ein System ohne Kapitalmarktelement ist höchst riskant. Man dürfe nicht alles auf ein Pferd setzen. Denn wenn sich die Arbeitsmarktsituation verschlechtert und die Kapitalmarktsituation sich wieder verbessere, könnten kapitalgedeckte Lösungen wieder vorteilhaft sein.
Image privater Renten deutlich besser
Für die private Versicherungsbranche könnte die DRV-Analyse Motivation sein, ein wirklich durchkalkuliertes Standardprodukt vorzustellen. Die Riester-Rente hat seit 2014 jedenfalls deutlich an Attraktivität eingebüßt. Damals hatte die Deutschen ihr noch einen Platz unter den Top 10 der "idealen Form der Altersvorsorge eingeräumt". Damit ist jetzt Schluss.
Selbst bewohnte Immobilien gelten derzeit als die beste Möglichkeit, um für das Alter vorzusorgen. Danach votieren die Deutschen für die staatliche Rente, wie aus einer aktuellen Ipsos-Umfrage hervorgeht. Immerhin seit 2014 hat auch die private Renten- und Lebensversicherung wieder deutlich an Image gewonnen. Damals hielten lediglich 46 Prozent die privaten Produkte für die ideale Altersvorsorge, nun sind es schon 68 Prozent der Befragten.
Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek