Seit 2007 die EU-Vermittlerrichtlinie im deutschen Recht umgesetzt wurde, war strittig, ob so genannte Ventillösungen weiterhin möglich sind, und unter welchen Voraussetzungen. Hierzu hat der Bundesgerichtshof nun wettbewerbsrechtliche Klarheit geschaffen.
Der Begriff Ventillösung etablierte sich 1992 mit einer Gemeinsamen Erklärung des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), des Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) und des Bundesverbands der Assekuranzführungskräfte (VGA). Darin wurde den Versicherungsunternehmen empfohlen, Ausschließlichkeitsvertretern in bestimmten Ausnahmefällen eine Vermittlung von Versicherungen an fremde Versicherer zuzulassen.
Dabei ging es in erster Linie um solche Versicherungssparten, die der Versicherer selbst nicht anbietet, oder um Risiken, die nach den Annahmerichtlinien des Versicherers nicht gezeichnet werden. Die Erklärung sah weiter vor, dass der Versicherer entweder dem Vertreter im Einzelfall eine schriftliche Genehmigung erteilt, direkt an einen fremden Versicherer heranzutreten, oder eine bestimmte Vermittlungsstelle einschaltet. Der letztgenannte Fall dürfte nahezu immer angewendet werden.
Alter Streitfall um die Vermittlung an einen Kooperationspartner
Mit dem neuen Vermittlerrecht war nicht mehr klar, ob solche Ventillösungen überhaupt noch zulässig sind. Besonders schwierig ist der Fall, wenn der Vertreter keine eigene Gewerbeerlaubnis nach § 34d Absatz 1 GewO besitzt, sondern als erlaubnisfreier, gebundener Vertreter nach § 34d Absatz 4 GewO vom Versicherer ins Vermittlerregister eingetragen wurde.
Mit einem solchen Fall hatte sich der Bundesgerichtshof (Urteil vom 30.1.2014, Az. I ZR 19/13) zu befassen. Dabei handelt es sich um die Revision eines Urteils des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts aus dem Jahr 2010. Dem war ein Streit vorausgegangen, bei dem ein Makler erreichen wollte, dass die gebundenen Ausschließlichkeitsvertreter der Itzehoer Versicherungen nicht weiter Versicherungen von Kooperationspartnern über eine vom Versicherer eingerichtete Vermittlungsstelle – einen Versicherungsvermittler mit Gewerbeerlaubnis – anbieten.
Insbesondere in der Krankenversicherung wurden Versicherungen an zwei verschiedene Gesellschaften vermittelt, die Itzehoer selbst hat keinen Krankenversicherer. Die Itzehoer hatte die uneingeschränkte Haftung für ihre Vertreter übernommen, wovon auch die Vermittlung an diese Kooperationspartner erfasst ist.
Klare Verträge, keine Produktkonkurrenz, uneingeschränkte Haftung
Der BGH urteilte jetzt, dass ein gebundener Ausschließlichkeitsvertreter keine Gewerbeerlaubnis nach § 34d Absatz 1 GewO benötigt, „wenn er mit Zustimmung des Versicherungsunternehmens Produkte anderer Versicherungsunternehmen vermittelt, die weder mit den Produkten des auftraggebenden Versicherungsunternehmens noch untereinander konkurrieren, sofern diese Vermittlungstätigkeit nur einen geringen Teil seiner gesamten Tätigkeit ausmacht, durch eine hinreichend bestimmt gefasste Vereinbarung mit dem auftraggebenden Versicherungsunternehmen begrenzt ist und dieses die uneingeschränkte Haftung für den Vermittler übernimmt“.
Der BGH übernimmt damit auch die umstrittene Meinung, dass der Gesetzgeber bei der Umsetzung der EU-Vermittlerrichtlinie nicht hat erkennen lassen, dass er die bisherige Praxis unterbinden wollte, dass auch gebundene Vertreter in einem geringen Umfang Produkte dritter Versicherungsunternehmen anbieten.
Verbraucherschutz durch Haftungsübernahme
Auch sieht der BGH den Verbraucherschutzzweck als erfüllt an, wenn der Versicherer, der den Vertreter als gebundenen Vertreter ins Vermittlerregister einträgt, damit „die uneingeschränkte Haftung für dessen gesamte Vermittlertätigkeit übernimmt“. Man könnte sogar weitergehend sagen, dass der Verbraucher in diesem Fall sogar besser geschützt ist, als wenn er einem Vertreter mit Erlaubnis und Berufshaftpflichtversicherung gegenübersteht. Denn die Berufshaftpflichtversicherung sieht sowohl begrenzte Versicherungssummen als auch einige wichtige Ausschlüsse wie die wissentliche Pflichtverletzung vor, die uneingeschränkte Haftung des Versicherers dagegen naturgemäß nicht.
Klar ist allerdings nun auch, dass der Versicherer, der den gebundenen Vertreter eingetragen hat, für die angemessene Qualifizierung des Vertreters verantwortlich ist. Und das gilt auch für die fremd vermittelten Verträge.
Versicherer muss Auswahlangebot des Vertreters unterbinden
Im hier entschiedenen Fall war die markant, dass es zwei Krankenversicherer als Kooperationspartner gab, sodass die Gefahr besteht, dass ein gebundener Vertreter seinen Kunden eine Versichererauswahl anbietet. Dies wäre sowohl gewerberechtlich nicht mehr durch den § 34d Absatz 4 GewO gedeckt als auch wohl wettbewerbsrechtlich eine Irreführung. Denn der Kunde muss zutreffend informiert werden, welche Marktgrundlage der Vertreter besitzt.
Der BGH hat es als ausreichend angesehen, dass der Versicherer seine gebundenen Vertreter auffordert, es „zu unterlassen, einzelnen Interessenten gleichzeitig solche Versicherungsprodukte anzubieten, die aus dem Angebot verschiedener Kooperationspartner stammen und untereinander in Konkurrenz stehen“. Das lag allerdings auch daran, dass im zugrundeliegenden Verfahren der Versicherer dieser gerichtlichen Auflage nach eigenen Angaben nachgekommen war und der Kläger dem nicht widersprochen hatte. Anders könnte es also aussehen, wenn es klare Indizien dafür gibt, dass gebundene Vertreter doch zwischen verschiedenen Kooperationspartnern konkurrierende Angebote dem Kunden zur Auswahl vorlegen.
Keine Vertragsbindung an den Ventilvermittler
Wichtig für die Vertragsgestaltung ist, dass der BGH die Konstellation eines unabhängigen Vermittlers als Ventillöser mit anderem gewerberechtlichen Status gebilligt hat. Entscheidend ist danach, dass es weiterhin eine klare vertragliche Anbindung an den Versicherer und nicht etwa an den Ventilvermittler geben darf.
Mit diesem Urteil wird es leichter, gängige Ventillösungen weiterhin zu betreiben. Wichtig ist, dass es klare vertragliche Regelungen gibt, und dass dem Kunden keine Marktauswahl vorgegaukelt wird.
Der Begriff Ventillösung etablierte sich 1992 mit einer Gemeinsamen Erklärung des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), des Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) und des Bundesverbands der Assekuranzführungskräfte (VGA). Darin wurde den Versicherungsunternehmen empfohlen, Ausschließlichkeitsvertretern in bestimmten Ausnahmefällen eine Vermittlung von Versicherungen an fremde Versicherer zuzulassen.
Dabei ging es in erster Linie um solche Versicherungssparten, die der Versicherer selbst nicht anbietet, oder um Risiken, die nach den Annahmerichtlinien des Versicherers nicht gezeichnet werden. Die Erklärung sah weiter vor, dass der Versicherer entweder dem Vertreter im Einzelfall eine schriftliche Genehmigung erteilt, direkt an einen fremden Versicherer heranzutreten, oder eine bestimmte Vermittlungsstelle einschaltet. Der letztgenannte Fall dürfte nahezu immer angewendet werden.
Alter Streitfall um die Vermittlung an einen Kooperationspartner
Mit dem neuen Vermittlerrecht war nicht mehr klar, ob solche Ventillösungen überhaupt noch zulässig sind. Besonders schwierig ist der Fall, wenn der Vertreter keine eigene Gewerbeerlaubnis nach § 34d Absatz 1 GewO besitzt, sondern als erlaubnisfreier, gebundener Vertreter nach § 34d Absatz 4 GewO vom Versicherer ins Vermittlerregister eingetragen wurde.
Mit einem solchen Fall hatte sich der Bundesgerichtshof (Urteil vom 30.1.2014, Az. I ZR 19/13) zu befassen. Dabei handelt es sich um die Revision eines Urteils des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts aus dem Jahr 2010. Dem war ein Streit vorausgegangen, bei dem ein Makler erreichen wollte, dass die gebundenen Ausschließlichkeitsvertreter der Itzehoer Versicherungen nicht weiter Versicherungen von Kooperationspartnern über eine vom Versicherer eingerichtete Vermittlungsstelle – einen Versicherungsvermittler mit Gewerbeerlaubnis – anbieten.
Insbesondere in der Krankenversicherung wurden Versicherungen an zwei verschiedene Gesellschaften vermittelt, die Itzehoer selbst hat keinen Krankenversicherer. Die Itzehoer hatte die uneingeschränkte Haftung für ihre Vertreter übernommen, wovon auch die Vermittlung an diese Kooperationspartner erfasst ist.
Klare Verträge, keine Produktkonkurrenz, uneingeschränkte Haftung
Der BGH urteilte jetzt, dass ein gebundener Ausschließlichkeitsvertreter keine Gewerbeerlaubnis nach § 34d Absatz 1 GewO benötigt, „wenn er mit Zustimmung des Versicherungsunternehmens Produkte anderer Versicherungsunternehmen vermittelt, die weder mit den Produkten des auftraggebenden Versicherungsunternehmens noch untereinander konkurrieren, sofern diese Vermittlungstätigkeit nur einen geringen Teil seiner gesamten Tätigkeit ausmacht, durch eine hinreichend bestimmt gefasste Vereinbarung mit dem auftraggebenden Versicherungsunternehmen begrenzt ist und dieses die uneingeschränkte Haftung für den Vermittler übernimmt“.
Der BGH übernimmt damit auch die umstrittene Meinung, dass der Gesetzgeber bei der Umsetzung der EU-Vermittlerrichtlinie nicht hat erkennen lassen, dass er die bisherige Praxis unterbinden wollte, dass auch gebundene Vertreter in einem geringen Umfang Produkte dritter Versicherungsunternehmen anbieten.
Verbraucherschutz durch Haftungsübernahme
Auch sieht der BGH den Verbraucherschutzzweck als erfüllt an, wenn der Versicherer, der den Vertreter als gebundenen Vertreter ins Vermittlerregister einträgt, damit „die uneingeschränkte Haftung für dessen gesamte Vermittlertätigkeit übernimmt“. Man könnte sogar weitergehend sagen, dass der Verbraucher in diesem Fall sogar besser geschützt ist, als wenn er einem Vertreter mit Erlaubnis und Berufshaftpflichtversicherung gegenübersteht. Denn die Berufshaftpflichtversicherung sieht sowohl begrenzte Versicherungssummen als auch einige wichtige Ausschlüsse wie die wissentliche Pflichtverletzung vor, die uneingeschränkte Haftung des Versicherers dagegen naturgemäß nicht.
Klar ist allerdings nun auch, dass der Versicherer, der den gebundenen Vertreter eingetragen hat, für die angemessene Qualifizierung des Vertreters verantwortlich ist. Und das gilt auch für die fremd vermittelten Verträge.
Versicherer muss Auswahlangebot des Vertreters unterbinden
Im hier entschiedenen Fall war die markant, dass es zwei Krankenversicherer als Kooperationspartner gab, sodass die Gefahr besteht, dass ein gebundener Vertreter seinen Kunden eine Versichererauswahl anbietet. Dies wäre sowohl gewerberechtlich nicht mehr durch den § 34d Absatz 4 GewO gedeckt als auch wohl wettbewerbsrechtlich eine Irreführung. Denn der Kunde muss zutreffend informiert werden, welche Marktgrundlage der Vertreter besitzt.
Der BGH hat es als ausreichend angesehen, dass der Versicherer seine gebundenen Vertreter auffordert, es „zu unterlassen, einzelnen Interessenten gleichzeitig solche Versicherungsprodukte anzubieten, die aus dem Angebot verschiedener Kooperationspartner stammen und untereinander in Konkurrenz stehen“. Das lag allerdings auch daran, dass im zugrundeliegenden Verfahren der Versicherer dieser gerichtlichen Auflage nach eigenen Angaben nachgekommen war und der Kläger dem nicht widersprochen hatte. Anders könnte es also aussehen, wenn es klare Indizien dafür gibt, dass gebundene Vertreter doch zwischen verschiedenen Kooperationspartnern konkurrierende Angebote dem Kunden zur Auswahl vorlegen.
Keine Vertragsbindung an den Ventilvermittler
Wichtig für die Vertragsgestaltung ist, dass der BGH die Konstellation eines unabhängigen Vermittlers als Ventillöser mit anderem gewerberechtlichen Status gebilligt hat. Entscheidend ist danach, dass es weiterhin eine klare vertragliche Anbindung an den Versicherer und nicht etwa an den Ventilvermittler geben darf.
Mit diesem Urteil wird es leichter, gängige Ventillösungen weiterhin zu betreiben. Wichtig ist, dass es klare vertragliche Regelungen gibt, und dass dem Kunden keine Marktauswahl vorgegaukelt wird.
Autor(en): Matthias Beenken